| # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Russlands Schattenarmee | |
| > Die Wagner-Söldnerarmee war bisher vor allem Moskaus verlängerter Arm in | |
| > Afrika. Jetzt wird sie im Kampf gegen Kiew gebraucht. | |
| Bild: Logo des privaten russischen Militärunternehmens „Wagner“ | |
| Der Weg an die ehemalige Frontlinie in Ain Zara führt über Glassplitter, | |
| aus den Häusern geflogene Fensterrahmen und Patronenhülsen. Hier, am | |
| südlichen Stadtrand von Tripolis, tobten 18 Monate lang heftige Kämpfe | |
| zwischen den Milizen, die die Hauptstadt verteidgten, und den mit dem | |
| ostlibyschen General Khalifa Haftar verbündeten Paramilitärs der russischen | |
| Militär-Firma Wagner. | |
| „Die Wagner-Söldner haben rücksichtslos auf alles geschossen, was sich | |
| bewegt“, erinnert sich Mohammed al-Haddad, „auch fliehende Frauen, Kinder | |
| und Verletzte.“ Der einstige Ingenieur lag im Sommer 2019 hinter einem von | |
| Baggern aufgehäuften Sandwall, als die taz ihn zum ersten Mal traf. Im | |
| Herbst 2021 gab es ein zweites Treffen, außerdem beruht dieser Text unter | |
| anderem auch auf einem Besuch in Tripolis vor zwei Wochen. | |
| Im Sommer 2019 versuchten Haddad und andere Kämpfer, den nur wenige hundert | |
| Meter entfernten Scharfschützen und am Himmel brummenden Drohnen zu | |
| entgehen. Mittlerweile ist Haddad Chef der westlibyschen Armee und könnte | |
| bald wieder dem Feind von damals gegenüberstehen – denn wieder hat Libyen | |
| zwei rivalisierende Regierungen, wieder droht ein Machtkampf um die | |
| Hauptstadt. | |
| Wagner – eine Schattenarmee, die in den vergangenen Jahren in allen | |
| nennenswerten Kriegsgebieten Europas, des Nahen Ostens und Afrikas | |
| auftauchte: in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik, Mosambik, | |
| zuletzt in Mali. Ihre Spuren sind diffus: geheime Verträge, geheime | |
| Stationierungen. Sichtbar wurden in Libyen modernste russische | |
| Panzir-Luftabwehrsysteme und MiG-29-Kampfjets. Russland bestreitet | |
| systematisch, mit Wagner etwas zu tun zu haben. Doch derartiges Kriegsgerät | |
| wäre niemals ohne grünes Licht vom Kreml in private Hände gelangt. | |
| Die Zahl der [1][Wagner-Söldner in Libyen] wird auf rund 2.000 geschätzt. | |
| Ihre Identität ist geheim. Es gibt nur wenige verschwommene Fotos, von | |
| Passanten bei ihrem Abzug gemacht. | |
| Ein Mitkämpfer von Haddad zeigt auf eine ehemalige Stellung von Wagner. | |
| Überall in Ain Zara lauern noch die Sprengfallen, die Wagner-Söldner und | |
| Haftar-Soldaten vor ihrem Abzug Mitte 2020 „zur Begrüßung der | |
| zurückkehrenden Familien vorbereitet haben“, sagt ein Leibwächter von | |
| Haddad, Ironie schwingt in seiner Stimme. „Hier in Tripolis war das Ziel | |
| die Vertreibung der Zivilbevölkerung, wie jetzt in der Ukraine“, erklärt | |
| Haddad den Einsatz der Russen. „Söldner aus Osteuropa waren dafür besonders | |
| gut geeignet. Haf-tars libysche Offiziere hatten eher Skrupel.“ Die | |
| russischen Wagner-Soldaten haben in Libyen eine eindeutige Handschrift | |
| hinterlassen. | |
| „Ich habe Selbstmordattentate und Artilleriebeschuss überlebt und viele | |
| Freunde dabei verloren“, erzählt Jamal Alaweeb der taz am Telefon. Der | |
| Ingenieur kämpfte 2011 gegen Gaddafi, 2015 in Sirte gegen den „Islamischen | |
| Staat“ und 2019 in Tripolis gegen Haftar. „Aber von der Brutalität der | |
| Wagner-Söldner war ich überrascht“, sagt er. „Sprengfallen in Kinderzimme… | |
| hat selbst der Islamische Staat nicht gelegt.“ | |
| ## Das Wagner-Tablet | |
| Ein zwei Meter tiefer Graben war damals der letzte Vorposten Wagners, einen | |
| Steinwurf von der Front entfernt. Bei einem Gegenangriff floh wohl ein hier | |
| stationierter Wagner-Kämpfer überhastet. Nach Kriegsende fand ein | |
| Entminungsspezialist dort ein verstaubtes Samsung-Tablet. Zu Hause lud er | |
| die Batterie auf und wunderte sich über die kyrillische Schrift und die | |
| Landkarten auf dem Gerät. Über den libyschen Militärgeheimdienst landete | |
| das Tablet letztlich beim britischen Sender BBC und bei IT-Experten. Die | |
| Daten des Tablets verrieten erstmals die Identitäten von Kämpfern und die | |
| Kommandostruktur der Wagner-Truppe. | |
| „Man fand die Beweise für unsere Beobachtungen der Geisterarmee, die wir | |
| oft nur als Schatten an der Front sahen“, sagt einer der taz-Begleiter beim | |
| Besuch im Herbst 2021. „Ihre Ausrüstung ist das Modernste, was Moskau | |
| aufzubieten hat.“ Den Verteidigern der Zwei-Millionen-Metropole Tripolis | |
| steht der Überlebenskampf von 2019 bis 2020 bei diesem Treffen noch immer | |
| ins Gesicht geschrieben. Sie organisierten die Verteidigung mit | |
| Freiwilligenbrigaden, ähnlich wie es jetzt in der Ukraine geschieht. | |
| Bekannt waren die maskierten Wagner-Männer dafür, dass sie keine Gefangenen | |
| machten. „Scharfschützen erkannten wir daran, auf welche Körperteile sie | |
| zielten“, sagt Haddad und steigt auf einen Berg voller zerborstener | |
| Metallstreben. „Die Wagner-Leute hielten immer Abstand, den Nahkampf | |
| überließen sie ihren Schutztruppen: Islamisten und Söldnern aus Syrien oder | |
| Sudan.“ Diese hätten anders als die Wagner-Leute hohe Verluste erlitten, so | |
| Haddad. Er zeigt auf eine von Baggern zugeschüttete Grube. Dort sollen | |
| diese Kämpfer der Gegenseite begraben sein. | |
| Verbrannte Erde – das ist es, was Wagner hinterlässt. In den Straßenzügen | |
| rund um das Gefängnis von Ain Zara sind die Fassaden mit Einschusslöchern | |
| übersät. In der Dämmerung brennt nur in wenigen der mit Plastikfolie | |
| verklebten Fenster Licht. Vor allem die als Gefechtsstand genutzten Gebäude | |
| wurden von Drohnenangriffen fast völlig zerstört und damit für immer | |
| unbewohnbar. | |
| Ähnlich sieht es nun auch aus in den Städten der Ukraine oder [2][im | |
| syrischen Aleppo] – überall dort, wo Wagner nachweislich zum Einsatz kam. | |
| Die Bilder der Schutthaufen und Ruinen im ukrainischen Mariupol erinnern an | |
| die tschetschenische Hauptstadt Grosny nach der russischen Invasion, die | |
| 2009 offiziell beendet wurde. Grosny galt damals als die durch Krieg am | |
| schwersten zerstörte Stadt weltweit. | |
| Zahlreiche Wagner-Söldner haben in Grosny gekämpft. Es war der Beginn der | |
| russischen Privatarmee, zusammengesetzt aus kampferfahrenen Russen, Serben, | |
| Tschetschenen, die zum Teil bereits in Jugoslawien gekämpft hatten und | |
| seitdem im Dienste Moskaus auf privaten Soldlisten stehen. „Mit Wagner | |
| entstand eine Hybridarmee aus russischen Streitkräften, lokalen Söldnern | |
| und osteuropäischen Militärexperten“, sagt Iliasse Sidiqui, ein Analyst für | |
| eine westeuropäische Sicherheitsfirma, der die Wagner-Aktivitäten seit | |
| Jahren beobachtet. | |
| In Kriegsgebieten wie Libyen tritt Wagner als „Ausbildungsteam“ auf, um | |
| lokale Truppen fit zu machen. Offiziell entsendet Moskau Militärausbilder, | |
| tatsächlich landen vollständig ausgerüstete Kampfeinheiten. | |
| ## Wo der Name „Wagner“ herkommt | |
| [3][Libyens General Haftar] bat im Sommer 2017 Russlands Außenminister | |
| Lawrow in Moskau um militärisches Gerät und Militärexperten. Im Dezember | |
| 2017 empfing er in Bengasi Emissäre von Wagner. Damals kämpfte er gegen | |
| islamistische Milizen in Ostlibyen, wo der Großteil des libyschen Öls aus | |
| dem Boden gepumpt wird. So wurde Libyen für Wagner zur Goldgrube. In einem | |
| 2018 im Internet veröffentlichten Video sitzt der libysche General an einem | |
| langen Tisch im Kreml zwischen dem russischen Verteidigungsminister Sergei | |
| Schoigu und dem Oligarchen Jewgeni Prigoschin, der Finanzmogul hinter | |
| Wagner. | |
| „Wagner“ – das war ursprünglich der Kriegsname von Oberstleutnant Utkin, | |
| ein Fallschirmspringer-Veteran der Spezialeinheiten des russischen | |
| Militärgeheimdienstes GRU. Nach seiner Pensionierung 2013 ließ er sich als | |
| Veteran von der russischen Sicherheitsfirma Slavonic Corps zuerst in den | |
| Irak, später in die Ostukraine und auf die Krim entsenden, wie so viele | |
| ehemalige russische Soldaten, deren staatliche Rente nicht ausreicht, um zu | |
| überleben. | |
| Im Donbass wurde Utkin mit einem Wehrmachtshelm an der Front gesichtet, | |
| seine beiden SS-Tatoos am Hals deutlich sichtbar. Utkin macht aus seiner | |
| Leidenschaft für das „Dritte Reich“ keinen Hehl. Als die Firma Slavonic | |
| Corps, die als Sicherheitsfirma im Irak und auf Handelsschiffen vor der | |
| Küste Somalias stationiert war, 2014 durch den russischen Staat aufgelöst | |
| wurde, präsentierte sich Utkin unter einem neuen Firmennamen: „Wagner“. | |
| Offiziell streitet Russlands Regierung alle Kontakte zu Wagner ab, private | |
| Militärfirmen sind in Russland illegal. Laut russischen Quellen traf sich | |
| Russlands Generalstabschef aber bereits 2010 mit Eeben Barlow, Gründer der | |
| südafrikanischen Sicherheitsfirma Executive Outcomes, die in den 1990er | |
| Jahren mit arbeitslosen weißen Spezialkräften von Südafrikas | |
| Apartheidregierung Kriege in Afrika führte. | |
| Die Direktoren von Utkins erstem Arbeitgeber Slavonic Corps wurden 2014 von | |
| einem russischen Gericht wegen Söldnertum in Syrien verurteilt. Das | |
| russische Parlament lehnte 2018 den Einsatz von Privatfirmen in | |
| Sicherheitsfragen ab. Laut israelischen Geheimdienstinformationen ist die | |
| Firma „Wagner Group“ nicht offiziell in Russland registriert, sondern in | |
| Argentinien. | |
| 2015 expandierte Wagner nach Syrien, auf Einladung des dortigen Präsidenten | |
| Assad. Wagner-Söldner wurden laut Vertrag vom syrischen Energieministerium | |
| dafür bezahlt, Ölförderanlagen zu schützen. Gemeinsam mit Assads Soldaten | |
| lieferten sich Wagner-Kämpfer im Sommer 2015 eine wochenlange Schlacht mit | |
| kurdischen Truppen, die von den USA unterstützt wurden, und verloren fast | |
| 100 Kämpfer. Die US-Geheimdienste verfügen über Telefonaufzeichnungen aus | |
| jenen Tagen zwischen Oligarch Prigoschin und dem Kreml in den Tagen der | |
| Palmyra-Schlacht. Prigoschin bat Putin, seine verletzten Kämpfer | |
| auszufliegen, der schickte Russlands Luftwaffe nach Syrien. | |
| Als Auszeichnung erhielt Utkin am 9. Dezember 2016, am „Tag der Helden des | |
| Vaterländischen Krieges“, von Putin eine Tapferkeitsmedaille. Ebenso wie | |
| Andrej Troschew, der spätere Chefleibwächter von Prigoschin. Die beiden | |
| kennen sich aus alten Kriegszeiten, sind quasi Waffenbrüder. Als Utkin im | |
| Donbass die Firma Wagner ins Leben rief, vermittelte Troschew ihn offenbar | |
| an seinen Oligarchenfreund Prigoschin. Utkin wurde daraufhin kurzzeitig | |
| Geschäftsführer von Prigoschins Firma Concord. | |
| Der russische Oligarch Prigoschin, dessen Privatvermögen auf über 200 | |
| Millionen US-Dollar geschätzt wird, ist bekannt unter dem Spitznamen | |
| „Putins Koch“. Zu Sowjetzeiten war er in Leningrad, heute Sankt Petersburg, | |
| Chef eines kriminellen Netzwerks, kam neun Jahre ins Straflager und stieg | |
| zum Gangsterchef auf. Er wurde Teil jener „Diebe im Gesetz“ (wory w | |
| zakone), die nach dem Zerfall der Sowjetunion als Mafiaorganisation | |
| weltweit im Waffen-, Drogen- und Menschenhandel tätig wurden. | |
| Laut offizieller Geschichtsschreibung machte sich Prigoschin nach seiner | |
| Freilassung mit einem Hot-Dog-Stand in Moskau selbstständig, dann eröffnete | |
| er St. Petersburgs erstes Kasino, eine Geldwaschanlage für das organisierte | |
| Verbrechen. Als Putin 2000 Präsident wurde, wollte er die russische | |
| Gangsterwelt unter seine Kontrolle bekommen und wandte sich an seinen | |
| Freund Prigoschin, den er aus St. Petersburg kannte. So wurde Prigoschins | |
| Firma Concord zum Caterer für russische staatliche Schulen und die Armee – | |
| ein Milliardenauftrag. Prigoschin gilt auch als Hintermann hinter der | |
| Online-Troll-Agentur Internet Research Agency, die 2016 mutmaßlich | |
| versuchte, die US-Wahlen über Fake News zu beeinflussen. Mittlerweile steht | |
| Prigoschin auf internationalen Sanktionslisten. | |
| ## Drehkreuz Zentralafrika | |
| Nirgends auf der Welt ist Wagner heute so mächtig wie in der | |
| Zentralafrikanischen Republik, ein Land im Bürgerkrieg, dessen Bevölkerung | |
| in Armut lebt, das aber über Gold und Diamanten verfügt. Seit 2018 | |
| trainiert Russland die zentralafrikanische Regierungsarmee, russische | |
| Kämpfer stellen die Leibgarde von Präsident Faustin Touadéra. | |
| Vor dessen Wiederwahl Ende 2020 teilte Russland dem für die Überwachung des | |
| Waffenembargos gegen das Land zuständigen UN-Sanktionskomitee mit, es | |
| seien „300 unbewaffnete Ausbilder“ entsandt worden, um die lokale Armee zu | |
| unterstützen. Im jüngsten UN-Expertenbericht von 2021 ist die Rede von 800 | |
| bis 2.100 russischen „Ausbildern“ – alle bis an die Zähne bewaffnet. | |
| Kampfhubschrauber und Maschinengewehre seien von russischen und | |
| kasachischen Transportmaschinen ins Land gebracht worden. | |
| Zeugen, darunter Soldaten der zentralafrikanischen Armee, berichteten den | |
| UN-Experten in den vergangenen Jahren, dass die Russen in direkte | |
| Kampfhandlungen verwickelt seien. Ihnen werden auch schwere | |
| Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. | |
| Laut UN-Expertenbericht wurden auch „russische Ausbilder“ gesichtet, die | |
| „sich selbst als Staatsangehörige Libyens, Syriens und anderer Länder | |
| auswiesen“. In einigen Gegenden außerhalb der Hauptstadt Bangui seien „von | |
| Dezember 2020 bis Anfang März 2021 etwa 60 ausschließlich arabischsprachige | |
| Ausbilder, die sich meist selbst als Syrer bezeichneten, im Rahmen eines | |
| Dreimonatsvertrags eingesetzt worden“. Die Flugrouten mehrerer russischer | |
| Militärflugzeuge, die zwischen Dezember 2020 und April 2021 diese Truppen | |
| absetzten, bestätigen: Auf dem Weg von Russland nach Zentralafrika machten | |
| sie Halt in Syrien, Libyen, Sudan und Südsudan. | |
| Umgekehrt sind auch Zentralafrikaner anscheinend bereit, für Russland in | |
| den Krieg zu ziehen. In einem Onlinevideo, das auf Twitter kursiert, stehen | |
| zehn zentralafrikanische Soldaten in Kampfausrüstung stramm. „Wir haben | |
| gehört, was in der Ukraine passiert“, sagt der Kommandeur in die Kamera: | |
| „Die russischen Soldaten führen eine Spezialoperation aus, um Frieden zu | |
| bringen. Wir afrikanischen Soldaten sind bereit, unsere russischen Brüder | |
| zu unterstützen.“ | |
| ## Abzug aus Afrika – gen Ukraine | |
| Offenbar internationalisiert sich Wagner, um auch nichtrussische Kämpfer in | |
| die Ukraine zu bringen. Pauline Bax vom Thinktank International Grisis | |
| Group (ICG) bezweifelt, dass dies funktioniert: „Diese Männer müssen ja | |
| bezahlt werden“, so Bax. Die Firma zahle ihren Kämpfern Gehälter von | |
| mehreren Tausend Dollar pro Monat. Ob in Zentralafrika, Libyen, Syrien oder | |
| Mali – dieser Sold wird durch lukrative, meist geheime Verträge mit den | |
| Regierungen in den jeweiligen Ländern beglichen, so die Analystin. | |
| Doch überall in Afrika rüstet sich Putins Schattenarmee, um Russland in der | |
| Ukraine zu helfen, quer durch Afrika werden Wagner-Truppen verlegt. | |
| Kommandeure der westlibyschen Milizen bestätigen der taz die Verlegung der | |
| Wagner-Einheiten innerhalb Libyens. Eine von Panzir-Luftabwehr-Fahrzeugen | |
| begleitete Kolonne ist nun auf dem südlibyschen Flughafen Brak Shati | |
| stationiert. Eine unbekannte Zahl an MiG-29 Jets steht im zentrallibyschen | |
| Jufra zum Einsatz bereit, bewacht von sudanesischen und tschadischen | |
| Söldnern im Auftrag von Wagner. | |
| Mit dem ostlibyschen Flughafen Al Khadim, den regelmäßig russische | |
| Transportflieger aus Syrien anfliegen, haben die Paramilitärs von Wagner | |
| damit Zugriff auf drei Flughäfen in Afrikas ölreichstem Land. Über Libyen | |
| kann Wagner auch Energielieferungen aus Afrika nach Europa kontrollieren. | |
| Italiens Regierungschef Mario Draghi kündigte letzte Woche Verhandlungen | |
| mit der libyschen Regierung in Tripolis über die Ausweitung des Gas- und | |
| Ölexports über die „Greenstream“-Pipeline nach Europa an. Doch die | |
| Wagner-Einheiten könnten das zusammen mit Haftars Armee vereiteln. Die | |
| Besetzung libyscher Pipeline-Knotenpunkte hat schon in der Vergangenheit | |
| die Ölpreise in die Höhe schießen lassen. | |
| Mit Besorgnis sehen Experten die Stationierung von Wagner-Söldnern in der | |
| kleinen ostlibyschen Hafenstadt Bomba. Mit kleinen Kommandoaktionen hatten | |
| dort einst Kämpfer des IS Angriffe auf Handelsschiffe geplant. Der | |
| Flughafen von Bomba könnte nun zur Verlegung von Söldnern aus Libyen in die | |
| Ukraine dienen, so ein Offizier der ostlibyschen Armee, der zu Besuch in | |
| Tripolis ist. „Libyen ist Schauplatz eines kalten Krieges, der dann | |
| ausbrechen wird, wenn jemand in Moskau das für richtig hält“, sagt er. | |
| Während des Gesprächs in einem Café beobachtet er mit einer | |
| Flugüberwachungsapp auf seinem Smartphone alle Flugbewegungen von und nach | |
| Libyen. Gerade ist wieder eine russische Antonow-Transportmaschine in | |
| Richtung Syrien gestartet. „Uns war von Anfang an klar, dass der russische | |
| Einsatz in Afrika nur die Vorbereitung eines Angriffs auf die Ukraine ist. | |
| Das haben uns die Wagner-Leute sogar persönlich gesagt.“ | |
| Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ließ Anfang März verlauten, | |
| dass Wagner-Söldner eine regelrechte Jagd auf ihn ausgerufen haben, um ihn | |
| zu ermorden. Laut dem Verteidigungsrat der Ukraine entkam Selenskyi bereits | |
| vier Angriffen von tschetschenischen Scharfschützen und Wagner-Truppen in | |
| Kiew. Am vergangenen Sonntag meldete das ukrainische | |
| Verteidigungsministerium, der libysche General Haftar sei bereit, Kämpfer | |
| zur Unterstützung der russischen Armee zu schicken. | |
| Bereits im Januar wurden die Wagner-Einheiten in der Zentralafrikanischen | |
| Republik „deutlich reduziert“, so die UN-Experten, die das Waffenembargo | |
| gegen das Bürgerkriegsland überwachen. Die Vermutung liege nahe, dass das | |
| Personal abgezogen worden sei, „um die russische Offensive in der Ukraine | |
| zu unterstützen“. | |
| Wagner-Söldner bestätigen das. Im BBC erklärte ein Wagner-Kämpfer in der | |
| Zentralafrikanischen Republik, man sei zu „einem Picknick in der Ukraine“ | |
| eingeladen worden. Wagner habe vor dem Krieg dort einen internationalen | |
| Rekrutierungsaufruf gestartet. Dieser richte sich vor allem an „Personen | |
| mit Vorstrafen, Schulden, Ausgeschlossenen aus Söldnergruppen oder ohne | |
| fremden Pass“ – also Kriminelle, die in keiner regulären Armee mehr | |
| genommen werden. | |
| Mittlerweile ist eine Bewerbung bei Wagner online möglich. Über die im | |
| November 2021 in Bangui erstellte Internetseite „Join-Wagner.com“ kann man | |
| seine Personalien eingeben. Auf der Seite werben Bildergalerien mit schwer | |
| bewaffneten uniformierten Männern. Sie sind positioniert vor einer Wand aus | |
| Feuer, in der Mitte ein Adler, der einen Totenkopf an den Krallen hält. | |
| „Schließen Sie sich Wagner an“, lautet der Aufruf: „um den Frieden und d… | |
| Ruhe der Zivilbevölkerung vor Banditen und Terroristen zu schützen!“ | |
| Darunter eine Afrika-Karte, auf der Länder rot markiert sind, in denen | |
| Wagner-Söldner stehen: von Mauretanien bis Mosambik und Madagaskar. | |
| Insgesamt seien es „über 50.000“, dazu „über 200.000 in Reserve“. | |
| Ob das Rekrutierungsschema funktioniert, ist fraglich. Die taz sprach mit | |
| einem Ugander, der sich über diese Webseite beworben hat – zwei Wochen | |
| später hatte er noch keine Antwort erhalten. | |
| 28 Mar 2022 | |
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