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# taz.de -- Belagerte Stadt in der Ukraine: Der Diktator übernimmt
> Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow ist angeblich seit Montag in
> Mariupol. Doch ein Foto zeigt ihn in Russland.
Bild: Ein junges Mädchen läuft vor einem zerstörten Wohnhaus in Mariupol am …
Berlin taz | Die schwarz gebrannten Häuser von Mariupol, Frauen, die mit
zwei Kanistern durch Trümmer laufen, um Wasser zu holen, weinende Männer
vor einem Berg von Steinen, die einmal die eigene Wohnung waren – all diese
Bilder aus der ukrainischen Hafenstadt Mariupol erinnern sehr an die
Eroberung der Hauptstadt Tschetscheniens, Grosnij, durch russische Truppen
1994 und 1995.
Auch damals hatten die russischen Truppen eine Stadt dem Erdboden
gleichgemacht und mit anschließenden „Säuberungsaktionen“ die Bevölkerung
terrorisiert. Der einzige Unterschied zu damals ist, dass Russland
Separatisten bekämpft hatte, während es dieses Mal auf der Seite der
Separatisten steht. Und damit auch dem Letzten der Zusammenhang zwischen
Grosnij und Mariupol deutlich wird, leitet den russischen Kampf zur
Eroberung von Mariupol der Diktator Tschetscheniens, [1][Ramsan Kadyrow.]
Der soll, so berichtet die russische Nachrichtenagentur interfax.ru unter
Berufung auf das tschetschenische Fernsehen grozny.tv, am Montag in
Mariupol eingetroffen sein. „Ramsan Kadyrow hält sich in Mariupol auf und
leitet persönlich die Sonderoperation zur Befreiung von Mariupol“, so
interfax.ru. Der Chef der Tschetschenischen Republik, heißt es weiter, habe
sich auch mit dem Kommandeur der russischen 8. Gardearmee, General
Mordwitschew, getroffen.
Mit diesem habe man die in zwei Tagen geplante Blockade der Fabrik Asowstal
und die anschließenden „Säuberungsaktionen“ in den nächsten drei bis vier
Tagen besprochen. Am Montagabend veröffentlichte Denis Pushilin, Chef der
„Volksrepublik“ Donezk, auf seinem Telegram-Kanal ein Foto, das ihn vor
einer russischen Fahne und Fenstern mit heruntergelassenen Rollladen mit
Ramsan Kadyrow zeigt.
Vielleicht deuten die Rollladen darauf hin, dass man nicht wollte, dass der
Betrachter des Fotos Rückschlüsse auf deren Aufenthaltsort ziehen könnte.
Interessant ist ein weiteres am 29. März im russischen Netz VKontakte
veröffentlichtes Photo von Ramsan Kadyrow, das diesen betend, geschützt von
einem bewaffneten Kämpfer, der neben einem Mercedes steht, auf einer
Tankstelle zeigt. Merkwürdig an diesem Foto sei, kommentiert der
ukrainische [2][Telegram-Kanal Hueviy Charkow], dass Kadyrow vor einer
Tankstelle des russischen Unternehmens Rosneft bete. Und derartige
Tankstellen gebe es gar nicht in der Ukraine.
Humanitäre Katastrophe
Unterdessen fordert der Bürgermeister von Mariupol, Wadim Bojtschenko, die
vollständige Evakuierung der Stadt. Derzeit halten sich nach Angaben der
städtischen Behörden noch 160.000 Menschen in Mariupol auf, berichtet die
Ukrajinska Prawda. Die Stadt, die seit dem 1. März weitgehend von der
Außenwelt abgeschnitten sei, so Bojtschenko, befinde sich am Rande einer
humanitären Katastrophe. Am Montag hätten zwar 26 Busse für eine
Evakuierung bereitgestanden, so der Bürgermeister, aber die Russen, die die
Stadt eingekesselt haben, hätten eine Evakuierung nicht erlaubt.
Nach Ansicht des Bürgermeisters verhalten sich die Besatzer wie
Terroristen. „Sie wollten uns als Nation zerstören. Was in Mariupol und
Tschernihiw geschieht, ist ein Genozid“, sagte Bojtschenko. In der
vergangenen Woche konnten 26.477 Menschen von Mariupol nach Saporischschja
evakuiert werden. Auch für Dienstag war eine Evakuierung mit Pkws geplant.
Unterdessen berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Unian von
gespenstischen Bildern aus einem überfüllten Leichenschauhaus in Mariupol.
Viele Tote passten nicht mehr in das Haus und würden am Eingang gestapelt
aufbewahrt. Im vergangenen Monat sind bei der Belagerung der Stadt, so die
Ukrajinska Prawda, fast 5.000 Menschen, darunter etwa 210 Kinder ums Leben
gekommen. 30.000 Bewohner seien gegen ihren Willen nach Russland deportiert
worden.
29 Mar 2022
## LINKS
[1] /Tschetschenien-und-der-Ukraine-Krieg/!5842003
[2] https://t.me/hueviykharkov/52480
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Mariupol
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Ukraine
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