# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Russlands Schattenarmee | |
> Die Wagner-Söldnerarmee war bisher vor allem Moskaus verlängerter Arm in | |
> Afrika. Jetzt wird sie im Kampf gegen Kiew gebraucht. | |
Bild: Logo des privaten russischen Militärunternehmens „Wagner“ | |
Der Weg an die ehemalige Frontlinie in Ain Zara führt über Glassplitter, | |
aus den Häusern geflogene Fensterrahmen und Patronenhülsen. Hier, am | |
südlichen Stadtrand von Tripolis, tobten 18 Monate lang heftige Kämpfe | |
zwischen den Milizen, die die Hauptstadt verteidgten, und den mit dem | |
ostlibyschen General Khalifa Haftar verbündeten Paramilitärs der russischen | |
Militär-Firma Wagner. | |
„Die Wagner-Söldner haben rücksichtslos auf alles geschossen, was sich | |
bewegt“, erinnert sich Mohammed al-Haddad, „auch fliehende Frauen, Kinder | |
und Verletzte.“ Der einstige Ingenieur lag im Sommer 2019 hinter einem von | |
Baggern aufgehäuften Sandwall, als die taz ihn zum ersten Mal traf. Im | |
Herbst 2021 gab es ein zweites Treffen, außerdem beruht dieser Text unter | |
anderem auch auf einem Besuch in Tripolis vor zwei Wochen. | |
Im Sommer 2019 versuchten Haddad und andere Kämpfer, den nur wenige hundert | |
Meter entfernten Scharfschützen und am Himmel brummenden Drohnen zu | |
entgehen. Mittlerweile ist Haddad Chef der westlibyschen Armee und könnte | |
bald wieder dem Feind von damals gegenüberstehen – denn wieder hat Libyen | |
zwei rivalisierende Regierungen, wieder droht ein Machtkampf um die | |
Hauptstadt. | |
Wagner – eine Schattenarmee, die in den vergangenen Jahren in allen | |
nennenswerten Kriegsgebieten Europas, des Nahen Ostens und Afrikas | |
auftauchte: in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik, Mosambik, | |
zuletzt in Mali. Ihre Spuren sind diffus: geheime Verträge, geheime | |
Stationierungen. Sichtbar wurden in Libyen modernste russische | |
Panzir-Luftabwehrsysteme und MiG-29-Kampfjets. Russland bestreitet | |
systematisch, mit Wagner etwas zu tun zu haben. Doch derartiges Kriegsgerät | |
wäre niemals ohne grünes Licht vom Kreml in private Hände gelangt. | |
Die Zahl der [1][Wagner-Söldner in Libyen] wird auf rund 2.000 geschätzt. | |
Ihre Identität ist geheim. Es gibt nur wenige verschwommene Fotos, von | |
Passanten bei ihrem Abzug gemacht. | |
Ein Mitkämpfer von Haddad zeigt auf eine ehemalige Stellung von Wagner. | |
Überall in Ain Zara lauern noch die Sprengfallen, die Wagner-Söldner und | |
Haftar-Soldaten vor ihrem Abzug Mitte 2020 „zur Begrüßung der | |
zurückkehrenden Familien vorbereitet haben“, sagt ein Leibwächter von | |
Haddad, Ironie schwingt in seiner Stimme. „Hier in Tripolis war das Ziel | |
die Vertreibung der Zivilbevölkerung, wie jetzt in der Ukraine“, erklärt | |
Haddad den Einsatz der Russen. „Söldner aus Osteuropa waren dafür besonders | |
gut geeignet. Haf-tars libysche Offiziere hatten eher Skrupel.“ Die | |
russischen Wagner-Soldaten haben in Libyen eine eindeutige Handschrift | |
hinterlassen. | |
„Ich habe Selbstmordattentate und Artilleriebeschuss überlebt und viele | |
Freunde dabei verloren“, erzählt Jamal Alaweeb der taz am Telefon. Der | |
Ingenieur kämpfte 2011 gegen Gaddafi, 2015 in Sirte gegen den „Islamischen | |
Staat“ und 2019 in Tripolis gegen Haftar. „Aber von der Brutalität der | |
Wagner-Söldner war ich überrascht“, sagt er. „Sprengfallen in Kinderzimme… | |
hat selbst der Islamische Staat nicht gelegt.“ | |
## Das Wagner-Tablet | |
Ein zwei Meter tiefer Graben war damals der letzte Vorposten Wagners, einen | |
Steinwurf von der Front entfernt. Bei einem Gegenangriff floh wohl ein hier | |
stationierter Wagner-Kämpfer überhastet. Nach Kriegsende fand ein | |
Entminungsspezialist dort ein verstaubtes Samsung-Tablet. Zu Hause lud er | |
die Batterie auf und wunderte sich über die kyrillische Schrift und die | |
Landkarten auf dem Gerät. Über den libyschen Militärgeheimdienst landete | |
das Tablet letztlich beim britischen Sender BBC und bei IT-Experten. Die | |
Daten des Tablets verrieten erstmals die Identitäten von Kämpfern und die | |
Kommandostruktur der Wagner-Truppe. | |
„Man fand die Beweise für unsere Beobachtungen der Geisterarmee, die wir | |
oft nur als Schatten an der Front sahen“, sagt einer der taz-Begleiter beim | |
Besuch im Herbst 2021. „Ihre Ausrüstung ist das Modernste, was Moskau | |
aufzubieten hat.“ Den Verteidigern der Zwei-Millionen-Metropole Tripolis | |
steht der Überlebenskampf von 2019 bis 2020 bei diesem Treffen noch immer | |
ins Gesicht geschrieben. Sie organisierten die Verteidigung mit | |
Freiwilligenbrigaden, ähnlich wie es jetzt in der Ukraine geschieht. | |
Bekannt waren die maskierten Wagner-Männer dafür, dass sie keine Gefangenen | |
machten. „Scharfschützen erkannten wir daran, auf welche Körperteile sie | |
zielten“, sagt Haddad und steigt auf einen Berg voller zerborstener | |
Metallstreben. „Die Wagner-Leute hielten immer Abstand, den Nahkampf | |
überließen sie ihren Schutztruppen: Islamisten und Söldnern aus Syrien oder | |
Sudan.“ Diese hätten anders als die Wagner-Leute hohe Verluste erlitten, so | |
Haddad. Er zeigt auf eine von Baggern zugeschüttete Grube. Dort sollen | |
diese Kämpfer der Gegenseite begraben sein. | |
Verbrannte Erde – das ist es, was Wagner hinterlässt. In den Straßenzügen | |
rund um das Gefängnis von Ain Zara sind die Fassaden mit Einschusslöchern | |
übersät. In der Dämmerung brennt nur in wenigen der mit Plastikfolie | |
verklebten Fenster Licht. Vor allem die als Gefechtsstand genutzten Gebäude | |
wurden von Drohnenangriffen fast völlig zerstört und damit für immer | |
unbewohnbar. | |
Ähnlich sieht es nun auch aus in den Städten der Ukraine oder [2][im | |
syrischen Aleppo] – überall dort, wo Wagner nachweislich zum Einsatz kam. | |
Die Bilder der Schutthaufen und Ruinen im ukrainischen Mariupol erinnern an | |
die tschetschenische Hauptstadt Grosny nach der russischen Invasion, die | |
2009 offiziell beendet wurde. Grosny galt damals als die durch Krieg am | |
schwersten zerstörte Stadt weltweit. | |
Zahlreiche Wagner-Söldner haben in Grosny gekämpft. Es war der Beginn der | |
russischen Privatarmee, zusammengesetzt aus kampferfahrenen Russen, Serben, | |
Tschetschenen, die zum Teil bereits in Jugoslawien gekämpft hatten und | |
seitdem im Dienste Moskaus auf privaten Soldlisten stehen. „Mit Wagner | |
entstand eine Hybridarmee aus russischen Streitkräften, lokalen Söldnern | |
und osteuropäischen Militärexperten“, sagt Iliasse Sidiqui, ein Analyst für | |
eine westeuropäische Sicherheitsfirma, der die Wagner-Aktivitäten seit | |
Jahren beobachtet. | |
In Kriegsgebieten wie Libyen tritt Wagner als „Ausbildungsteam“ auf, um | |
lokale Truppen fit zu machen. Offiziell entsendet Moskau Militärausbilder, | |
tatsächlich landen vollständig ausgerüstete Kampfeinheiten. | |
## Wo der Name „Wagner“ herkommt | |
[3][Libyens General Haftar] bat im Sommer 2017 Russlands Außenminister | |
Lawrow in Moskau um militärisches Gerät und Militärexperten. Im Dezember | |
2017 empfing er in Bengasi Emissäre von Wagner. Damals kämpfte er gegen | |
islamistische Milizen in Ostlibyen, wo der Großteil des libyschen Öls aus | |
dem Boden gepumpt wird. So wurde Libyen für Wagner zur Goldgrube. In einem | |
2018 im Internet veröffentlichten Video sitzt der libysche General an einem | |
langen Tisch im Kreml zwischen dem russischen Verteidigungsminister Sergei | |
Schoigu und dem Oligarchen Jewgeni Prigoschin, der Finanzmogul hinter | |
Wagner. | |
„Wagner“ – das war ursprünglich der Kriegsname von Oberstleutnant Utkin, | |
ein Fallschirmspringer-Veteran der Spezialeinheiten des russischen | |
Militärgeheimdienstes GRU. Nach seiner Pensionierung 2013 ließ er sich als | |
Veteran von der russischen Sicherheitsfirma Slavonic Corps zuerst in den | |
Irak, später in die Ostukraine und auf die Krim entsenden, wie so viele | |
ehemalige russische Soldaten, deren staatliche Rente nicht ausreicht, um zu | |
überleben. | |
Im Donbass wurde Utkin mit einem Wehrmachtshelm an der Front gesichtet, | |
seine beiden SS-Tatoos am Hals deutlich sichtbar. Utkin macht aus seiner | |
Leidenschaft für das „Dritte Reich“ keinen Hehl. Als die Firma Slavonic | |
Corps, die als Sicherheitsfirma im Irak und auf Handelsschiffen vor der | |
Küste Somalias stationiert war, 2014 durch den russischen Staat aufgelöst | |
wurde, präsentierte sich Utkin unter einem neuen Firmennamen: „Wagner“. | |
Offiziell streitet Russlands Regierung alle Kontakte zu Wagner ab, private | |
Militärfirmen sind in Russland illegal. Laut russischen Quellen traf sich | |
Russlands Generalstabschef aber bereits 2010 mit Eeben Barlow, Gründer der | |
südafrikanischen Sicherheitsfirma Executive Outcomes, die in den 1990er | |
Jahren mit arbeitslosen weißen Spezialkräften von Südafrikas | |
Apartheidregierung Kriege in Afrika führte. | |
Die Direktoren von Utkins erstem Arbeitgeber Slavonic Corps wurden 2014 von | |
einem russischen Gericht wegen Söldnertum in Syrien verurteilt. Das | |
russische Parlament lehnte 2018 den Einsatz von Privatfirmen in | |
Sicherheitsfragen ab. Laut israelischen Geheimdienstinformationen ist die | |
Firma „Wagner Group“ nicht offiziell in Russland registriert, sondern in | |
Argentinien. | |
2015 expandierte Wagner nach Syrien, auf Einladung des dortigen Präsidenten | |
Assad. Wagner-Söldner wurden laut Vertrag vom syrischen Energieministerium | |
dafür bezahlt, Ölförderanlagen zu schützen. Gemeinsam mit Assads Soldaten | |
lieferten sich Wagner-Kämpfer im Sommer 2015 eine wochenlange Schlacht mit | |
kurdischen Truppen, die von den USA unterstützt wurden, und verloren fast | |
100 Kämpfer. Die US-Geheimdienste verfügen über Telefonaufzeichnungen aus | |
jenen Tagen zwischen Oligarch Prigoschin und dem Kreml in den Tagen der | |
Palmyra-Schlacht. Prigoschin bat Putin, seine verletzten Kämpfer | |
auszufliegen, der schickte Russlands Luftwaffe nach Syrien. | |
Als Auszeichnung erhielt Utkin am 9. Dezember 2016, am „Tag der Helden des | |
Vaterländischen Krieges“, von Putin eine Tapferkeitsmedaille. Ebenso wie | |
Andrej Troschew, der spätere Chefleibwächter von Prigoschin. Die beiden | |
kennen sich aus alten Kriegszeiten, sind quasi Waffenbrüder. Als Utkin im | |
Donbass die Firma Wagner ins Leben rief, vermittelte Troschew ihn offenbar | |
an seinen Oligarchenfreund Prigoschin. Utkin wurde daraufhin kurzzeitig | |
Geschäftsführer von Prigoschins Firma Concord. | |
Der russische Oligarch Prigoschin, dessen Privatvermögen auf über 200 | |
Millionen US-Dollar geschätzt wird, ist bekannt unter dem Spitznamen | |
„Putins Koch“. Zu Sowjetzeiten war er in Leningrad, heute Sankt Petersburg, | |
Chef eines kriminellen Netzwerks, kam neun Jahre ins Straflager und stieg | |
zum Gangsterchef auf. Er wurde Teil jener „Diebe im Gesetz“ (wory w | |
zakone), die nach dem Zerfall der Sowjetunion als Mafiaorganisation | |
weltweit im Waffen-, Drogen- und Menschenhandel tätig wurden. | |
Laut offizieller Geschichtsschreibung machte sich Prigoschin nach seiner | |
Freilassung mit einem Hot-Dog-Stand in Moskau selbstständig, dann eröffnete | |
er St. Petersburgs erstes Kasino, eine Geldwaschanlage für das organisierte | |
Verbrechen. Als Putin 2000 Präsident wurde, wollte er die russische | |
Gangsterwelt unter seine Kontrolle bekommen und wandte sich an seinen | |
Freund Prigoschin, den er aus St. Petersburg kannte. So wurde Prigoschins | |
Firma Concord zum Caterer für russische staatliche Schulen und die Armee – | |
ein Milliardenauftrag. Prigoschin gilt auch als Hintermann hinter der | |
Online-Troll-Agentur Internet Research Agency, die 2016 mutmaßlich | |
versuchte, die US-Wahlen über Fake News zu beeinflussen. Mittlerweile steht | |
Prigoschin auf internationalen Sanktionslisten. | |
## Drehkreuz Zentralafrika | |
Nirgends auf der Welt ist Wagner heute so mächtig wie in der | |
Zentralafrikanischen Republik, ein Land im Bürgerkrieg, dessen Bevölkerung | |
in Armut lebt, das aber über Gold und Diamanten verfügt. Seit 2018 | |
trainiert Russland die zentralafrikanische Regierungsarmee, russische | |
Kämpfer stellen die Leibgarde von Präsident Faustin Touadéra. | |
Vor dessen Wiederwahl Ende 2020 teilte Russland dem für die Überwachung des | |
Waffenembargos gegen das Land zuständigen UN-Sanktionskomitee mit, es | |
seien „300 unbewaffnete Ausbilder“ entsandt worden, um die lokale Armee zu | |
unterstützen. Im jüngsten UN-Expertenbericht von 2021 ist die Rede von 800 | |
bis 2.100 russischen „Ausbildern“ – alle bis an die Zähne bewaffnet. | |
Kampfhubschrauber und Maschinengewehre seien von russischen und | |
kasachischen Transportmaschinen ins Land gebracht worden. | |
Zeugen, darunter Soldaten der zentralafrikanischen Armee, berichteten den | |
UN-Experten in den vergangenen Jahren, dass die Russen in direkte | |
Kampfhandlungen verwickelt seien. Ihnen werden auch schwere | |
Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. | |
Laut UN-Expertenbericht wurden auch „russische Ausbilder“ gesichtet, die | |
„sich selbst als Staatsangehörige Libyens, Syriens und anderer Länder | |
auswiesen“. In einigen Gegenden außerhalb der Hauptstadt Bangui seien „von | |
Dezember 2020 bis Anfang März 2021 etwa 60 ausschließlich arabischsprachige | |
Ausbilder, die sich meist selbst als Syrer bezeichneten, im Rahmen eines | |
Dreimonatsvertrags eingesetzt worden“. Die Flugrouten mehrerer russischer | |
Militärflugzeuge, die zwischen Dezember 2020 und April 2021 diese Truppen | |
absetzten, bestätigen: Auf dem Weg von Russland nach Zentralafrika machten | |
sie Halt in Syrien, Libyen, Sudan und Südsudan. | |
Umgekehrt sind auch Zentralafrikaner anscheinend bereit, für Russland in | |
den Krieg zu ziehen. In einem Onlinevideo, das auf Twitter kursiert, stehen | |
zehn zentralafrikanische Soldaten in Kampfausrüstung stramm. „Wir haben | |
gehört, was in der Ukraine passiert“, sagt der Kommandeur in die Kamera: | |
„Die russischen Soldaten führen eine Spezialoperation aus, um Frieden zu | |
bringen. Wir afrikanischen Soldaten sind bereit, unsere russischen Brüder | |
zu unterstützen.“ | |
## Abzug aus Afrika – gen Ukraine | |
Offenbar internationalisiert sich Wagner, um auch nichtrussische Kämpfer in | |
die Ukraine zu bringen. Pauline Bax vom Thinktank International Grisis | |
Group (ICG) bezweifelt, dass dies funktioniert: „Diese Männer müssen ja | |
bezahlt werden“, so Bax. Die Firma zahle ihren Kämpfern Gehälter von | |
mehreren Tausend Dollar pro Monat. Ob in Zentralafrika, Libyen, Syrien oder | |
Mali – dieser Sold wird durch lukrative, meist geheime Verträge mit den | |
Regierungen in den jeweiligen Ländern beglichen, so die Analystin. | |
Doch überall in Afrika rüstet sich Putins Schattenarmee, um Russland in der | |
Ukraine zu helfen, quer durch Afrika werden Wagner-Truppen verlegt. | |
Kommandeure der westlibyschen Milizen bestätigen der taz die Verlegung der | |
Wagner-Einheiten innerhalb Libyens. Eine von Panzir-Luftabwehr-Fahrzeugen | |
begleitete Kolonne ist nun auf dem südlibyschen Flughafen Brak Shati | |
stationiert. Eine unbekannte Zahl an MiG-29 Jets steht im zentrallibyschen | |
Jufra zum Einsatz bereit, bewacht von sudanesischen und tschadischen | |
Söldnern im Auftrag von Wagner. | |
Mit dem ostlibyschen Flughafen Al Khadim, den regelmäßig russische | |
Transportflieger aus Syrien anfliegen, haben die Paramilitärs von Wagner | |
damit Zugriff auf drei Flughäfen in Afrikas ölreichstem Land. Über Libyen | |
kann Wagner auch Energielieferungen aus Afrika nach Europa kontrollieren. | |
Italiens Regierungschef Mario Draghi kündigte letzte Woche Verhandlungen | |
mit der libyschen Regierung in Tripolis über die Ausweitung des Gas- und | |
Ölexports über die „Greenstream“-Pipeline nach Europa an. Doch die | |
Wagner-Einheiten könnten das zusammen mit Haftars Armee vereiteln. Die | |
Besetzung libyscher Pipeline-Knotenpunkte hat schon in der Vergangenheit | |
die Ölpreise in die Höhe schießen lassen. | |
Mit Besorgnis sehen Experten die Stationierung von Wagner-Söldnern in der | |
kleinen ostlibyschen Hafenstadt Bomba. Mit kleinen Kommandoaktionen hatten | |
dort einst Kämpfer des IS Angriffe auf Handelsschiffe geplant. Der | |
Flughafen von Bomba könnte nun zur Verlegung von Söldnern aus Libyen in die | |
Ukraine dienen, so ein Offizier der ostlibyschen Armee, der zu Besuch in | |
Tripolis ist. „Libyen ist Schauplatz eines kalten Krieges, der dann | |
ausbrechen wird, wenn jemand in Moskau das für richtig hält“, sagt er. | |
Während des Gesprächs in einem Café beobachtet er mit einer | |
Flugüberwachungsapp auf seinem Smartphone alle Flugbewegungen von und nach | |
Libyen. Gerade ist wieder eine russische Antonow-Transportmaschine in | |
Richtung Syrien gestartet. „Uns war von Anfang an klar, dass der russische | |
Einsatz in Afrika nur die Vorbereitung eines Angriffs auf die Ukraine ist. | |
Das haben uns die Wagner-Leute sogar persönlich gesagt.“ | |
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ließ Anfang März verlauten, | |
dass Wagner-Söldner eine regelrechte Jagd auf ihn ausgerufen haben, um ihn | |
zu ermorden. Laut dem Verteidigungsrat der Ukraine entkam Selenskyi bereits | |
vier Angriffen von tschetschenischen Scharfschützen und Wagner-Truppen in | |
Kiew. Am vergangenen Sonntag meldete das ukrainische | |
Verteidigungsministerium, der libysche General Haftar sei bereit, Kämpfer | |
zur Unterstützung der russischen Armee zu schicken. | |
Bereits im Januar wurden die Wagner-Einheiten in der Zentralafrikanischen | |
Republik „deutlich reduziert“, so die UN-Experten, die das Waffenembargo | |
gegen das Bürgerkriegsland überwachen. Die Vermutung liege nahe, dass das | |
Personal abgezogen worden sei, „um die russische Offensive in der Ukraine | |
zu unterstützen“. | |
Wagner-Söldner bestätigen das. Im BBC erklärte ein Wagner-Kämpfer in der | |
Zentralafrikanischen Republik, man sei zu „einem Picknick in der Ukraine“ | |
eingeladen worden. Wagner habe vor dem Krieg dort einen internationalen | |
Rekrutierungsaufruf gestartet. Dieser richte sich vor allem an „Personen | |
mit Vorstrafen, Schulden, Ausgeschlossenen aus Söldnergruppen oder ohne | |
fremden Pass“ – also Kriminelle, die in keiner regulären Armee mehr | |
genommen werden. | |
Mittlerweile ist eine Bewerbung bei Wagner online möglich. Über die im | |
November 2021 in Bangui erstellte Internetseite „Join-Wagner.com“ kann man | |
seine Personalien eingeben. Auf der Seite werben Bildergalerien mit schwer | |
bewaffneten uniformierten Männern. Sie sind positioniert vor einer Wand aus | |
Feuer, in der Mitte ein Adler, der einen Totenkopf an den Krallen hält. | |
„Schließen Sie sich Wagner an“, lautet der Aufruf: „um den Frieden und d… | |
Ruhe der Zivilbevölkerung vor Banditen und Terroristen zu schützen!“ | |
Darunter eine Afrika-Karte, auf der Länder rot markiert sind, in denen | |
Wagner-Söldner stehen: von Mauretanien bis Mosambik und Madagaskar. | |
Insgesamt seien es „über 50.000“, dazu „über 200.000 in Reserve“. | |
Ob das Rekrutierungsschema funktioniert, ist fraglich. Die taz sprach mit | |
einem Ugander, der sich über diese Webseite beworben hat – zwei Wochen | |
später hatte er noch keine Antwort erhalten. | |
28 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Libyen/!5839711 | |
[2] /Stimmen-aus-Syrien/!5665572 | |
[3] /Praesidentschaftswahl-in-Libyen/!5839711 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Zentralafrika | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt Libyenkrieg | |
Russland | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Libyen | |
GNS | |
Ukraine-Konflikt | |
Milizen in Libyen | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Zentralafrikanische Republik | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Wagner-Gruppe | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Libyenkrieg | |
Abdul Hamid Dbaiba | |
Sudan | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Wagner | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Amnesty International | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ukraine | |
Russland | |
Mali | |
Zentralafrikanische Republik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wagner-Gruppe in Afrika: Als „Händler des Todes“ bekannt | |
Der Waffenhändler Viktor Bout war 15 Jahre in US-Haft. Nun ist er frei. Der | |
Chef der russischen Wagner-Gruppe will ihm den Weg in die Politik ebnen. | |
Zentralafrikanische Republik: Präsident nach Putins Vorbild | |
In der Zentralafrikanischen Republik kann Präsident Touadéra nun bis 2039 | |
regieren. Für seine Sicherheit sorgt weiter die russische Wagner-Truppe. | |
Russische Söldnerarmee Wagner: Privat nur auf dem Papier | |
Söldner sind in Russland eigentlich verboten, trotzdem wurde die | |
Wagner-Gruppe vom Staat gegründet. Was steckt hinter dem „privaten“ | |
Militärgeschäft? | |
Neue EU-Sanktionen: Wagner-Firmen im Visier | |
Die EU verhängt neue Strafmaßnahmen, Sie zielen vor allem auf russische | |
Akteure in der Zentralafrikanischen Republik. | |
Europäische Söldner im Kongo: Kongos geheime weiße Armee | |
Erst suchte die Demokratische Republik Kongo Russlands Hilfe gegen die | |
M23-Rebellen. Nun stehen in Goma Söldner aus Rumänien. Eine taz-Recherche. | |
Proteste in Libyen: „Wir wollen Licht, wollen Wahlen“ | |
In Libyen protestieren Bürger gegen steigende Preise. In Tobruk brennt das | |
Parlament, in der Hauptstadt Tripolis werden bewaffnete Kämpfe befürchtet. | |
Erneute Kämpfe in Libyen: Kampf der zwei Premierminister | |
In Libyen konkurrieren zwei Premiers: der ostlibysche Bashaga und der in | |
Tripolis sitzende Dbaiba. Bashaga versucht, die Stadt zu erobern. | |
Darfur-Sudan-Konflikt: Ein neuer Bürgerkrieg | |
In Darfur sterben Hunderte bei Kämpfen und Vertreibungen. Seit das Militär | |
im Sudan wieder regiert, nehmen die Konflikte zu. | |
+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Über 100.000 ukrainische Geflüchtete | |
In Deutschland wurden 104.000 Schutzsuchende aus der Ukraine registriert. | |
Die Nato verspricht mehr Waffen für die Verteidigung der Ukraine. | |
Demonstrationen in deutschen Städten: Entsetzen über russischen Autokorso | |
In Berlin und anderswo wurde für Russland demonstriert. Die Bundesregierung | |
warnt vor Desinformation, ein Innenminister will härtere Auflagen. | |
Moskaus enger Partner in Afrika: Neurussland in den Tropen | |
Die Zentralafrikanische Republik ist Russlands wichtigster Partner in | |
Afrika. Der russische Einfluss geht weit über die Söldnertruppe Wagner | |
hinaus. | |
Litauen fürchtet russischen Angriff: Auf dem Pulverfass | |
Viele Litauer fürchten, dass Russland auch ihr Land bald angreifen könnte – | |
über die Schließung der „Suwalki-Lücke“ zwischen Kaliningrad und Belarus. | |
Zerstörte ukrainische Stadt Mariupol: Die Stadt lebt im Keller | |
Tausende versuchen aus der ukrainischen Stadt Mariupol zu fliehen. Auf | |
ihrem Weg landen viele gegen ihren Willen in von Russland besetzten | |
Gebieten. | |
Belagerte Stadt in der Ukraine: Der Diktator übernimmt | |
Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow ist angeblich seit Montag in | |
Mariupol. Doch ein Foto zeigt ihn in Russland. | |
Recherche zu Krieg in der Ukraine: Tausende Ehrenurkunden | |
Eine ukrainische Rechercheplattform hat tausende Urkunden im Netz gefunden. | |
Demnach sind in der ersten Kriegswoche fast 5.000 russische Soldat:innen | |
gestorben. | |
Jahresbericht von Amnesty International: Der Horror ist überall | |
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine ist „nur die Spitze eines Eisbergs“, | |
sagt die Organisation. Dass Putin straflos morden könne, ermutige andere. | |
US-Präsident in Polen: Biden zeigt die Zähne | |
Der US-Präsident erinnert in Warschau daran, dass die Nato mit | |
demokratischen Werten verbunden ist. Der Artikel 5 sei ihm „heilige | |
Verpflichtung“. | |
Unterkunftssuche für Geflüchtete am ZOB: Auf der Suche nach „guten Händen�… | |
Am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) vermitteln Freiwillige mit viel Mühe | |
Ukraine-Flüchtlinge an private Gastgeber*innen. Nicht immer klappt es. | |
Verteidigungsminister Sergei Schoigu: Vom Putin-Liebling zum Sündenbock | |
Mehr als zwei Wochen lang gab es keine Spur von ihm, nun zeigen Videos den | |
russischen Minister bei der Arbeit. Das heizt die Spekulationen weiter an. | |
Malis Putschregierung holt Verstärkung: Russische Söldner sollen nach Mali | |
Malis Putschregierung schließt Vertrag mit privatem russischen | |
Sicherheitsunternehmen „Wagner-Gruppe“. Frankreichs Regierung ist empört. | |
Krise der Zentralafrikanischen Republik: Russland schickt die Söldnerplage | |
In der Zentralafrikanischen Republik schützen brutale russische Kämpfer die | |
Regierung. Dabei legen sie sich mit Frankreichs Verbündetem Tschad an. |