# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Libyen: Ein Land, zwei Premiers | |
> In Libyen konkurrieren derzeit zwei Regierungen, gefördert durch | |
> ausländische Partner. Der Machtkampf könnte zu einem neuen Krieg führen. | |
Bild: Hoffentlich bleibt es bei Paraden: Libysche Militärkadetten zeigen bei e… | |
TUNIS taz | Libyen ist nach über einem Jahr relativer Ruhe wieder politisch | |
gespalten. Vor etwa einem Monat hat das in Ostlibyen tagende Parlament | |
[1][Fathi Bashaga] als neuen Premierminister gewählt. Das Mandat des im | |
westlibyschen Tripolis sitzenden Premierministers Abdulahmid Dabaiba ist | |
theoretisch am 24. Dezember des vergangenen Jahres abgelaufen. [2][Da die | |
damals angesetzte Wahl kurzfristig abgesagt wurde], sieht er sich aber | |
weiter im Amt. Die Wahl aus Ostlibyen will er nicht anerkennen. [3][Denn | |
auch das Mandat ebenjenen Parlaments ist seit 2016 abgelaufen]. | |
Gegen die Minister seines Kontrahenten hat der millionenschwere | |
Geschäftsmann Dabaiba sogar Haftbefehle erlassen. Den für Montag geplanten | |
Amtseid in der ostlibyschen Stadt Bengasi hatte Bashaga abgesagt und hofft | |
nun, mithilfe von verbündeten Milizen nach Tripolis zu gelangen. Die | |
Loyalität der [4][wichtigsten Milizen] der Hauptstadt hat sich aber Dabaiba | |
bereits mit großzügigen Zahlungen gesichert. Libyen ist zentralistisch | |
organisiert, alle wichtigen Institutionen befinden sich in Tripolis. | |
Die dortigen Einwohner hoffen auf eine friedliche Beilegung des | |
Machtkampfes, doch erste Hamsterkäufe in Supermärkten zeigen, wie groß die | |
Angst vor einem erneuten Krieg ist. [5][Stephanie Williams, die | |
US-amerikanische Libyen-Sondergesandte der Vereinten Nationen,] versucht | |
den in Ost und West gespaltenen politischen Lagern einen Termin für | |
Neuwahlen abzuringen. | |
Doch nicht nur inländische Kräfte mischen in Libyen mit: Während Ägypten, | |
Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate Westlibyens Bashaga | |
unterstützen, halten die Türkei, Katar und seit dem Ukraine-Krieg auch die | |
westlichen Staaten zu Ostlibyens Dabaiba. Den im Sommer 2020 vereinbarten | |
Waffenstillstand garantieren auf Dabaibas Seite türkische Armeeoffiziere | |
und syrische Privatmilitärs. [6][Söldner der russischen Sicherheitsfirma | |
Wagner unterstützen dagegen die „libysch-arabische Armee“ von Khalifa | |
Haftar] im Westen und damit Bashaga. | |
„Moskau hat mit der Stationierung seiner Privatarmee das Vakuum gefüllt, | |
welches der Westen vor sechs Jahren hinterlassen hat“, sagt der auf Libyen | |
spezialisierte Analyst [7][Jalel Harchaoui]. Man solle nicht erwarten, dass | |
der Kreml diese mit minimalem Einsatz errungene strategische Position | |
aufgeben werde, warnt er. Augenzeugen berichten der taz, dass einige der | |
bis zu 2.000 Wagner-Söldner auf den südwestlibyschen Militärflughafen Brak | |
Shati verlegt wurden, eine weitere Kolonne ist offenbar in der ostlibyschen | |
Hafenstadt Bomba eingetroffen. | |
Eine militärische Eskalation in Libyen würde auch Öl- und Gaslieferungen | |
nach Europa gefährden. So ist die aus Libyen kommende | |
[8][Greenstream-Pipeline] Italiens wichtigste alternative Energiequelle für | |
das sonst aus Russland importierte Erdgas. | |
9 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Abdul-Dbaiba-wird-Premierminister/!5749636 | |
[2] https://foreignpolicy.com/2022/02/18/libya-elections-2021-postponed/ | |
[3] /Machtkaempfe-in-Libyen/!5235269 | |
[4] /Vor-Wahltermin-in-Libyen/!5813935 | |
[5] https://twitter.com/SASGonLibya | |
[6] https://www.bbc.com/news/world-africa-58009514 | |
[7] https://twitter.com/JMJalel_H | |
[8] https://www.offshore-technology.com/marketdata/greenstream-gas-pipeline-lib… | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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