# taz.de -- Krise der Zentralafrikanischen Republik: Russland schickt die Söld… | |
> In der Zentralafrikanischen Republik schützen brutale russische Kämpfer | |
> die Regierung. Dabei legen sie sich mit Frankreichs Verbündetem Tschad | |
> an. | |
Bild: Keine französischen, sondern nun russische Söldner im zentralafrikanisc… | |
Berlin taz | Es ist ein kleiner, aber symbolischer Schritt: Frankreich hat | |
seine Militär- und Finanzhilfe für die Zentralafrikanische Republik | |
gestoppt. Kein einziger französischer Militärausbilder dient mehr im | |
Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Bangui, bestätigte die Regierung | |
in Paris am Montag. Das französische Training ist ausgesetzt, 10 Millionen | |
Euro Budgethilfe sind „ suspendiert“. | |
Es ist eine Zeitenwende. Bis Mitte der 1990er Jahre führte Frankreich von | |
Bangui und der großen Militärbasis Bouar aus Kriege gegen Libyen und in | |
Ruanda. Doch dann zog sich Frankreich auf Tschad zurück und lenkte seine | |
Aufmerksamkeit auf [1][Islamisten in der Sahelzone], während die | |
[2][Zentralafrikanische Republik in Bürgerkriegen versank] und als | |
Stabilitätsanker ausfiel. | |
Heute stehen in Bouar und Bangui keine Franzosen mehr, sondern Russen. Von | |
mehreren Hundert auf einige Tausend wird die Anzahl der russischen | |
„Berater“ und „Spezialkräfte“ geschätzt, die teils in offizieller Mis… | |
teils für private Sicherheitsdienste in der Zentralafrikanischen Republik | |
unterwegs sind. Und sie standen in den letzten Monaten an vorderster Front | |
gegen Rebellen, hinter denen die zentralafrikanische Regierung wiederum | |
Tschad und Frankreich wittert. | |
Unter dem 2016 erstmals gewählten [3][Präsidenten Faustin Touadéra] ist | |
Moskau zum wichtigsten Verbündeten Banguis aufgestiegen. Seine Wahl sollte | |
das Land befrieden, aber unzählige Rebellen kämpften weiter, während ein | |
UN-Waffenembargo weiter gilt. Russland sprang in die Bresche und lieferte | |
ab 2018 mit UN-Sondergenehmigung Waffen, begleitet von Militärberatern. | |
## Söldner für Russlands Interessen | |
Touadéras oberster Sicherheitsberater ist heute der ehemalige russische | |
Militärgeheimdienstoffizier Valeri Zakharow. Dessen Dolmetscher Dmitri | |
Syti steht unter US-Sanktionen als Angestellter des Putin-Freundes Jewgeni | |
Prigozhin, dessen Söldnerunternehmen „Wagner-Gruppe“ in | |
[4][Bürgerkriegsländern wie Libyen] und Syrien russische Interessen auf | |
unorthodoxe Weise sichert. | |
Syti ist französischen Berichten zufolge Gründer der russischen Firma | |
„Lobaye Invest“, die Goldminenrechte im Nordwesten der Zentralafrikanischen | |
Republik hält. Genau in dieser Region sind die russischen Kämpfer am | |
aktivsten, seit eine neue Rebellenkoalition im Dezember 2020 zu den Waffen | |
griff. | |
Als die Rebellen auf Bangui vorrückten, entsandte Russland 300 | |
„Militärberater“. Sie schlugen die Rebellen zurück und Moskau verkündete | |
ihren Abzug. Dann rief Präsident Touadéra am 21. Januar den Ausnahmezustand | |
aus und zwei Tage später berichteten lokale Medien von „Hunderten | |
schwerbewaffneten Russen“, die gerade auf dem Flughafen von Bangui gelandet | |
seien. | |
Wenige Monate später gab Moskaus Botschaft in Bangui die Zahl der | |
russischen „Ausbilder“ bei den zentralafrikanischen Streitkräften mit 535 | |
an. Am 10. Mai unterrichtete Russland den UN-Sicherheitsrat über die | |
Entsendung von 600 weiteren „Ausbildern“. | |
In den Monaten dazwischen eroberten die Russen im Nordwesten des Landes | |
einen Ort nach dem anderen von den Rebellen zurück. Die UN-Expertengruppe | |
über illegale Söldnereinsätze berichtete Ende März von | |
„Massenhinrichtungen, wahllosen Festnahmen, Folter bei Verhören, | |
Verschwindenlassen, Zwangsvertreibung der zivilen Bevölkerung, Angriffen | |
auf zivile Einrichtungen, Verletzungen des Rechts auf Leben und zunehmende | |
Angriffe auf humanitäre Akteure“ bei diesem Feldzug. | |
## „Spezieller Begriff von Sicherheit“ | |
Lokale Medien berichten, die fremden Kämpfer würden die Schweine der Bauern | |
erschießen und essen, Mädchen vergewaltigen, Häuser verwüsten, auch | |
Motorräder stehlen und nur gegen Geld wieder hergeben. Die russische | |
Botschaft in Bangui nannte das im Mai „Früchte einer kranken Fantasie“ und | |
„Dreck“, aber UNO und lokale Behörden haben Untersuchungen eingeleitet. | |
Pikant dabei: Die russischen Kräfte kooperieren offiziell mit der | |
[5][UN-Blauhelmmission in der Zentralafrikanischen Republik], die erst vor | |
wenigen Wochen auf 14.400 Blauhelme aufgestockt wurde. Ein | |
„Informationsaustauschmechanismus“ zwischen den „bilateralen“ Kräften … | |
Russland und den Blauhelmen soll verhindern, dass man sich gegenseitig in | |
die Quere kommt. UN-Sanitärflugzeuge sollen sogar verwundete russische | |
Kämpfer evakuiert haben. | |
„Russland hilft einem Regime, nicht dem Land“, kritisierte der | |
oppositionelle ehemalige Premierminister Martin Ziguélé in einem Interview. | |
„Es leistet keinen Wiederaufbau, es schützt die Interessen einer Macht. Es | |
hält zweifellos an einigen Orten eine Bedrohung fern, aber mit einem sehr | |
speziellen Begriff von Sicherheit.“ | |
Der russische Sicherheitsbegriff sorgt nun auch international für Probleme. | |
Ende Mai überquerten russische Kämpfer bei der Rebellenjagd die Grenze nach | |
Tschad und töteten im Dorf Soubou einen Soldaten. Tschads Armee jagte die | |
„Söldner aus Zentralafrika“ nach eigenen Angaben über die Grenze zurück.… | |
einem zentralafrikanischen Dorf seien dann fünf Soldaten aus Tschad | |
verschleppt und hingerichtet worden. Tschad spricht von einem | |
„Kriegsverbrechen“, das „nicht ungesühnt“ bleiben werde. Die | |
Zentralafrikanische Republik zeigt sich „überrascht“. | |
So wird die Zentralafrikanische Republik jetzt zum Frontstaat in der neuen | |
geopolitischen Konfrontation zwischen Paris und Moskau in Afrika. | |
[6][Tschad ist Frankreichs wichtigster Militärverbündeter] in Afrika. | |
Anfang Mai waren tschadische Rebellen, die zuvor in Libyen an der Seite | |
russischer Wagner-Kräfte gedient hatten, in Tschad einmarschiert. An der | |
Front gegen sie war [7][Tschads Langzeitherrscher Idriss Déby zu Tode | |
gekommen]. | |
10 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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