Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Recherche zu Krieg in der Ukraine: Tausende Ehrenurkunden
> Eine ukrainische Rechercheplattform hat tausende Urkunden im Netz
> gefunden. Demnach sind in der ersten Kriegswoche fast 5.000 russische
> Soldat:innen gestorben.
Bild: „Order of Courage“ Orden, getragen von einem russischen Sodaten
Berlin taz | Der Krieg in der Ukraine könnte bereits Zehntausenden
Soldat:innen das Leben gekostet haben. Recherchen der ukrainischen
Plattform InformNapalm könnten Angaben der Ukraine nun bestätigen. Die
Hacker:innen [1][haben eigenen Aussagen zufolge] Hunderte Fotos von
Urkunden ausgewertet, die gefallenen russischen Soldat:innen posthum
verliehen wurden.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums sind bis zum 25. März
1.351 russische Soldat:innen getötet worden. 3.825 seien verletzt
worden, berichtet die russische Agentur Interfax. Das war das zweite Mal,
dass Russland offizielle Zahlen bekanntgab. Am 2. März teilte das
Verteidigungsministerium mit, [2][498 Soldat:innen seien getötet], 1.597
verletzt worden.
Die Ukraine nennt eine viel höhere Zahl: Demnach wurden 16.000 russische
Soldat:innen getötet. Auf ukrainischer Seite seien 14.000 Soldaten
getötet und 16.000 weitere verletzt worden, hieß es hingegen aus Moskau.
Die Ukraine selbst hatte zuletzt am 12. März von rund 1.300 getöteten
Soldaten in den eigenen Reihen gesprochen. Die Zahlen sind nicht
überprüfbar.
Recherchen von InformNapalm legen nun nahe, dass in der ersten Woche des
Krieges bereits mindestens 4.700 russische Soldat:innen gefallen sind.
Die Freiwilligen der NGO, die 2014 bereits ähnliche Recherchen im Zuge der
Krimkrise gemacht hatte, werteten nach eigenen Angaben Hunderte
Medienberichte und Videos aus Krankenhäusern sowie Tausende
Social-Media-Posts aus und durchforsteten die dort geposteten Fotos.
InformNapalm ist ein sich selbst als patriotisch verstehendes Netzwerk von
Ehrenamtlichen, das seine Recherchen [3][in vielen Sprachen verbreitet.]
Der Gruppe wurde bereits vor Beginn des Krieges ein klar antirussischer
Kurs nachgesagt.
Die Gruppe ist spezialisiert auf sogenannte OSINT-Recherchen: OSINT steht
für Open Source Intelligence. Für Recherchen werden frei verfügbare, offene
Quellen genutzt, also beispielsweise soziale Medien, Google Maps, frei
zugängliche Satellitendaten.
## Auszeichnungen mit Seriennummern
Dabei fanden sie eine große Anzahl von Fotos, die Ehrenurkunden für
gefallene Soldat:innen zeigen. Einige davon sind auf der Internetseite
von InformNapalm zu sehen. Auf den Ehrenurkunden („Order of Courage“) ist
jeweils eine Seriennummer vermerkt sowie das Datum, an dem die Auszeichnung
unterschrieben wurde.
Die meisten Urkunden, die die Gruppe gefunden hat, wurden am 3. März
unterzeichnet – etwa eine Woche nach Beginn der Invasion am 24. Februar.
„Die niedrigste Seriennummer, die wir gefunden haben, war die 78.487. Die
höchste 83.281“, schreibt InformNapalm in einem Beitrag auf ihrer Webseite.
Die Differenz beträgt 4.794. Das könnte also die Anzahl der in der ersten
Woche getöteten Soldaten sein.
Doch auch diese Zahl ist nicht gesichert. Zum einen hat InformNapalm noch
andere Hinweise gefunden, zum Beispiel Fotos von Ehrenmedaillen statt
-urkunden. Deren Empfänger:innen könnten noch hinzugerechnet werden
müssen. Ebenso jene von gefallenen Grenzschützer:innen und
Spezialeinheiten, die in der Ukraine eingesetzt sind, deren Mitglieder
möglicherweise nicht diese Ehrenurkunde erhalten haben.
Außerdem weist die Gruppe darauf hin, dass teilweise auch schwer verwundete
Soldat:innen sowie Künstler:innen oder Wissenschaftler:innen die
Auszeichnung Order of Courage erhalten, doch diese Zahlen seien
verschwindend gering.
InformNapalm sammelt die Seriennummern der Ehrenurkunden bereits seit einem
längeren Zeitraum. Beim ersten Tschetschenienkrieg Ende der 1990er Jahre
hätten die Urkunden die Seriennummern 0 bis 30.000 betragen. Beim zweiten
Tschetschenienkrieg stiegen sie weiter auf 60.000. Die Ehrenurkunden der
getöteten Soldat:innen bei der Krimkrise 2014 begannen bei etwa 70.000.
InformNapalm war 2016 dadurch bekannt geworden, dass deren Freiwillige
[4][Mails des russischen Investors Investor Serguei Beloussov] und von
Wladislaw Surkow gehackt hatten. Surkow war von 2013 bis 2020 ein enger
Mitarbeiter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
29 Mar 2022
## LINKS
[1] https://informnapalm.org/en/medal-count-osint-analysis-of-real-russian-loss…
[2] /Russlands-Krieg-gegen-Ukraine/!5839221
[3] https://informnapalm.org/en/
[4] /Bremer-Universitaet-geht-an-Investor/!5826998
## AUTOREN
Johanna Treblin
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
Hacker
Russland
Militär
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Zentralafrika
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bellingcat-Recherchen zu Pentagon-Leaks: „Eine gewisse Besessenheit“
Die Gruppe Bellingcat ist auf Recherche in frei verfügbaren, offenen
Quellen spezialisiert. Sie hat die Quelle der Pentagon-Leaks aufgedeckt.
+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Russland will Aktivität verringern
Russland kündigt eine Reduzierung der Militäraktivitäten bei Kiew und
Tschernihiw an. Die Ukraine bietet im Gegenzug für Sicherheitsgarantien
Neutralität an.
Vermittler im Ukrainekrieg: Erdoğans Balanceakt
Der türkische Präsident bemüht sich um einen Ausweg aus dem Krieg. Doch mit
Russlands Machthaber Putin brechen will Erdoğan nicht.
Pressefreiheit in Russland: Kritische Stimme verstummt
Die kritische russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ muss ihr Erscheinen bis auf
weiteres einstellen. Die Medienaufsicht hatte sie zuvor zweimal verwarnt.
Kriegsangst und Weltschmerz: Nur Handeln hilft
Wir müssen versuchen, unser Umfeld aktiv und positiv zu gestalten. Das
scheint mir sicherer, als unsere Angst mit Vorräten zu nähren.
Krieg in der Ukraine: Russlands Schattenarmee
Die Wagner-Söldnerarmee war bisher vor allem Moskaus verlängerter Arm in
Afrika. Jetzt wird sie im Kampf gegen Kiew gebraucht.
Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine: Grenzen und ihre Überschreitung
Eine Journalistin begleitet einen Hilfstransport und wird Teil davon. Wie
weit darf, wie weit muss sie ihre Rolle verlassen? Ein Erfahrungsbericht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.