# taz.de -- Kabinett Merz: Vom Saturn über die Eifel bis auf den Bauernhof | |
> Bei der Besetzung des Merz-Kabinetts war Fachexpertise nicht immer | |
> ausschlaggebend. Die neuen Minister*innen im Porträt. | |
Bild: Friedrich Merz mit seinen designierten Minister:innen am Montag in Berlin | |
## Chef im Kanzleramt: Knallhart in freundlich | |
Der Job des Kanzleramtsministers verbindet Macht mit Moderation im | |
Hintergrund. Im Büro des Amtschefs laufen Fäden und Informationen aus allen | |
Ministerien zusammen, diese sind zudem als Spiegelreferate im Kanzleramt | |
fachlich abgebildet. Auch die Nachrichtendienste berichten an den Chef des | |
Kanzleramts. Der Amtschef ist also in alles eingeweiht und fungiert als | |
eine Art Frühwarnsystem und Ausgleichsstelle für Konflikte und Kollisionen | |
in der Koalition der drei Parteien CDU, CSU und SPD. | |
Dass Friedrich Merz den Posten mit einem seiner engsten Vertrauten, nämlich | |
Thorsten Frei, besetzt, ist daher keine Überraschung. Merz selbst sprach | |
von „absolutem Vertrauen“ zu Frei, was diesen als Amtschef prädestiniere. | |
Merz will auch den neu geschaffenen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt | |
ansiedeln, was das Haus und seinen Leiter noch mächtiger macht. Der | |
52-jährige Jurist Frei managt bislang als Erster Parlamentarischer | |
Geschäftsführer die Unionsfraktion und kennt sich politisch in vielen | |
Themenfeldern aus. Im persönlichen Umgang ist er zuvorkommend und korrekt. | |
Selbst knallharte Forderungen, etwa die nach Abschaffung des individuellen | |
Grundrechts auf Asyl, kleidet er in freundliche Worte. Freis größtes Manko: | |
Seine Regierungserfahrung beschränkt sich bislang auf seine zweijährige | |
Position als Regierungsrat im Staatsministerium von Baden-Württemberg zu | |
Beginn der Nullerjährige und seine neunjährige Amtszeit als | |
Oberbürgermeister von Donaueschingen im Schwarzwald. Immerhin bringt er | |
damit noch deutlich mehr Verwaltungserfahrung mit als sein künftiger Chef. | |
Anna Lehmann | |
## Innenministerium: Gewiefter Stratege | |
Alexander Dobrindt ist derzeit das einzige wirkliche Schwergewicht der CSU | |
in Berlin. Kein Wunder also, dass Parteichef Markus Söder ihm schon im | |
Wahlkampf ein wichtiges Ministerium in der neuen Regierung in Aussicht | |
stellte – wenn er, Dobrindt, es denn wolle. Das allerdings schien | |
keinesfalls ausgemacht, denn seinen Job als Landesgruppenchef übte | |
Dobrindt die vergangenen Jahre mit sichtlich großem Vergnügen aus. Und | |
nachdem er schon einmal unter Kanzlerin Angela Merkel ein wenig | |
erfolgreiches Intermezzo im Bundeskabinett hatte, wird er sich den Schritt | |
gut überlegt haben. [1][Mautdebakel] und Abgasskandal – das sind die beiden | |
Schlagwörter, die von seiner Zeit als Verkehrsminister (2013 bis 2017) in | |
Erinnerung blieben. | |
Dobrindt fiel damals vor allem auch optisch durch seine karierten Anzüge | |
auf, von denen er sich jedoch längst verabschiedet hat. Nachdem die neue | |
Migrationspolitik, die die Union in der nächsten Regierung umsetzen will, | |
in starkem Maße die Handschrift Dobrindts trägt, hätte es der Politiker mit | |
dem Faible für zugespitzte Rhetorik kaum vermitteln können, wenn er das | |
zuständige Ressort nicht übernommen hätte. | |
Der Diplom-Soziologe gibt nach außen hin gerne den rechten Hardliner, wird | |
aber hinter den Kulissen als verbindlicher Gesprächspartner und gewiefter, | |
aber fairer Verhandler über die Parteigrenzen hinweg respektiert. So wird | |
dem 54-Jährigen aus dem oberbayerischen Peißenberg bescheinigt, mit seinem | |
diplomatischen Geschick einen gehörigen Anteil am Zustandekommen der | |
schwarz-roten Koalition gehabt zu haben. Dominik Baur | |
## Außenministerium: Merz-Soldat der leisen Töne | |
Mit Johann „Joe“ Wadephul besetzt die CDU seit knapp 60 Jahren erstmals | |
wieder das Außenministerium. Damit ist die Außenpolitik, die in | |
wesentlichen Teilen im Kanzleramt gemacht wird, gänzlich in der Hand der | |
CDU. Der „fast schon traditionelle Antagonismus“ zwischen Außen- und | |
Kanzleramt werde so beendet, sagte Wadephul jüngst in einem Interview. | |
Streitigkeiten wie zuletzt zwischen Außenministerin Annalena Baerbock | |
(Grüne) und SPD-Kanzler Olaf Scholz dürften also ausbleiben, aber auch das | |
Spiel mit verteilten Rollen, wie es die beiden durchaus auch praktizierten. | |
Das gilt umso mehr, weil Wadephul bereits seit längerem eng mit dem Kanzler | |
in spe Friedrich Merz zusammenarbeitet und als loyal gilt. | |
Ende vergangenen Jahres war er gemeinsam mit Merz in Kyjiw beim | |
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, einen Tag später trafen sie | |
den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Warschau, im Februar | |
reisten sie gemeinsam zur Münchener Sicherheitskonferenz. Der Auftritt von | |
US-Vizepräsisdent J.D. Vance schockierte die beiden überzeugten | |
Transatlantiker zutiefst. | |
In den letzten Wochen war Wadephul bereits in Europa unterwegs und traf die | |
jeweiligen Außenminister etwa in London und Paris. Im Tagesspiegel kündigte | |
er jüngst an, die neue Regierung wolle auch „noch einmal deutlich die Hand | |
in Richtung Budapest ausstrecken“. Wadephul gilt als überzeugter | |
Unterstützer der Ukraine, im Wahlkampf forderte er die Wiedereinführung der | |
Wehrpflicht. Als jüngst der designierte Fraktionschef Jens Spahn sich für | |
einen Umgang mit der AfD im Bundestag wie mit den anderen | |
Oppositionsparteien auch aussprach, stellte sich Wadephul hinter Spahn. | |
Joe Wadephul, 62, kommt aus Schleswig-Holstein, ist promovierter Jurist und | |
Oberstleutnant der Reserve, zuletzt war er als stellvertretender | |
Fraktionschef der Union für Außen- und Verteidigungspolitik zuständig. Er | |
hat sich als versierter Fachpolitiker auch jenseits der eigenen Fraktion | |
einen Namen gemacht. Öffentlich bekannt geworden ist der gebürtige | |
Nordfriese dadurch allerdings nicht, ohnehin ist er in der mitunter | |
lautstarken Riege der Unionspolitiker eher ein Typ der leiseren Töne; | |
unscheinbar, manche nennen ihn auch blass. Er kann mit Merz genauso wie mit | |
seinem Ministerpräsidenten Daniel Günther vom liberalen Flügel der CDU. | |
Wadephul startete seine politische Karriere in seinem Heimatland | |
Schleswig-Holstein, dort war er Vorsitzender der Jungen Union, später | |
Landes- und Fraktionschef, bis er 2009 in den Bundestag wechselte. Manche | |
im Norden warfen ihm damals vor, er fliehe auch vor seinem zerstrittenen | |
Landesverband, den er nicht zu einen vermochte. | |
Für Furore sorgte Wadephul im Februar, als er auf einen Fakeanruf von zwei | |
prorussischen Komikern reinfiel. Die gaben sich als Mitarbeiter von | |
Selenskyj aus und Wadephul plauderte mit ihnen 20 Minuten über den | |
Taurus-Marschflugkörper und den Wahlkampf. Sabine am Orde | |
## Wirtschaft: Die Rückkehrerin | |
Neue Bundeswirtschaftsministerin wird die Energiemanagerin Katherina | |
Reiche. Die aus Brandenburg stammende Christdemokratin ist Chefin von | |
„Westenergie“, der größten Tochter des Energiekonzerns Eon. Reiche, | |
Jahrgang 1973, bringt einiges an politischer Erfahrung mit. Sie war von | |
1998 bis 2015 Mitglied des Bundestags, von 2005 bis 2009 stellvertretende | |
Vorsitzende der Unionsfraktion. Ab 2009 war sie im Bundesumweltministerium | |
und ab 2013 im Bundesverkehrsministerium Staatssekretärin. Ihr Wechsel | |
direkt aus dieser Position an die Spitze des Verbands kommunaler | |
Unternehmen (VKU) im Jahr 2015 sorgte für Empörung – er fand kurz vor der | |
Einführung von Karenzzeiten für Regierungsmitglieder statt. Seit 2020 ist | |
Reiche bei „Westenergie“, einem der größten deutschen regionalen | |
Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter. Die Diplom-Chemikerin ist | |
seit 2020 auch Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats. Wasserstoff gilt | |
als Hoffnungsträger für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft. | |
Reiche gehört zum konservativen Flügel der CDU. Sie löste mit ihren | |
Äußerungen wiederholt Unmut aus. So hat sie sich gegen die Gleichstellung | |
von Lesben und Schwulen ausgesprochen. | |
Boulevardblätter berichteten kürzlich von einem gemeinsamen Auftritt der | |
Energielobbyistin mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU) und bezeichneten sie als „neue Frau“ an seiner Seite. | |
Anja Krüger | |
## Verkehr: Nicht nur Eifel-Straßen interessieren ihn | |
Bislang dürfte sein Name vor allem in der Eifel ein Begriff sein: Neuer | |
Verkehrsminister wird Patrick Schnieder. Der Christdemokrat ist seit 2009 | |
direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bitburg. Bei der | |
Bundestagswahl erzielte der Orgel- und Klavierspieler das beste | |
Erststimmenergebnis in Rheinland-Pfalz. In Berlin stand er bislang als | |
Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion hinter dem 1. | |
Parlamentarischen Geschäftsführer und dessen Stellvertreter in der dritten | |
Reihe. | |
Politisch groß geworden ist Schnieder in der Kommunalpolitik. Er war bis | |
2009 zehn Jahre lang Bürgermeister der Eifel-Gemeinde Arzfeld. Der Region | |
ist er nach wie vor stark verbunden. Zu den politischen Schwerpunkten des | |
56-Jährigen mit dem Logo „Stark für die Heimat. Stark für Berlin“ zählen | |
der Einsatz für den ländlichen Raum und eine leistungsfähige Infrastruktur. | |
Als künftiger Verkehrsminister wird er viel Geld aus dem | |
500-Milliarden-Finanzpaket verteilen können. Schnieder schreibt es seinem | |
Einsatz zu, dass der Bund die Zusage für den Lückenschluss der Autobahn A 1 | |
in der Eifel gegeben hat. Zu den wichtigen Infrastrukturprojekten gehört | |
seiner Auffassung nach der vierspurige Ausbau der A 60 von der belgischen | |
Grenze. Er setzt allerdings nicht nur auf die Straße, sondern auch auf den | |
Ausbau der Bahn. Wie erfolgreich der künftige Verkehrsminister ist, hängt | |
davon ab, ob und wie er die Krise der Deutschen Bahn in den Griff bekommt. | |
Anja Krüger | |
## Gesundheit: Die Unprätentiöse | |
Nachdem der bisherige Gesundheitsminister (studierter Mediziner und seit | |
über 20 Jahren Gesundheitspolitiker) sozusagen so was von vom Fach war, ist | |
die Neue so was von nicht vom Fach, dass sie bis vor Kurzem auch wirklich | |
gar niemand für dieses Amt auf dem Zettel hatte. | |
Nina Warken, 45, trat quasi direkt nach dem Abi der Jungen Union bei, | |
arbeitet als Anwältin und hat sich bisher vor allem als Innenpolitikerin | |
profiliert. Wenn sie sich mal zu Gesundheitspolitik geäußert hat, dann vor | |
allem, weil man als „in der Heimat tief verwurzelte“ Politikerin halt gegen | |
die Schließung von Krankenhäusern und Apotheken ist. Heimat ist in diesem | |
Fall Tauberbischofsheim – bei der Bundestagswahl holte sie hier die meisten | |
Stimmen aller baden-württembergischen Direktkandidat*innen. | |
Zuletzt war Warken als eine der Parlamentarischen | |
Geschäftsführer*innen der Unionsfraktion mit einer Fülle von Themen | |
beschäftigt. Als Generalsekretärin der CDU in Baden-Württemberg ist sie – | |
anders als andere – nicht als Scharfmacherin aufgefallen. Sie gilt als | |
unprätentiös und gut vernetzt, ist im Bundesvorstand der Frauen Union und | |
war stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union. Als die taz Anfang | |
des Jahres mit ihr über die Frauen in der CDU sprach, sagte sie: „Es wäre | |
schön, wir wären mutiger und dadurch wahrnehmbarer.“ Ein Gesundheitssystem | |
unter Druck und mitten im Reformprozess – Mut wird Nina Warken wirklich | |
brauchen. Manuela Heim und Sabine am Orde | |
## Bildung, Familie: Eine vom Fach | |
Karin Prien wird die erste jüdische Bundesministerin – und die erste | |
Bildungsministerin seit Längerem, die wirklich vom Fach ist. Ihre | |
Vorgängerinnen Anja Karliczek (CDU) und Bettina Stark-Watzinger (FDP) | |
traten das Amt vor allem mit guten Absichten an. Prien hingegen ist seit | |
2017 Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und leitet den Fachausschuss | |
Bildung, Forschung und Innovation in der Bundes-CDU. Prien, die auch eine | |
von fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden ist, verhandelte für die | |
Union die Bildungsvorhaben im Koalitionsvertrag mit aus. Wie wichtig ihr | |
zum Beispiel das Thema Chancengleichheit ist, hat sie in Schleswig-Holstein | |
mit einem [2][hochgelobten Programm für Brennpunktschulen] bewiesen. | |
Ein Selbstläufer wird das Amt aber nicht. Zum einen, weil Prien quasi die | |
Seiten wechselt: In der Vergangenheit hat die 59-Jährige oft mit scharfen | |
Worten die Interessen der Länder verteidigt, nun soll sie bundesweit | |
gestalten. Zum anderen ist Prien wegen des neuen Ressortzuschnitts auch für | |
Familie, Senioren, Jugend und Frauen zuständig – bislang ein eigenes Haus | |
mit eigener Ministerin. Der FAZ sagte Prien, sie sehe das erweiterte | |
Ministerium als Chance für ein „Gesellschaftsministerium, in dem alle | |
Themen rund um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, | |
Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind“. Ob | |
Frauen und Familie da noch angemessen vorkommen, wird Prien zeigen müssen. | |
Ralf Pauli und Patricia Hecht | |
## Digitalisierung: Der Saturn-Mann | |
Ein Löwe soll die Löwen zähmen: Digitalminister und damit zum Beispiel | |
zuständig für das Bändigen der Tech-Konzerne soll Tech-Konzern-Manager | |
Karsten Wildberger werden. Der 55-Jährige übernimmt das neu eingerichtete | |
[3][Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung]. Wildberger | |
ist bisher Vorstandschef des Düsseldorfer Ceconomy-Konzerns, zu dem neben | |
Mediamarkt und Saturn die Deutsche Technikberatung gehört. Außerdem ist er | |
Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Der promovierte | |
Physiker hatte schon Führungspositionen bei verschiedenen | |
Telekommunikationsunternehmen inne und war im Vorstand des Energiekonzerns | |
Eon unter anderem für Digitalisierung und IT zuständig. Er ist Vizechef des | |
Wirtschaftsrats der CDU, also des Lobbyverbands unionsnaher | |
Unternehmer*innen. | |
So viel ist sicher: Wildbergers digitales Zuhause liegt in den Chefetagen | |
der Industrie, nicht gerade bei den Aktivist*innen vom Chaos Computer | |
Club. Letztere hatten nach Bekanntwerden des Koalitionsvertrags von Union | |
und SPD kritisiert, die Parteien planten Massenüberwachung, etwa durch die | |
gerichtlich schon mal gekippte Vorratsdatenspeicherung. Der IT-Verband | |
Bitkom hingegen klingt optimistischer, gratuliert Wildberger zum neuen | |
Posten und wünscht ihm bei seinen Aufgaben bestmöglichen Erfolg. Susanne | |
Schwarz | |
## Forschung: Die Söder-Vertraute | |
Dorothee Bär ist erst 47 und doch schon eine der dienstältesten | |
Bundestagsabgeordneten der CSU. Seit 2002 sitzt sie im Parlament. Auch | |
Regierungserfahrung hat die Unterfränkin bereits – wenn auch ohne eigenes | |
Ministerium: Im letzten Kabinett Merkel war sie Staatsministerin im | |
Kanzleramt und Beauftragte für Digitales. Zuvor war sie Parlamentarische | |
Staatssekretärin im Verkehrsministerium von Alexander Dobrindt. | |
In ihrem Wahlkreis Bad Kissingen wurde die Politikerin mit Faible für | |
Flugtaxis diesmal sogar mit phänomenalen 50,5 Prozent der Erststimmen | |
wiedergewählt – und so zur bundesweiten Stimmenkönigin. Das allerdings | |
dürfte weniger an der herausragenden Beliebtheit der studierten Politologin | |
gelegen haben. Vielmehr profitierte sie davon, dass die AfD in Bad | |
Kissingen ihren Kandidaten nicht rechtzeitig aufstellte, was ihr | |
zusätzliche Prozentpunkte einbrachte. Neben dem Digitalen widmete sich Bär | |
als Abgeordnete vor allem den Themen Familie, Kultur und ländlicher Raum. | |
Jetzt darf sich die „Feministin vom Dorfe“ (Cicero) als Ministerin für | |
Forschung, Technologie und Raumfahrt beweisen. Dass Parteichef und | |
Hightech-Freak Markus Söder der bekanntesten Bundespolitikerin der CSU so | |
die Zuständigkeit ausgerechnet über sein Leib-und-Magen-Thema übergibt, | |
zeigt, dass die Personalie nicht nur der Frauenquote geschuldet sein | |
dürfte. Dominik Baur | |
## Landwirtschaft: Leberkäs statt Tofu | |
Nach dem Vegetarier ein Schlachter: Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alois | |
Rainer soll Nachfolger des Grünen Cem Özdemir als Agrarminister werden. | |
„Jetzt gibt es wieder Leberkäs statt Tofutümelei“, kündigte CSU-Chef Mar… | |
Söder am Montag an. Die Personalie passt zum Koalitionsvertrag. Denn darin | |
erwähnen CDU/CSU und SPD noch nicht einmal, dass die Menschen in | |
Deutschland Experten zufolge im Schnitt mehr Fleisch essen, als Gesundheit | |
und Klima vertragen. Aber die Landwirtschaft generiert mit Tieren den | |
meisten Umsatz. Deshalb wird es viele Bauern freuen, dass nun ein Minister | |
für sie zuständig sein wird, der sein Geld auch damit verdient hat, Fleisch | |
zu verkaufen. „Als Metzgermeister führe ich seit mehr als drei Jahrzehnten | |
einen Gasthof mit Metzgerei“, schreibt Rainer auf [4][seiner | |
Internetseite]. | |
Der 60-jährige Niederbayer hat auch etwas Stallgeruch: [5][Sein Vater hatte | |
ebenfalls eine Landwirtschaft]. Ansonsten ist Rainers Agrarexpertise aber | |
begrenzt. Im Bundestag war er zuletzt Finanzpolitiker. | |
Sein berufliches Fundament hat Rainer geerbt: Das Unternehmen bekam er vom | |
Vater, der war wie sein Sohn [6][Bürgermeister der Gemeinde Haibach] und | |
später [7][Bundestagsabgeordneter] der CSU. In der Partei war auch schon | |
Rainers ältere Schwester [8][Gerda Hasselfeldt] etabliert – zum Beispiel | |
als Bundesministerin für Bauwesen und später Gesundheit. Jost Maurin | |
## Sport und Ehrenamt: Die zweite Ostdeutsche | |
In der CDU Sachsen fiel sie 2023 als Vize-Landesvorsitzende trotz | |
Unterstützung des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer wegen allgemeiner | |
Unzufriedenheit mit dem Landesvorstand und auch wegen des Widerstands der | |
Frauen Union durch – nun wird sie eine von zwei Ostdeutschen im Kabinett | |
Merz, als Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein, | |
43, Kreisvorsitzende der CDU Nordsachsen, hat in den letzten Jahren | |
durchaus eine steile Karriere hingelegt. Sie zog 2019 in den Dresdner | |
Landtag ein, kam 2021 in den Bundestag. Zuletzt war Schenderlein | |
kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag und leitete die | |
Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Kultur und Medien. | |
Was sie für den Job qualifiziert, wird zumindest aus der Biografie der | |
promovierten Politikwissenschaftlerin und Kommunikationsberaterin nicht | |
klar. Sie war Büroleiterin diverser Bundestags- und Landtagsabgeordneter | |
und arbeitete bis 2019 als Kommunikationsberaterin bei einer Leipziger | |
Beratungsfirma. Sportpolitik war bisher offenkundig nicht ihr Steckenpferd. | |
Das muss allerdings nicht zwingend schlecht sein – zu große Nähe zu den | |
Sportverbänden kann ja auch problematisch sein. Vor diesem Hintergrund wird | |
sicher interessant, wie sie sich in den verschiedenen Feldern etwa bei der | |
Spitzensportförderung oder auch Bewerbungen für Sport-Großereignisse | |
positioniert. Sympathiepunkte sammelte sie aus linker Sicht nicht gerade, | |
als sie zuletzt als medienpolitische Sprecherin der CDU völlig okay fand, | |
[9][Medien und NGOs mit raunender Verschwörungsideologie zu diffamieren]. | |
Gareth Joswig | |
28 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Verkehrsminister-Alexander-Dobrindt/!5029791 | |
[2] /Chancenstartprogramm-und-Schulfoerderung/!5930943 | |
[3] /Media-Markt-Chef-wird-Digitalminister/!6082072 | |
[4] https://www.alois-rainer.com/index.cfm?resid=0&res=1024&sid=2&s… | |
[5] https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/alois-… | |
[6] https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/alois-… | |
[7] https://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/0412/dokumente/datenhandbuch/24… | |
[8] https://www.bundestag.de/webarchiv/abgeordnete/biografien18/H/hasselfeldt_g… | |
[9] https://www.deutschlandfunk.de/christiane-schenderlein-zur-ngo-und-medienha… | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
Sabine am Orde | |
Anja Krüger | |
Jost Maurin | |
Susanne Schwarz | |
Manuela Heim | |
Patricia Hecht | |
Ralf Pauli | |
Gareth Joswig | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Bundesregierung | |
Friedrich Merz | |
CDU/CSU | |
Alexander Dobrindt | |
Dorothee Bär | |
Innenminister | |
Kabinett | |
Regierungsbildung | |
GNS | |
Schwarz-rote Koalition | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Longread | |
Neue Bundesregierung | |
Neue Bundesregierung | |
Bundesregierung | |
wochentaz | |
Fleisch | |
Ministerin | |
Frauenquote | |
Friedrich Merz | |
Schwarz-rote Koalition | |
Regierungsbildung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Virologe Hendrick Streeck ist zurück: Warum nicht auch Drogenbeauftragter? | |
Der Virologe Hendrik Streeck soll Sucht- und Drogenbeauftragter der | |
Bundesregierung werden. Was er von Cannabis hält, hat er bereits deutlich | |
gemacht. | |
Karsten Wildberger: Neuer Digitalminister gibt Lobbyposten ab | |
Karsten Wildberger ist nicht mehr Vizepräsident des Handelsverbandes HDE | |
und des CDU-nahen Wirtschaftsrats. Trotzdem Kritik an | |
Interessenkollisionen. | |
Sozialdemokrat:innen im Kabinett: Die neun Neuen der SPD | |
Am Tag vor der Kanzlerwahl hat auch die SPD ihre Kabinettsmitglieder | |
benannt. Die Minister*innen und Beauftragten im Porträt. | |
Dobrindt als Bundesinnenminister: Anheizer. Analytiker. Alexander | |
Er ist einer der Köpfe der „Migrationswende“, mit der die Union Wahlkampf | |
machte. Als Bundesinnenminister soll Alexander Dobrindt sie umsetzen. | |
Besonders klimaschädliche Lebensmittel: Neuer Agrarminister Rainer gegen höhe… | |
Umweltschützer kritisieren den CSU-Politiker Alois Rainer: Selbst der | |
Bauernverband habe einer leichten Erhöhung der Mehrwertsteuer zugestimmt. | |
Das Ende des Frauenministeriums: Frauen nicht mehr mitgedacht | |
Merz legt das Bildungsministerium mit dem Ministerium für Familie, | |
Senioren, Frauen und Jugend zusammen. Für die Frauenrechte verheißt das | |
nichts Gutes. | |
Mehr Frauen in Aufsichtsräten: Initiative wertet Quote nach zehn Jahren als Er… | |
Die Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ zieht Bilanz: In | |
Aufsichtsräten und Vorständen großer Unternehmen sitzen so viele Frauen wie | |
nie zuvor. | |
Kabinettsliste der Union: Gefährliche Personalauswahl | |
Trotz immerhin vier Frauen: Das Kabinett der Union ist wenig divers – und | |
der neue rechte Kulturstaatsminister Weimer sendet ein verheerendes Signal. | |
Media-Markt-Chef wird Digitalminister: Merz’ Mann gegen das Faxgerät | |
Endlich ein Digitalministerium. Bleibt nur zu hoffen, dass Karsten | |
Wildberger unter Digitalisierung mehr versteht, als nur Kabel zu verlegen. | |
Union stimmt für Koalitionsvertrag: Ein zartes Grummeln | |
Wie erwartet stimmt der CDU-Bundesausschuss für die Annahme des | |
Koalitionsvertrags mit der SPD. Arbeitnehmerflügel entrüstet über das | |
Personaltableau. |