| # taz.de -- Media-Markt-Chef wird Digitalminister: Merz’ Mann gegen das Faxge… | |
| > Endlich ein Digitalministerium. Bleibt nur zu hoffen, dass Karsten | |
| > Wildberger unter Digitalisierung mehr versteht, als nur Kabel zu | |
| > verlegen. | |
| Bild: Der neue Digitalminister: Karsten Wildberger | |
| Was ist das eigentlich – Digitalisierung? Gar nicht so einfach zu | |
| beantworten. Formulare, die man zwar am Computer ausfüllen kann, aber dann | |
| doch ausdrucken und einwerfen muss? Dazu eine Prise Blockchain und | |
| künstliche Intelligenz? | |
| Die vergangenen Bundesregierungen jedenfalls haben Digitalisierung in | |
| weiten Bereichen als Infrastrukturprojekt gesehen: Hier ein paar Kabel | |
| verlegen, dort eine Handvoll Mobilfunkmasten aufstellen, immer schön die | |
| Geschwindigkeiten messen und vergleichen und zwischendrin noch ein Flugtaxi | |
| taufen. Letzteres hat zwar mit Digitalisierung nix zu tun, wirkt aber so | |
| schön innovativ und modern. Und außerdem war das Thema ja bisher ans | |
| Verkehrs- beziehungsweise Infrastrukturressort angedockt. | |
| Die schwarz-rote Koalition macht es ein wenig anders: Es gibt ein eigenes | |
| Digitalministerium, na ja, zumindest weitgehend. Und, [1][wie am Montag | |
| verkündet wurde], dazu einen Minister, einen mit intensivem | |
| Wirtschaftshintergrund: Eon, T-Mobile, Boston Consulting, Mediamarkt-Saturn | |
| – bei Letzterem zeichnet sich Karsten Wildberger zuständig für einen | |
| umfangreichen Unternehmensumbau, auch hin zu mehr Digitalisierung. | |
| ## Wohl eher kein DOGE-Ministerium | |
| Unwahrscheinlich zwar, dass es in Deutschland zu Doge-Verhältnissen kommt, | |
| so wie Elon Musk mit seinem Beraterposten für die US-Regierung die dortigen | |
| öffentlichen Institutionen in Stücke zerhaut. Aber trotzdem: Jemanden mit | |
| so klarer Wirtschaftsperspektive in das Ministerium zu holen, ist nicht nur | |
| eine inhaltliche Entscheidung, sondern auch ein Statement. | |
| Dazu kommt: Wie immer im Digitalen ist auch bei diesem Ministerium nicht | |
| unbedingt das entscheidend, was groß tituliert wird – sondern das | |
| Kleingedruckte. Bei Ministerien sind das die weiteren Themengebiete, für | |
| die sie zuständig sind. Als das Digitale mit Verkehr/Infrastruktur | |
| zusammengefasst wurde, sind Kabel und Flugtaxis bei rausgekommen. Setzt man | |
| diese Logik fort, wäre Digitales bei Verbraucherschutz mal eine Idee. Dann | |
| würde die Digitalisierung vielleicht endlich mal von denen her gedacht | |
| werden, die sie am Ende ausbaden müssen: den Nutzer:innen. | |
| Doch nun hat der Minister die „Staatsmodernisierung“ dazubekommen. Und das | |
| klingt dann doch leider, als sollte KI auf Faxgeräte geworfen werden. Wobei | |
| – die darf es gar nicht mehr geben, das hatte SPD-Chef Lars Klingbeil bei | |
| der Vorstellung des Koalitionsvertrags schon betont. Als ob das Faxgerät | |
| schuld daran wäre, dass es um die Digitalisierung in Deutschland so steht, | |
| wie es steht. | |
| ## Digitalisierung mit der Brechstange? | |
| Jedenfalls wird voraussichtlich Folgendes passieren: Digitale Abläufe | |
| werden über bislang analoge oder halbdigitale gestülpt werden. | |
| Im besten Fall wird das immerhin durchgedacht. Dann gibt es vorher eine | |
| Bestandsaufnahme, die Betroffenen und Expert:innen werden mit | |
| einbezogen. Und hinterher gibt es eine Software, die open source ist, und | |
| einen Workflow, der wirklich Arbeit spart und so Ressourcen freiräumt, die | |
| Beschäftigte dann für anderes nutzen können. Verwaltungshandeln wird in | |
| diesem positiven Szenario transparent, die Dienste sind barrierefrei | |
| zugänglich und die Bürger:innen freuen sich, wenn sie nicht mehr drei | |
| Monate auf einen Termin mit der Behörde warten müssen für einen zwei | |
| Minuten dauernden Verwaltungsakt. | |
| Im schlechteren Fall passiert das, was sich aktuell abzeichnet: | |
| Digitalisierung mit der Brechstange. Digitalisierung ist dann Mittel zum | |
| Zweck von Kürzungen, weil Abläufe angeblich viel effizienter geworden sind. | |
| In so einem Fall geht zwar mehr online, aber hinter den Kulissen nichts | |
| schneller oder einfacher, und wer mit Smartphone, Laptop und den | |
| Onlinefunktionen des Personalausweises nicht so firm ist, hat ohnehin das | |
| Nachsehen. | |
| ## Viel digitales Holz | |
| Dabei gibt es im Digitalbereich [2][haufenweise zu tun]. Eine Auswahl der | |
| Probleme: die Übermacht der US-Tech-Konzerne und deren desaströse | |
| Auswirkungen auf Demokratie, Zusammenleben und Privatsphäre. Die Umsetzung | |
| von EU-Gesetzgebungen wie der zu künstlicher Intelligenz, dem AI Act. Die | |
| zunehmende [3][staatliche Überwachung von Bürger:innen] bei | |
| gleichzeitigem Ignorieren von Transparenz, was den Einblick in staatliches | |
| Handeln angeht. Die Abhängigkeit Deutschlands von US-Software-Anbietern | |
| auch und gerade bei staatlichen Stellen. Die verbesserungswürdige | |
| Klimabilanz von digitalen Produkten und Dienstleistungen. | |
| Es gibt also genug Probleme, und die Messlatte liegt, Grüße an die | |
| Vorgänger, nicht gerade hoch. Wenn der Neue es schafft, auf | |
| Verbraucherschutz zu achten, die kluge Zivilgesellschaft beteiligt, das | |
| Gemeinwohl nicht aus den Augen verliert und Flugtaxis ignoriert – dann | |
| könnte das schon ein Gewinn sein. | |
| 28 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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