# taz.de -- Tschernobyl: 30 Jahre danach: Noch lange nicht gelaufen | |
> Trotz der Entscheidung der Bundesregierung, die AKWs abzuschalten, gibt | |
> es keinen Grund, sich zurück zu lehnen. Denn viele Fragen sind noch | |
> offen. | |
Bild: Protest von Atomkraftgegnern am 17. April 2016 im bayerischen Niederaichb… | |
Das Jahr 2016 ist zum Gedenken prädestiniert. Europa hält inne und erinnert | |
sich aus Anlass des 30. Jahrestages des Reaktorunfalls in Tschernobyl an | |
die Betroffenen und Folgen dieser Katastrophe. Und auch die Katastrophe in | |
Fukushima bietet den Anlass, zurückzuschauen. | |
Fünf Jahre ist es her, dass Fukushima die Haltung von Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel zur Kernenergie veränderte und der Ausstieg aus dem Ausstieg | |
aus dem Ausstieg beschlossen wurde. Sechs Jahre dauert es noch, bis in | |
Deutschland das letzte kommerzielle Kernkraftwerk vom Netz gehen soll. Im | |
Deutschen Bundestag klopft man sich hierfür in diesem gedenkträchtigen | |
Monat ausnahmsweise einmal überparteilich auf die Schultern. | |
Wir leben mit unserem Atomausstieg in einer beträchtlichen Blase. Doch vor | |
dieser Blase macht Strahlung genau so wenig Halt wie vor Ländergrenzen. Zu | |
Recht wird in Deutschland seit den Anschlägen in Brüssel am 22. März dieses | |
Jahres vermehrt nach der Sicherheit der AKWs in den Nachbarstaaten gefragt. | |
Dabei lohnt es sich auch ohne akute Terrordrohungen, nachzuforschen, wie es | |
um die alten Meiler steht. Das wurde erst kürzlich am Beispiel des ältesten | |
französischen Kernkraftwerks Fessenheim deutlich, wo 2014 ein Störfall um | |
einiges harmloser in die Bücher eingegangen ist, als er tatsächlich war. | |
## Neues AKW in Astravyets | |
Sollte es uns beunruhigen, dass in Weißrussland, wo die Folgen Tschernobyls | |
nach wie vor gravierend sind, mit russischem Know-how in Astravyets ein | |
neues Atomkraftwerk gebaut wird? Die Wahrscheinlichkeit eines weiteren GAU | |
wird dadurch bei 440 weltweit laufenden Kernkraftwerken jedenfalls nicht | |
wesentlich höher. | |
Viel mehr Sorgen bereiten sollten uns die reellen Katastrophen in der | |
Wertschöpfungskette der nuklearen Energie. Der Uranabbau, der vor allem im | |
globalen Süden stattfindet, ist ein Dauer-GAU für Mensch und Umwelt. | |
Chemikalien und Strahlung verseuchen die Ökosysteme. Viele Menschen | |
arbeiten ohne Gefahrenaufklärung ungeschützt in illegalen Minen. | |
Diese Zustände haben wir in Deutschland auch nach unserem „Atomausstieg“ | |
mitzuverantworten. Uran aus Namibia, Usbekistan, Kasachstan und Russland | |
wird im Hamburger Hafen umgeschlagen. Zehn Prozent des weltweit genutzten | |
Urans wird im westfälischen Gronau angereichert und im niedersächsischen | |
Lingen werden Brennelemente für Kernkraftwerke hergestellt – ebenfalls mit | |
einem zehnprozentigen Weltmarktanteil. | |
Ist es angesichts dieser Fakten nicht vermessen, von einem Atomausstieg zu | |
sprechen? Und wie gehen der Rückbau und die Entsorgung vonstatten und wer | |
zahlt dafür – alles Fragen, auf die die Regierung noch keine Antwort | |
gefunden hat. Die deutsche Anti-Atomkraft-Bewegung soll 30 Jahre nach | |
Tschernobyl ruhig kurz innehalten. Aber nur, um Luft zu holen. | |
27 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Leonie Sontheimer | |
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