# taz.de -- Studie zum deutschen AKW-Ausstieg: Das Licht bleibt an | |
> Trotz des Atomausstiegs steht es gut um die deutsche Energieversorgung. | |
> Im internationalen Vergleich gibt es hier mit die wenigsten Netzausfälle. | |
Bild: Bis 2022 sollen Deutschlands AKWs vom Netz gehen | |
Freiburg taz | Was hat die Atomwirtschaft nach der Fukushima-Wende | |
gezetert: Blackouts in Sicht, die Versorgungssicherheit in Deutschland | |
werde leiden. Fünf Jahre später haben nun Strommarktexperten der Berliner | |
Beratungsfirma Energy Brainpool im Auftrag des Ökostromanbieters Greenpeace | |
Energy die Zahlen aufbereitet. Und siehe da: „Trotz Kernenergieausstieg und | |
Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien“, so die Kurzstudie, bestehe | |
„ein weiterhin hohes und von der Tendenz sogar steigendes Maß an | |
Versorgungssicherheit“. Das Papier liegt der taz vor, es soll am heutigen | |
Montag veröffentlicht werden. | |
Die Marktanalysten stützen ihr Urteil auf drei Indikatoren: die | |
Ausfallzeiten der Stromversorgung, die Menge an gesicherter | |
Erzeugungsleistung im Vergleich zur maximalen Nachfrage und den Bedarf an | |
Regelleistung. Am einfachsten zu bewerten sind die Netzausfallzeiten, die | |
international durch den sogenannten Saidi (System Average Interruption | |
Duration Index) dokumentiert werden. Für Deutschland wird dieser Index | |
jährlich von der Bundesnetzagentur veröffentlicht. 2014 lag der Ausfall bei | |
gut zwölf Minuten – und damit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der | |
Statistik im Jahr 2006. Vor zehn Jahren waren es noch mehr als 21 Minuten | |
gewesen. | |
Im internationalen Vergleich steht Deutschland damit wie die Schweiz und | |
Dänemark blendend da. Verbraucher in anderen großen europäischen Ländern | |
wie etwa Frankreich und Großbritannien müssen im Mittel rund eine Stunde | |
pro Jahr ohne Strom auskommen. Maßgeblich für die Versorgungssicherheit ist | |
also nicht der Anteil einer bestimmten Erzeugungstechnologie, sondern | |
vielmehr die Erzeugungs‑ und Netzsituation insgesamt. Frankreich ist mit | |
seinem hohen Atomstromanteil von rund 80 Prozent und fünfmal so vielen | |
Netzausfällen wie Deutschland dafür ein gutes Beispiel. | |
Sollte der 2015er-Wert für Deutschland gegenüber dem Vorjahr wieder etwas | |
ansteigen (er wird in den nächsten Wochen publiziert), hat dies übrigens | |
auch nichts mit dem Strommix zu tun. Vielmehr hatten in Süddeutschland | |
zahlreiche Netzbetreiber durch extreme Trockenheit (und die daraus | |
resultierenden Erwärmungen und mechanischen Spannungen im Untergrund) | |
Probleme mit Erdkabeln ihres Mittelspannungsnetzes. | |
## 10 Gigawatt höher als die maximale Nachfrage | |
Eine wichtige Voraussetzung für hohe Versorgungssicherheit ist die | |
Verfügbarkeit ausreichender Kraftwerkskapazitäten. Die werde es auch nach | |
der Abschaltung der Atomreaktoren selbst bei Spitzennachfrage ausreichend | |
geben, bilanziert die Studie. Laut Daten des Wirtschaftsministeriums von | |
2014 verfügt Deutschland über eine gesicherte Leistung, die um 10 Gigawatt | |
höher liegt als die maximale Nachfrage. | |
Als dritte Messgröße betrachten die Analysten den Bedarf an Regelleistung, | |
also an flexiblen Erzeugern und Verbrauchern. Und auch der ist nicht | |
gestiegen – im Gegenteil: Die Auswertungen zeigten, dass seit dem | |
Atomkraftausstieg „die Netzbetreiber durchschnittlich weniger Regelleistung | |
benötigten, um das Netz stabil betreiben zu können“. | |
Das liege zum Beispiel am optimierten Stromhandel durch kurzfristigere | |
Kontrakte, habe also auch nichts mit dem Erzeugungsmix zu tun. „Die | |
gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung der europäischen AKW‑Lobby, die | |
Atomkraft würde eine besonders stabile Stromversorgung gewährleisten“, sagt | |
Sönke Tangermann von Greenpeace Energy, „hat keine fundierte Grundlage.“ | |
5 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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