# taz.de -- Mögliches Ende der Urananlage in Gronau: Feines Signal | |
> Umweltministerin Hendricks kann sich vorstellen, die Urananreicherung in | |
> Gronau zu beenden. Was mit dem Abfall geschieht, ist weiterhin unklar. | |
Bild: Die umstrittene Anlage in Gronau | |
GÖTTINGEN taz | Der andauernde Widerstand gegen den Betrieb der | |
Urananreicherungsanlage Gronau trägt Früchte. Bundesumweltministerin | |
Barbara Hendricks will sich für die Stilllegung der umstrittenen Fabrik in | |
Westfalen einsetzen. Das signalisierte die SPD-Politikerin in einem Brief | |
an ihren Düsseldorfer Amtskollegen Johannes Remmel (Grüne), den die | |
Rheinische Post zitiert. Zuletzt hatte Hendricks noch erklärt, trotz des | |
Atomausstiegs an der Urananreicherung festzuhalten. Atomkritiker hoffen, | |
dass nun eine wichtige Hürde überwunden ist. | |
Erst im Juni hatte die Umweltministerkonferenz der Länder die | |
Bundesregierung aufgefordert, die Atomanlage zu schließen. Weil sie nicht | |
ins Atomausstiegsgesetz einbezogen ist, wird sie wie ein normales | |
Unternehmen behandelt – die Landesregierung könnte sie nur schließen, wenn | |
es betriebsbedingte Mängel gäbe. Vorstöße der Länder, das zu ändern, | |
scheiterten an der Bundesregierung. | |
Dort gebe es noch keine gemeinsame Position, so Hendricks. | |
„Nichtsdestotrotz“ sei sie „vor dem Hintergrund Ihrer sehr nachdrücklich… | |
Forderung gerne bereit, die Möglichkeit einer neuen politischen Einigung zu | |
einer Stilllegung der Anlage in Gronau innerhalb der Bundesregierung und | |
mit dem Koalitionspartner zu erörtern“. Zunächst müsse ihr Haus aber über | |
die genauen Vorstellungen Nordrhein-Westfalens informiert werden. | |
Im rot-grünen Düsseldorfer Koalitionsvertrag ist die Stilllegung Gronaus | |
als Ziel festgeschrieben. Doch in NRW ist das Wirtschaftsministerium für | |
die Aufsicht und den Betrieb der Anlage zuständig. Und Minister Garrelt | |
Duin (SPD) zögert, er gilt als eher atomfreundlich. | |
## Kunden aus aller Welt | |
Die Urananreicherungsanlage läuft seit 1985 und hat eine unbefristete | |
Betriebsgenehmigung. Natururan besteht nur zu 0,7 Prozent aus dem | |
spaltbaren Uranisotop 235U. In Gronau wird sein Anteil auf drei bis vier | |
Prozent erhöht. Das Ergebnis nutzen AKW-Betreiber für Brennelemente. Noch | |
höher angereichertes Uran kann zum Bau von Atombomben genutzt werden. | |
Die Betreiberfirma Urenco gehört zu je einem Drittel der britischen und der | |
niederländischen Regierung, zu je einem Sechstel den deutschen | |
Energiekonzernen RWE und Eon. Kunden sind Energiekonzerne aus aller Welt. | |
Bis 2011 zählte auch der Fukushima-Betreiber Tepco dazu. Und jetzt noch | |
erhält der belgische Eigentümer der Schrottreaktoren Tihange und Doel, | |
Electrabel, über eine zwischengeschaltete Firma frischen Brennstoff aus | |
Westfalen. Sollte die Fabrik in Gronau geschlossen werden, würden wohl | |
zunächst die nahezu baugleichen Urananreicherungsanlagen der Urenco in den | |
Niederlanden, Großbritannien und den USA einspringen. | |
Offen ist, was mit dem abgereicherten Uran passiert, das durch den Betrieb | |
anfällt. Jährlich entstehen hier rund 6.000 bis 7.000 Tonnen Atommüll, für | |
den es bislang keine Entsorgungsmöglichkeit gibt. Erst letztes Jahr | |
erkannte die Bundesregierung an, dass diese radioaktiven Abfälle überhaupt | |
existieren. Urenco will noch in diesem Jahr auf dem Betriebsgelände eine | |
neue Lagerhalle für 60.000 Tonnen Uranmüll eröffnen. Die Lagerung soll | |
ebenfalls unbefristet erfolgen. Atomkraftgegner warnen, hier entstehe ein | |
oberirdisches, also besonders unsicheres Endlager. Eine Deponie unter | |
freiem Himmel wird bereits seit Betriebsbeginn mit Abfällen bestückt. | |
Udo Buchholz, Aktivist vor Ort und Vorstandsmitglied im Bundesverband | |
Bürgerinitiativen Umweltschutz, sieht nach dem Brief von Hendricks die | |
Landesregierung in der Pflicht. Sie müsse sofort beginnen, die Stilllegung | |
von Gronau vorzubereiten. Um keine neuen Fakten zu schaffen, dürfe auch die | |
neue Uranmülllagerhalle nicht in Betrieb gehen. Die Antiatominitiativen | |
wollen jedenfalls den Druck aufrechterhalten. Am heutigen Samstag macht | |
eine Friedensradtour vor der Urananreicherungsanlage Station. | |
29 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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