| # taz.de -- Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee | |
| > Er ist der Kopf eines bundesweiten Untergrundnetzwerkes – mit besten | |
| > Verbindungen in deutsche Behörden. | |
| Bild: Was passiert alles im Dunkeln der Bundeswehr? | |
| Berlin taz | Am 13. September 2017, einem Mittwoch, bekommt André S. in | |
| Sindelfingen Besuch vom Geheimdienst der Bundeswehr. Mal wieder. S. ist | |
| Soldat beim Kommando Spezialkräfte in Baden-Württemberg. Er gehört zu den | |
| am besten ausgebildeten Soldaten der Bundeswehr, ein Elitekämpfer. Der | |
| Mann, der ihn besucht, ist ein Oberstleutnant des Militärischen | |
| Abschirmdiensts. Er ist gekommen, um S. über rechtsextreme Tendenzen in | |
| seiner Kompanie zu befragen. | |
| Für S. ist das kein ungewöhnlicher Termin. Seit Längerem schon trifft er | |
| sich regelmäßig mit dem MAD. Die Aufgabe des Nachrichtendiensts der | |
| Bundeswehr ist es, extremistische Entwicklungen innerhalb der Armee zu | |
| erkennen und zu verhindern. Der MAD nennt S. eine „Auskunftsperson“. | |
| An diesem Tag im September bekommt S. für seine Auskünfte offenbar etwas | |
| zurück: Der MAD-Mann berichtet ihm wohl von Ermittlungen des | |
| Generalbundesanwalts gegen ein geheimes Netzwerk von Männern, die geplant | |
| haben sollen, Politiker und Aktivisten aus dem linken Spektrum zu töten. | |
| Die Bundesanwaltschaft sieht darin die Vorbereitung einer schweren, | |
| staatsgefährdenden Gewalttat – Terror also. | |
| Von den Razzien, die es kurz zuvor in Norddeutschland gegeben hat, weiß | |
| André S. zu diesem Zeitpunkt bereits. An diesem 13. September soll er aber | |
| erfahren haben, dass weitere Durchsuchungen und Befragungen kurz | |
| bevorstehen. So steht es in einer Anklageschrift des Amtsgerichts Köln, das | |
| zurzeit einen Prozess gegen den MAD-Mitarbeiter wegen Verletzung des | |
| Dienstgeheimnisses führt. | |
| ## Prepper und eingewecktes Gemüse | |
| Denn: André S. soll dadurch gewarnt worden sein. Und S. ist niemand | |
| Geringeres als der Kopf eines bundesweiten Netzwerks, das im Zentrum | |
| weitreichender Ermittlungen steht. Sein Deckname ist Hannibal. | |
| Seit einem Jahr recherchiert ein Team der taz zu der Frage: Gibt es ein | |
| rechtes Untergrundnetzwerk in Deutschland, in dem sich Regierungsgegner | |
| vernetzen, radikalisieren und gezielt auf bewaffnete Kämpfe vorbereiten? | |
| Gibt es ein Netzwerk, das hineinreicht in deutsche Behörden, in | |
| Verfassungsschutzämter und bis in die oberen Etagen der Bundeswehr? | |
| Dabei stießen wir auf [1][Prepper, die sich mit eingewecktem Gemüse | |
| versorgten], recherchierten zu Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, deren | |
| Beamte zunächst glaubten, Rechtsterroristen in Norddeutschland gefunden zu | |
| haben. Wir lasen geheime Telegram-Chats und redeten mit Männern, die zwar | |
| bei rechtsextremen Verlagen Bücher bestellten, aber ihre völkische | |
| Gesinnung nicht für bedenklich hielten. | |
| Als wir im Dezember 2017 [2][den ersten größeren Text über das „Kommando | |
| Heimatschutz“ veröffentlichten], wussten wir noch nicht, wer sich hinter | |
| dem Pseudonym Hannibal verbarg. Hannibal, sagte uns jemand, sei der | |
| Administrator eines bundesweiten Chatnetzwerks sogenannter Prepper. Wir | |
| fragten uns damals: Ist es denkbar, dass Hannibal Mitglied der Bundeswehr | |
| ist und direkt aus der Bundeswehr heraus ein Untergrundnetzwerk | |
| mitaufgebaut hat? | |
| ## Wir kennen Hannibals Namen | |
| Heute kennen wir Hannibals vollen Namen. André S., geboren 1985 in Halle an | |
| der Saale, ist Mitglied des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr in Calw. | |
| Er ist Gründer und Vorsitzender eines Vereins mit Postadresse in Dormagen, | |
| Nordrhein-Westfalen, in dem sich Elitekämpfer organisieren. Aus Gründen des | |
| Persönlichkeitsschutzes kürzen wir seinen Nachnamen ab. | |
| Nach einem Jahr fügt sich aus unseren Recherchen ein Bild, das keinen | |
| anderen Schluss zulässt: Überall in Deutschland, auch in Österreich und der | |
| Schweiz, haben sich Gruppen formiert, die daran arbeiten, einen eigenen | |
| Staat im Staate aufzubauen. Mitglieder in diesen Gruppen sind Polizisten | |
| und Soldaten, Reservisten, Beamte und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, | |
| die unter konspirativen Bedingungen einen Plan hegen: Wenn sie die Zeichen | |
| sehen, wenn „Tag X“ da ist, wollen sie zu den Waffen greifen. | |
| Manche ihrer Pläne sind erschreckend konkret. Der Focus schreibt von einer | |
| „Untergrundarmee“. Wie ein Netz sind die Gruppen miteinander verbunden. | |
| Unsere Recherchen ergeben, dass die einzelnen Fäden immer wieder zu einer | |
| Person führen: Hannibal. | |
| Wer ist dieser Hannibal? Wie kann es sein, dass administriert vom Gelände | |
| der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw bundesweit extremistische Zellen | |
| entstehen? Und wie kann es sein, dass der MAD Hannibal sogar noch warnt? | |
| ## Misstrauen an den Staatsdienern | |
| Ende August 2017. Der Generalbundesanwalt lässt in Mecklenburg-Vorpommern | |
| Wohnhäuser und Büros durchsuchen. Unter anderem von einem Anwalt und einem | |
| Kriminalpolizisten. Der Vorwurf: Sie sollen sich verabredet haben, an einem | |
| „Tag X“ Politiker und Menschen aus dem linken Spektrum festzusetzen oder zu | |
| liquidieren. Die Ermittlungen dauern an. | |
| Das Besondere damals ist: Die Staatsanwälte der Bundesanwaltschaft | |
| misstrauen den Staatsdienern im Norden. Landespolizisten werden nicht | |
| einbezogen. Selbst der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns wird erst | |
| unmittelbar vor den Razzien informiert. Denn der verdächtige Anwalt und der | |
| Polizist agierten nicht allein. Sie weihten in ihre Pläne unter anderem | |
| einen SEK-Polizisten und einen ehemaligen Soldaten ein, der damals noch | |
| einer Reservistenkompanie vorstand, die sich auf einen Einsatz beim | |
| G20-Gipfel in Hamburg vorbereitete. | |
| Diese Männer sind Teil einer größeren Gruppe, die sich auf Katastrophen | |
| vorbereitet, Stromausfälle, Stürme und Nahrungsmittelknappheit, auf | |
| Momente, in denen der Staat seine Bürger nicht mehr versorgen kann. Sie | |
| organisieren sich in mehreren Chatgruppen in Norddeutschland. Eine von | |
| ihnen heißt Nordkreuz, eine heißt Nord.Com, mal geht es darin um | |
| Impfstoffknappheit, mal um Truppenbewegungen in Osteuropa. | |
| Eine dritte Gruppe heißt Nord. Es ist Hannibal, der diese Gruppe mit | |
| vertraulichen Informationen und Lagebildern aus dem Inneren der Bundeswehr | |
| versorgt. In der Gruppe erzeugen seine Nachrichten das Gefühl, zu einem | |
| inneren Zirkel zu gehören, der einen Wissensvorsprung hat. Es ist auch kein | |
| Zufall, dass diese Gruppen im Herbst 2015 entstehen, denn es geht auch um | |
| die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung – und wie man sich dagegen | |
| wehren kann. | |
| ## Wettschießen bei der Geburtstagsfeier | |
| An einem Abend Anfang 2017 treffen sich vier Männer, darunter der | |
| beschuldigte Polizist sowie ein weiterer und der Reservist bei einem | |
| Stehimbiss an einer Landstraße nahe Schwerin. Sie sprechen über | |
| Lagerhallen, in denen sie am „Tag X“ ihre politischen Gegner internieren | |
| wollen. Könnte der Kompaniechef der Reservisten im Ernstfall dafür nicht | |
| Lastwagen der Bundeswehr organisieren? | |
| Ließen sich so auch mögliche Straßenkontrollen überwinden? Sie reden auch | |
| über Erschießungen. Im Laufe des Gesprächs soll auch das Wort „Endlösung�… | |
| gefallen sein. Das sagen Menschen, die mit den Vorgängen betraut sind, der | |
| taz. | |
| Sie erzählen auch: Der beschuldigte Anwalt hatte bei Geburtstagsfeiern | |
| hinter seinem Haus ein Wettschießen veranstaltet und einen Wanderpokal | |
| dafür ausgelobt – benannt nach Mehmet Turgut, einem Mann, den die | |
| rechtsextremistische Terrorzelle NSU im Jahr 2004 erschossen haben soll. In | |
| Rostock. Sein Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. | |
| Aus Ermittlungsunterlagen, die der taz vorliegen, geht hervor, dass | |
| Mitglieder dieser Nord-Gruppe bereits Depots mit Treibstoff, | |
| Nahrungsmitteln und Munition angelegt haben sollen. Jeder von ihnen zahlte | |
| dafür etwa 600 Euro in eine gemeinsame Kasse. Jenseits der Chatgruppe gab | |
| es noch weitere Unterstützer – etwa den Betreiber eines Schießstandes Nahe | |
| Rostock. Er verließ zwar den Chat, verkaufte den Mitgliedern aber weiterhin | |
| Waffen. Oder ein Ausbilder am Fliegerhorst der Bundeswehr in Laage, wo | |
| Eurofighter stationiert sind. Er lud seine Freunde nach Dienstschluss in | |
| den Sicherheitsbereich. Dort durften sie im Flugsimulator den Eurofighter | |
| fliegen. | |
| ## Die Süd-Gruppe | |
| Nach den Razzien vom August 2017 war der Aufklärungswille des zuständigen | |
| Innenministers, Lorenz Caffier (CDU), überschaubar. Er richtete eine | |
| sogenannte Prepper-Kommission ein. Befund bislang: Es gibt kein Problem. | |
| Einen Bericht hat die Kommission ein Jahr später noch nicht vorgelegt. | |
| Es gab aber in dem Chatnetzwerk nicht nur die Nord-Gruppe. Es gab: Ost, | |
| West, Süd – organisiert entlang der geografischen Aufteilung der | |
| Wehrbereichsverwaltung. Außerdem: Österreich und die Schweiz. Auch in Süd, | |
| der größten und aktivsten Gruppe, war Hannibal der Administrator. | |
| Das ist die Gruppe, in der der frühere Bundeswehrsoldat Franco A. Mitglied | |
| war. [3][Das Auffliegen Franco A.s] war einer der größten | |
| Bundeswehrskandale der letzten Jahre. Ein Soldat, der mutmaßlich | |
| rechtsextreme Terroranschläge geplant hat – und niemand, nicht seine | |
| Vorgesetzten, nicht der MAD, wollten etwas bemerkt haben? | |
| Franco A. war nicht nur passiv Mitglied in der Süd-Gruppe. Einmal war er | |
| bei Hannibal zu Hause, einmal nahm er mit Hannibal an einem Treffen in | |
| Albstadt teil, bei dem die Handys im Auto gelassen wurden. Es war ein | |
| Treffen in einem Schützenverein. | |
| ## Die Bundesanwaltschaft ermittelt | |
| Franco A. warb auch neue Mitglieder für die Süd-Gruppe. Zum Beispiel einen | |
| Händler von Waffenteilen, bei dem A. zuvor Zubehör gekauft hatte, als | |
| Barkauf, damit sein Name nicht auf der Rechnung auftauchte. Dem Händler | |
| hatte A. auch gesagt, bei der Süd-Gruppe handele es sich um eine besondere | |
| Gruppe innerhalb der Bundeswehr. | |
| Als Hannibal erfährt, was Franco A. vorgeworfen wird, gibt er umgehend | |
| Anweisung, alle Chats zu löschen: Nord, Süd, West, Ost. Es hätte kein gutes | |
| Licht auf die Richter, Beamten und Soldaten in den Chatgruppen geworfen, | |
| wird er später sagen, wenn man sie mit Franco A. in Verbindung brächte. | |
| Weil Franco A. auffliegt, ermittelt die Bundesanwaltschaft. Jetzt gerät das | |
| Netzwerk unter Druck. Wie schon in Norddeutschland legen sie auch in der | |
| Süd-Gruppe sichere Treffpunkte und Unterkünfte fest, in denen sich die | |
| Mitglieder am „Tag X“ treffen können. | |
| Bei der Vernehmung wollen die Ermittler von Hannibal wissen, wie viele | |
| solcher „Safe-Häuser“ es in Deutschland gebe – und wo diese sich befinde… | |
| André S. antwortet: überall. Sogar das Autohaus seiner Eltern hatte er im | |
| Chat als solches vorgeschlagen. | |
| ## Kaserne erfolgreich übernommen | |
| Es ist bisher noch unklar, was diese „Safe-Häuser“ genau ausmacht. Den | |
| Ermittlungsbehörden bereiten diese Orte Kopfzerbrechen. Es gibt sie in | |
| Nürnberg und Ulm, in Lenggries und Bad Tölz und auch die | |
| Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw, wo das KSK stationiert ist, wurde in der | |
| Chatgruppe Süd als ein solcher Ort definiert – vorausgesetzt allerdings, | |
| man habe im Krisenfall die Kaserne bereits erfolgreich übernommen. | |
| Franco A.s Verhaftung führt schließlich dazu, dass deutschlandweit | |
| Bundeswehrkasernen [4][nach NS-Devotionalien durchsucht] und Soldaten auf | |
| ihre Gesinnung überprüft werden. Das Verteidigungsministerium will | |
| aufräumen, Soldaten wie Franco A. sollen künftig schneller auffallen. | |
| Rechtsextreme Kameraden sollen die Bundeswehr verlassen. | |
| Hannibal bleibt. | |
| Der Deckname Hannibal und der bürgerliche Name André S. kursieren im | |
| vergangenen Jahr unter Sicherheitspolitikern im Bundestag. Ihnen gegenüber | |
| muss der MAD zugeben, dass er Hannibal schon lange kennt, der scheinbar so | |
| bereitwillig Auskunft gibt. Und obwohl auch dort bekannt wird, dass die | |
| Nord-Chatgruppe Äquivalente in anderen Landesteilen hat, heißt es: | |
| Menschen, die Konservendosen horten, sind doch harmlos. | |
| Dabei möchte der MAD von Hannibal auch wissen: Was weiß er über diese | |
| Abschiedsfeier, die einen Gerichtsprozess nach sich zog? | |
| ## Helden des rechtsextremen Milieus | |
| Frühjahr 2017, auf einem Schießstand nahe Stuttgart feiert ein Kompaniechef | |
| des KSK seinen Abschied. Seine Soldaten lassen ihn einen Parcours | |
| absolvieren, lassen ihn Bogen schießen und Köpfe von Schweinen werfen. Als | |
| Belohnung haben sie eine Frau eingeladen, mit der er Sex haben soll. Es | |
| kommt nicht dazu, sagt die Frau später aus. Der Kompaniechef sei zu | |
| betrunken gewesen. | |
| Sie erzählt auch, dass auf der Feier Musik der rechtsextremen Band | |
| Sturmwehr gespielt worden sei. Der Kompaniechef und andere hätten dann den | |
| Hitlergruß gezeigt. | |
| Auf Anfrage der taz möchte der Militärische Abschirmdienst nicht mitteilen, | |
| ob ihre Auskunftsperson Hannibal an jenem Abend mitgefeiert hat. Der MAD | |
| hat ein Interesse daran, Hannibal zu schützen. | |
| Im KSK hat der MAD fast keine Quellen, der Kontakt zu Hannibal ist | |
| wertvoll. Das Kommando, das streng abgeschirmt operiert, pflegt ein | |
| Eigenleben. Im Jahr 2004 war der berüchtigte KSK-Kommandeur Reinhard Günzel | |
| ohne Dank entlassen worden, nachdem er die antisemitische Rede des heutigen | |
| AfD-Abgeordneten Martin Hohmann in einem Bundeswehrschreiben gelobt hatte. | |
| Später wurde Günzel zum Helden im rechtsextremen Milieu. | |
| ## Kontakt per Mail | |
| Im September fragen wir das Bundesverteidigungsministerium nach Uniter. Ein | |
| Verein, den Hannibal vor Jahren gegründet hat, in dem sich ehemalige und | |
| aktive Mitglieder von Spezialeinheiten vernetzten. Ein Sprecher des | |
| Ministeriums antwortet schriftlich: Das Ministerium verfüge über keine | |
| weiteren Kenntnisse zu Uniter als die „öffentlich zugänglichen“. Zu diesem | |
| Zeitpunkt war Hannibal bereits Auskunftsperson des MAD. Der MAD ist direkt | |
| dem Ministerium unterstellt. | |
| Die Bundesregierung muss natürlich keine Informationen an die Presse geben, | |
| die sie aus nachrichtendienstlicher Aufklärung hat. Sie muss aber auch | |
| nicht lügen. | |
| Uns interessiert in unserer Anfrage auch: Nutzt Uniter Liegenschaften der | |
| Bundeswehr? Üben die Vereinsmitglieder mit Bundeswehreigentum? „Es liegen | |
| hierzu keine Informationen vor“, schreibt das Ministerium. Weiß denn das | |
| Ministerium etwas darüber, dass sich KSK-Soldaten als Prepper weiterbilden? | |
| „Keine Erkenntnisse.“ | |
| Als wir schließlich den bürgerlichen Namen von Hannibal kennen und André S. | |
| selbst im April 2018 per Mail kontaktieren, erhalten wir 23 Minuten später | |
| eine Antwort. Er schreibt: „Prinzipiell schreiben und kommunizieren wir | |
| nicht mit der Presse, da die Masse der Mitglieder der Geheimhaltung | |
| unterstehen und jegliche Verbindungen das Leben von Mitgliedern und deren | |
| Familien beeinträchtigen könnte.“ Weiter heißt es: „Sollten weitere Frag… | |
| und Bedrängungsversuche von ihrer Seite aus kommen, müssen wir den | |
| Militärischen Abschirmdienst etc. informieren.“ | |
| Uniter also, ein Verein, dessen Gründer ein bundesweites Chatnetzwerk mit | |
| vertraulichen Informationen aus deutschen Behörden belieferte; der den | |
| unter Terrorismusverdacht verhafteten Soldaten Franco A. in seiner | |
| Chatgruppe hatte; und der auch diejenige Chat-Gruppe in Norddeutschland | |
| administrierte, deren Mitglieder an einem „Tag X“ mit Bundeswehrlastwagen | |
| politische Gegner in Lager fahren wollten – dieser Verein also möchte im | |
| Falle von Presseanfragen den Militärischen Abschirmdienst informieren. | |
| ## Die Elite der Bundeswehr vernetzen | |
| Natürlich interessiert uns daher, worum es sich bei Uniter handelt. Uniter, | |
| das bedeutet, auf Latein: „In Eins verbunden“. Der Verein möchte die Elite | |
| der deutschen Bundeswehr vernetzen. | |
| Dafür gibt es auch gute Gründe: Oft scheiden KSK-Soldaten im Alter von 35 | |
| Jahren aus dem Verband aus, die Auslandseinsätze entfallen – und damit | |
| Auslandsbezüge und Gefahrenzulagen der Soldaten. Plötzlich ist weniger Geld | |
| auf dem Konto. Uniter könnte da eine Hilfe sein. In dem Netzwerk sollen | |
| sich aktuelle und ehemalige Soldaten gegenseitig unterstützen. Viele von | |
| ihnen haben Sicherheitsfirmen oder Kampfsportschulen gegründet, andere sind | |
| weiter beim Militär. Im Online-Shop werden Krawatten, Manschettenknöpfe und | |
| Siegelringe mit dem Uniter-Emblem verkauft: Schwert und Kreuz, umfasst von | |
| einem Eichenkranz. | |
| Auf Facebook lädt Uniter ein zu einem Marsch auf eine Burgruine in | |
| Baden-Württemberg, um Veteranen zu gedenken. Ein anderes Mal treffen sich | |
| Uniter-Mitglieder in einer Bundeswehrkaserne bei Berlin. Hier gibt sich der | |
| Verein offen für Interessierte. Eine Gruppe lädt die taz schließlich ein. | |
| Es ist ein Samstagmorgen im September dieses Jahres. In einer | |
| Kampfsporthalle in Berlin-Köpenick erklärt ein Trainer, Messerkampf brauche | |
| viel Übung, Jahre, es sei eine der gefährlichsten Disziplinen. Die Männer, | |
| ein Sicherheitsmitarbeiter vom Flughafen, ein Personenschützer und ein | |
| Polizeiausbilder, ahmen die Bewegungen des Russen nach. Sie wollen | |
| vorbereitet sein. | |
| Also üben sie mit Kunststoffmessern, wie es wohl wäre, jemandem die Klinge | |
| durch die Kehle zu ziehen? „Um jemanden mit dem Messer zu töten, muss man | |
| ihn am Oberschenkel treffen, dann in den Bauch, dann in den Hals.“ So | |
| erklärt es der Trainer auf russisch. Einer muss übersetzen. Das klingt dann | |
| so: „Schneiden, schneiden, schneiden.“ | |
| ## Nur ein Spiel? | |
| Auch Uniter ist, wie die Chatgruppen, in die Distrikte Nord, Süd, Ost und | |
| West gegliedert. Auch hier gibt es Ableger in Österreich und der Schweiz. | |
| Auch hier kennen sich viele Mitglieder nicht über ihre eigenen Distrikte | |
| hinaus. Einer der Distriktleiter-Ost ist ein Polizeiausbilder. Uniter hat | |
| auch schon mal Spenden für Obdachlose gesammelt, der Verein ist wiederum | |
| Teil eines Ritterordens. Mehrere Mitglieder sind auch Freimaurer. Ungefragt | |
| erklärt der Polizistenausbilder im Gespräch mit der taz: Jedes neue | |
| Mitglied werde überprüft, Extremismus nicht geduldet. So steht es auch in | |
| der Satzung des Vereins. | |
| Franco A. hatte seinem Waffenhändler Uniter empfohlen. Der Verein | |
| dementiert, dass A. formal Mitglied gewesen war. | |
| Der MAD interessiert sich für Uniter, will ein Gefühl für die Vereinigung | |
| bekommen, lässt sich von Hannibal erzählen, was er da so macht. Hannibals | |
| Gesinnung ist dagegen nie Gegenstand einer MAD-Überprüfung. | |
| Als die Ermittler des BKA André S. im vergangenen Jahr befragen, worauf er | |
| und die anderen Prepper sich denn vorbereiteten, sagt er: Es gehe in diesen | |
| Chats nur um Planspiele. Und er wird sagen, eine gesunde Vorbereitung mache | |
| ja heutzutage jeder, der im Staatsdienst arbeite. | |
| Alles nur ein Spiel? Im Süd-Chat hatte Hannibal vor Jahren geschrieben, | |
| dass sich das Autohaus seiner Eltern als Safe-Haus eigne. Bei einer | |
| Durchsuchung finden die Ermittler in deren Wohnhaus eine Kiste mit | |
| Übungsgranaten aus den Beständen der Bundeswehr und Zünder. Was er dazu | |
| sagen könne, fragen sie Hannibal im September 2017 und weisen darauf hin, | |
| dass er sich nicht selbst beschuldigen muss. Hannibal sagt, er wolle darauf | |
| nicht antworten. | |
| ## Keine gewaltbereiten Rechtsextremisten festgestellt | |
| Zwei Wochen später, Anfang Oktober 2017, wird der MAD-Oberstleutnant Peter | |
| W., Kontaktmann Hannibals, von der Wehrdisziplinar-Anwaltschaft befragt. | |
| Sie werfen ihm vor, Interna verraten zu haben. Peter W. fungiert beim MAD | |
| als Ansprechpartner für Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt. Die | |
| Staatsanwaltschaft Köln hat Anklage gegen ihn erhoben. | |
| Der Generalbundesanwalt führt Hannibal nicht als Beschuldigten. Das KSK hat | |
| er inzwischen verlassen. | |
| Als an diesem Freitag der Chef des Militärischen Abschirmdienstes, Christof | |
| Gramm, im Bundestag befragt wird, sagt er: „Wir haben keine gewaltbereiten | |
| Rechtsextremisten festgestellt.“ Und: „Eine Vernetzung von gewaltbereiten | |
| Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer | |
| Wahrnehmung nicht statt.“ | |
| 16 Nov 2018 | |
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