# taz.de -- Rechte Prepper-Gruppe Nordkreuz: Munition aus ganz Deutschland | |
> taz-Recherche: Wie ein Ex-SEK-Polizist Behördenmunition aus mindestens | |
> sieben Bundesländern gehortet hat. | |
Bild: Wo Spezialkräfte schießen üben ist viel Munition. Bei Marko G. zuhause… | |
BERLIN taz | Ein ehemaliger Polizist des Spezialeinsatzkommandos aus | |
Mecklenburg-Vorpommern hatte Munition von Bundeswehr, Zoll, Bundespolizei | |
und Polizeibehörden aus mindestens sieben Bundesländern bei sich gehortet. | |
Bis heute ist unklar, wie genau er an diese Munition kam. Recherchen der | |
taz ergeben, dass ein Schießplatz in Mecklenburg-Vorpommern als | |
Umschlagplatz gedient haben könnte. Auf dem Gelände der Firma Baltic | |
Shooters in Güstrow trainierten Spezialkräfte von Polizeien und | |
Eliteeinheiten der Bundeswehr, österreichische Spezialkräfte und SWAT-Teams | |
aus den USA. | |
Der 49-jährige Polizist Marko G., wurde Ende 2019 [1][erstinstanzlich auf | |
21 Monate] Bewährung unter anderem wegen des Verstoßes gegen das | |
Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt. Ermittler hatten bei ihm rund zwei | |
Dutzend Waffen, Teleskopschlagstöcke, eine Machete und rund 55.000 Schuss | |
Munition gefunden. Nicht alles davon war legal. Der Weg der Munition von | |
den betroffenen Behörden zu Marko G. ist bis heute ungeklärt. „Nähere | |
Feststellungen dazu, wie die einzelnen Positionen an den Angeklagten | |
gelangt sind, konnten nicht getroffen werden“, heißt es im schriftlichen | |
Urteil des Landgerichts Schwerin, das der taz vorliegt. Ein mutmaßlicher | |
Diebstahl von Seitens Marko G. spielte vor Gericht keine Rolle. | |
Offiziell wird noch gegen drei weitere Polizisten ermittelt, die ihm bei | |
der Munitionsbeschaffung geholfen haben könnten. Sie waren in derselben | |
SEK-Einheit wie Marko G. tätig. | |
Tausende Patronen, die bei Marko G. gefunden wurden, waren direkt an das | |
SEK Mecklenburg-Vorpommern geliefert worden, das jahrelang auf dem | |
Schießplatz in Güstrow trainierte, an das LKA oder – etwas allgemeiner – … | |
die Landespolizeiverwaltung. Zahlreiche weitere Patronen stammen von | |
Polizeibehörden, die auf dem Schießplatz in Güstrow trainierten. Um den Weg | |
der Munition nachzuzeichnen, wurden alle Innenministerien der betroffenen | |
Bundesländer von der taz befragt, Wettbewerbslisten und Munitionslisten aus | |
dem Gerichtsprozess ausgewertet. | |
Daraus geht beispielsweise hervor, dass mehr als 1900 Patronen aus | |
Nordrhein-Westfalen stammten. Mitglieder mehrer Spezialeinheiten von dort | |
waren immer wieder in Güstrow. 102 Patronen wurden im Mai 2018 an das | |
Polizeiverwaltungsamt Sachsen geliefert. Im Juli 2018 nahmen dann | |
sächsische Polizisten an einem sogenannten Special Forces Workshop teil. | |
Marko G. war selbst Trainer auf dem Schießplatz | |
In fast allen Fällen der bei Marko G. aufgefundenen Behördenmunition lassen | |
sich unter den Munitionsempfängern Polizeibehörden finden, von denen danach | |
Beamte in Güstrow waren. Tausende der bei Marko G. gefundenen Patronen | |
können darüber hinaus über ihre Losnummern eindeutig dem Betreiber des | |
Schießplatzes und dessen Firma Baltic Shooters zugeordnet werden. | |
Auch mehrere Munitionshersteller – darunter Ruag und MEN – brachten in | |
größerem Umfang Patronen zum Special Forces Workshop mit, einer | |
renommierten Veranstaltung, für die einmal im Jahr Spezialkräfte aus | |
mehreren Ländern nach Güstrow reisten. Das LKA Mecklenburg-Vorpommern war | |
Mitveranstalter, der Innenminister des Landes, Lorenz Caffier (CDU), | |
fungierte als Schirmherr. Das Land stellte die Zusammenarbeit erst 2019 | |
ein, als die Vorwürfe gegen Marko G. öffentlich wurden. | |
Marko G. selbst war noch während seiner Tätigkeit als Polizist als | |
Schießtrainer für zivilen Schießsport für die Firma Baltic Shooters tätig. | |
Und noch etwas verbindet ihn mit dieser Firma: G. fungierte als | |
Administrator für Chats, in denen sich eine Gruppe Prepper austauschte. | |
Diese rund 30 Personen große Gruppe, die als „Nordkreuz“ bekannt wurde, | |
bereitet sich auf einen Tag X vor. Auch Frank T. und mindestens ein | |
weiterer Mitarbeiter seiner Firma waren zeitweise Mitglied bei Nordkreuz. | |
Auf eine taz-Anfrage hat Frank T. nicht geantwortet. | |
[2][Gegen zwei Nordkreuz-Mitglieder ermittelt] die Bundesanwaltschaft wegen | |
der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, sie sollen | |
Feindeslisten angelegt und geplant haben, am Tag X Menschen aus dem linken | |
Spektrum zu töten. Laut Bundesregierung manifestiere sich bei dem harten | |
Kern dieser Gruppe, dazu zählt auch Marko G., „eine gefestigte | |
rechtsextremistische Einstellung“. | |
Bislang ungeklärt ist außerdem, wie Marko G. an eine Uzi-Maschinenpistole | |
gelangt war, eine Kriegswaffe, die Zivilisten nicht besitzen dürfen. Sie | |
war bei der Bundeswehr als gestohlen gemeldet worden. [3][Eine Kommission], | |
die untersucht hat, ob bei den mutmaßlich straffällig gewordenen | |
SEK-Polizisten um Marko G. rechtsextreme Auffälligkeiten zu beobachten | |
waren, hat herausgefunden, dass Marko G. 1993 in der Einheit tätig war, in | |
der die Maschinenpistole verloren ging. Das geht aus dem Protokoll einer | |
Sitzung des Innenausschusses in Mecklenburg-Vorpommern hervor. | |
Trotz rechter Gesinnung in den gehobenen Dienst | |
Marko G. hatte vor Gericht behauptet, die Maschinenpistole 2009 oder 2010 | |
auf dem Parkplatz vor einer Waffenmesse in Kassel gekauft zu haben, von | |
einem ihm unbekannten Händler. Das Gericht hat das im Urteil als Faktum | |
übernommen. | |
Die Kommission hat außerdem Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Marko G.s | |
rechtsextremes Gedankengut schon früher als bislang bekannt auffiel. 2009 | |
hatten sich gleich zwei Kollegen mündlich und schriftlich an Vorgesetzte | |
gewandt und Marko G. als “rechts verankert“ beschrieben. Marko G. wurde | |
damals für den gehobenen Dienst fortgebildet. | |
Die gesamte Recherche über die Herkunft von Marko G.s Waffen und Munition | |
lesen Sie in der [4][taz.am Wochenende vom 04./05. April 2020.] | |
3 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-im-Prepper-Prozess/!5647333/ | |
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[3] /Hannibal-Netzwerk-in-Meck-Pomm/!5644720/ | |
[4] /!p4662/ | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
Sebastian Erb | |
Daniel Schulz | |
Natalie Meinert | |
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