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# taz.de -- Urteil im Prepper-Prozess: Bewährung für den Nordkreuz-Admin
> Der ehemalige SEK-Polizist Marko G. verlässt das Gericht als freier Mann.
> Die Strafe ist deutlich niedriger als von der Staatsanwaltschaft
> gefordert.
Bild: Milde Richter: Der Sitz von Amts- und Landgericht in Schwerin
Schwerin taz | Als der Vorsitzende Richter nach einer guten Stunde
Urteilsverkündung die Sitzung schließt, gibt es Applaus auf der
Besucherempore. Der Angeklagte Marko G. verlässt das Gerichtsgebäude als
freier Mann, vor dem Gerichtssaal umarmt er Freunde und Verwandte und wird
beglückwünscht. „Ich wusste, dass es gut ausgeht“, sagt ihm ein Mann.
Der 49-Jährige ehemalige SEK-Polizist wurde zu einer Bewährungsstrafe
verurteilt, ein Jahr und neun Monate. Das Landgericht Schwerin sah es zwar
als erwiesen an, dass Marko G., der Admin der Prepper-Gruppe Nordkreuz,
[1][viele Waffen und Munition zu Hause gehortet hatte], vieles davon habe
er aber legal besessen. Allein 30.000 der rund 55.000 Schuss Munition, die
bei ihm gefunden wurden, seien nicht strafbar gewesen. Das lag auch daran,
weil Marko G. formal nie die Erlaubnis zum Munitionserwerb entzogen wurde.
Die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Henning Sauer blieb damit deutlich
hinter der Strafforderung der Staatsanwaltschaft zurück. Die hatte zwei
Jahre und zehn Monate Haft ohne Bewährung gefordert. In ihrem Plädoyer
hatte sie betont, dass sie die Tat als schwer einschätze und Marko G. dem
Ansehen und Vertrauen in die Polizei einen „kaum wieder gutzumachenden
Schaden“ zugefügt habe.
Das Gericht sah das alles etwas anders. Es nahm Marko G.s Reue ab und dass
er sich bei der Vorbereitung auf einen Tag X verrannt habe. Waffen und
Munition seien zwar „teilweise unsystematisch aufgefunden worden“ und Marko
G. habe sich auch nach der ersten Durchsuchung 2017 illegalerweise
Behördenmunition beschafft, das sei allerdings „in einem deutlich
geringerem Umfang als zuvor“ gewesen. „Das ging schon in die richtige
Richtung“, so der Richter.
## Wo kam die Uzi her?
Am schwerwiegendsten stufte das Gericht den Besitz der Maschinenpistole Uzi
und von Kriegsmunition ein. Die rund 1500 Schuss Munition, die ebenso unter
das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, hätten aber nicht zu dieser Waffe
gepasst. Die Frage, von wem Marko G. die Uzi bekam und wie er sich die
Behördenmunition beschaffte, konnte das Gericht nicht klären.
Der Richter führte eine ganze Reihe von Punkten an, die für den Angeklagten
sprächen. Mit den Waffen und der Munition seien keine weiteren Straftaten
begangen worden. Auch dass die Nordkreuz-Gruppe ein Kassenbuch zum
gemeinsamen Munitionskauf führte, spreche gegen kriminelle Energie. „Wer
Straftaten plant, der schreibt es nicht so einfach auf.“
Marko G. habe sich auch sehr kooperativ gezeigt und etwa Passwörter
herausgegeben. Zudem habe er mit seinem Geständnis und der Beantwortung von
Nachfragen dazu beigetragen, [2][das Verfahren] abzukürzen, das sich sonst
Monate hingezogen hätte. Es sei ohnehin schon mit einem
überdurchschnittlichen hohen Arbeitsaufwand einhergegangen.
Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht auch, dass es ein großes
mediales Interesse an dem Prozess gegeben habe. Zusammen mit den
erheblichen Sicherheitsmaßnahmen könne da sehr schnell der Eindruck einer
Vorverurteilung entstehen. Ähnlich hatte die Verteidigung in ihrem Plädoyer
argumentiert.
## Einfach mal Nazibilder in Chats verschicken
Einer von G.s Anwälte behauptete: „Wenn jemand bewiesen hat, auf dem Boden
der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der BRD zu stehen, dann
sicherlich Herr G.“. Zugleich stellte es der Anwalt als normal dar, dass
man mal Nazibilder in Chats verschicke. Laut Gericht gab es zwar
Chatnachrichten von Marko G., „die teilweise eindeutig außerhalb der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ sind. Das Motiv der Tat sei aber
von der politischen Einstellung zu trennen.
Gegen eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung wertete das Gericht Marko
G.s „Waffenbegeisterung, die bis zum Schluss spürbar war“. Marko G. müsse
sich jetzt im Klaren sein, dass er in den vier Jahre Bewährungszeitraum
unter verschärfter Beobachtung stehe. Es gebe Personen, die geradezu darauf
warteten, ihn anzuzeigen.
Marko G. hat auf Rechtsmittel verzichtet, die Staatsanwaltschaft hat nun
eine Woche Zeit, um gegebenenfalls Revision einzulegen. Dann käme der Fall
vor das Oberlandesgericht. Gegen zwei Nordkreuz-Mitglieder [3][ermittelt
nach wie vor der Generalbundesanwalt] wegen der „Vorbereitung einer
schweren staatsgefährdenden Gewalttat“.
19 Dec 2019
## LINKS
[1] /Prozess-im-Hannibal-Komplex/!5640043
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[3] /Rechter-Terror-in-Deutschland/!5608261
## AUTOREN
Sebastian Erb
## TAGS
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
Prepper
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Nordkreuz
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