# taz.de -- Bundeskriminalamt tagt in Wiesbaden: Der Fall Franco A. als Warnung | |
> Das BKA sagt auf seiner jährlichen Herbsttagung rechtsextremem Hass und | |
> Nazi-Gewalt den Kampf an. Nur: Wie soll das konkret aussehen? | |
Bild: Holger Münch, BKA-Chef, während der Herbsttagung in Wiesbaden | |
WIESBADEN taz | Holger Münchs Worte sind eindringlich. „Es hat sich etwas | |
verändert“, sagt der Chef des Bundeskriminalamts (BKA). [1][Radikale Hetze | |
sei offen sagbar geworden], Menschen fühlten sich zu Gewalt legitimiert. | |
Andere würden aus Angst zögern, öffentliche Ämter anzunehmen. All dies | |
seien „Alarmzeichen“, so Münch. „Wir alle sind zu entschiedener Gegenwehr | |
aufgerufen.“ | |
Nur wie kann die aussehen? Darüber will die alljährliche BKA-Herbsttagung | |
diskutieren, die am Mittwoch in Wiesbaden eröffnet wurde. Nach | |
Schwerpunkten in den Vorjahren aufs Digitale, auf Migration oder | |
islamistischen Terror fiel diesmal der Blick auf den Hass rechts außen. | |
Eine zwingende Wahl, nach dem rechtsextremen Mord am Kasseler | |
Regierungspräsidenten Walter Lübcke und dem Attentat mit zwei Toten in | |
Halle. | |
Schon zuvor bekamen die Behörden rechte Straftaten nicht in den Griff. Mit | |
20.431 Delikten verharrten diese 2018 auf dem Vorjahresniveau – und machen | |
weiter mehr als die Hälfte aller politischen Straftaten aus. Münch kündigte | |
nun an, „rote Linien klar zu benennen und durchzusetzen“. | |
Außerdem müsse man überprüfen, ob das Strafrecht früher greifen müsse. Und | |
man werde die rechte Szene – wie bei Islamisten – künftig systematisch mit | |
dem Analysetool Radar-iTE durchleuchten. Schon jetzt stufe man 46 | |
Rechtsextreme als Terrorgefährder ein – 13 mehr als zu Jahresbeginn. | |
## Es herrscht „Nachholbedarf“ | |
Auch „Täter aus dem Nichts“, wie den Halle-Täter, will Münch besser | |
prognostizieren. Schnittstellen zwischen rechter Szene und kriminellen | |
Milieus müssten dafür aufmerksamer angeschaut werden, einmal auffällige | |
Personen intensiver durchleuchtet werden. Münch nannte [2][das Beispiel | |
Franco A.] Der Bundeswehrsoldat wurde 2017 wegen eines Waffenfunds | |
festgenommen. Dann aber sei man auf Listen von Politikern gestoßen und | |
plötzlich auf ein Chatgruppennetzwerk, in dem einige offenbar über Terror | |
diskutierten – die taz hatte dieses [3][„Hannibal“-Netzwerk] mit | |
aufgedeckt. Hier zeige sich, so Münch, wie tief man in die Ermittlungen | |
gehen müsse. | |
Auch Hans-Georg Engelke, Staatssekretär von Bundesinnenminister Horst | |
Seehofer (CSU), nannte den Rechtsextremismus „demokratiegefährdend“. Bei | |
der Durchsetzung des Rechtsstaats habe es zuletzt „Nachholbedarf“ gegeben. | |
Dies ändere sich nun. So werde der Bundestag noch diese Woche 300 neue | |
Stellen für das BKA beschließen. Dort hatte man 440 Stellen erbeten. | |
Engelke sprach dennoch von einem Erfolg, auch Münch gab sich zufrieden. | |
Zudem verabschiedete die Bundesregierung erst jüngst [4][ein Maßnahmenpaket | |
gegen Rechtsextremismus.] Das BKA ist hier ein zentraler Akteur – vor | |
allem im Kampf gegen Hass im Netz. Um VerfasserInnen von | |
Online-Hasspostings zu identifizieren, wird dort eine Zentralstelle | |
aufgebaut. | |
Plattformbetreiber sollen künftig strafbare Inhalte nicht nur löschen, | |
sondern dem BKA melden. Er glaube, dass sich damit der Hass im Netz | |
tatsächlich eindämmen lasse, sagte Münch. „Wenn die Verursacher merken, | |
dass so etwas Konsequenzen hat, dann verändert sich Verhalten.“ | |
27 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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