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# taz.de -- SPD-Politiker über Prepper-Netzwerk: „Aufräumen, wo Müll liegt…
> Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden
> offen. Der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch fordert nun „lückenlose
> Aufarbeitung“.
Bild: Razzia gegen terrorverdächtige Prepper im August 2017 in Mecklenburg-Vor…
taz: Herr Grötsch, taz-Recherchen zeigen, dass [1][Polizisten und
Bundeswehrsoldaten in einem Netzwerk offenbar planten, politische Gegner
aus dem linken Spektrum zu töten]. Manche Treffen fanden in
Schützenvereinen statt, geplant war eines in einer Polizeistation, also
nicht einmal verborgen. Auch in Ihrem Wahlkreis im bayerischen Weiden war
die Gruppe aktiv. Wie konnte es dazu kommen?
Uli Grötsch: Die haben sich offenbar nicht gefährdet gefühlt. Dabei ist das
eine meiner Kernforderungen im Kampf gegen organisierten Rechtsextremismus
und Rechtsterrorismus: Kein Neonazi, egal welcher Ausprägung, darf sich
irgendwo in Deutschland sicher und unbeobachtet fühlen. Das war dort aber
offenbar der Fall. Schon der NSU hatte es über Jahre hinweg geschafft,
relativ unauffällig mitten in Deutschland zu leben. Wir sehen, dass diese
Szene stetig lernt. Das macht es den Behörden nicht leichter. Aber ich darf
davon ausgehen, dass die Behörden sich darauf einstellen.
Die Mitglieder der Chatgruppe „Süd“ sollen „Safe Houses“ in Bayern ang…
haben, aus allen Distrikten kamen sie in Nürnberg auf einer Waffenmesse
zusammen. Der [2][terrorverdächtige Soldat Franco A.] ist oft in
Vohenstrauß gewesen. Was ist da los bei Ihnen im Süden?
Ich habe gestutzt, als ich wieder Nürnberg gelesen habe. Nürnberg ist der
Ort, an dem der NSU drei Morde begehen konnte. Ich gehe davon aus, dass die
mittelfränkische Neonazi-Szene hier in den Schutz, möglicherweise auch in
die Vorbereitung der NSU-Morde eingebunden war. Offenbar fühlen die sich in
Bayern unbeobachtet. Es ist die Aufgabe des bayerischen
Verfassungsschutzes, das zu ändern. Und wenn es sich um eine bundesweit
agierende Gruppe handelt, was ja hier ganz ohne Frage der Fall war, ist der
Bundesverfassungsschutz als Zentralstelle zuständig.
Warum gleiten ausgerechnet Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden scheinbar so
leicht in Extremismus ab? Warum kann etwa ein Soldat der Spezialeinheit KSK
auf einer Feier den Hitlergruß zeigen?
Es ist in keiner Weise okay, wenn KSK-Soldaten Hitlergrüße auf Partys
zeigen. Vor allem die Repräsentanten des Staates haben per Gesetz die
Pflicht, neutral sein. Sind sie das nicht, müssen sie nachhaltig aus dem
Staatsdienst entfernt werden. Nur zur Erinnerung: Noch drei Wochen bevor
die Nazis 1933 Nürnberg übernommen hatten, demonstrierten Zehntausende
gegen sie. Das war aber schon sinnlos, weil die Nazis Polizei, Justiz und
Verwaltung bereits unterwandert hatten. Etwas Ähnliches jetzt im Keim zu
ersticken, das ist unser aller Aufgabe.
Wen meinen Sie damit?
Damit meine ich uns als Politiker, Sie als Journalisten und auch die
öffentliche Verwaltung. Das fängt an bei den Polizeien, geht über die
Bundeswehr bis in alle Bereiche der Verwaltung, die da auch auf sich selbst
einen kritischen Blick haben müssen: Ob alle, die dort arbeiten, so
gefestigt sind, wie es erforderlich ist. Es ist die Aufgabe der
Dienstherren, dem nachzugehen und wiederum Aufgabe der Politik – nicht nur
im Parlamentarischen Kontrollgremium – die Behörden auch danach zu fragen.
Oder das Verteidigungsministerium zur Aufklärung zu drängen und zu fragen,
wieso solche Soldaten unbemerkt blieben. Wir müssen jetzt ein Auge drauf
haben, dass aufgeräumt wird, wo Gesinnungsmüll liegt. Oder noch
Schlimmeres: Waffen und Sprengstoff.
Christof Gramm, der Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), sagte
erst vergangene Woche, es gebe keine gewaltbereiten Extremisten in der
Bundeswehr.
Die Aussage hat mich verwundert. Herr Gramm weiß schon, in welcher
Verantwortung er dahingehend ist. Ich werde im Kontrollgremium seine
Sichtweise hinterfragen. Ich erwarte eine lückenlose Aufarbeitung.
Auch vom Bundesinnenministerium?
Es ist für uns immer wieder aufs Neue ein extrem ärgerlicher Umstand, dass
wir solche Sachverhalte nicht von der Bundesregierung, sondern aus den
Medien erfahren. Es gibt auch im Kontrollgremium Berichtspflichten, also
Sachverhalte, über die uns Nachrichtendienste per Gesetz informieren
müssen. Das ist in diesem Fall nicht geschehen, obwohl die Terrorpläne in
Norddeutschland und die bundesweiten Chatnetzwerke nicht nur dort, sondern
auch im Innenausschuss des Bundestags schon Thema waren. Ich habe den
Eindruck, dass das bislang beim Bundesamt für Verfassungsschutz
unterschätzt wurde. Wir hatten mal eine denkwürdige Innenausschusssitzung,
in der ich mit einem Referatsleiter des Bundesamtes aneinander geraten bin,
der die Prepper geradezu – so habe ich es genannt – „raviolisierend“
dargestellt hat. Dass es denen aber um etwas ganz anderes geht, als
Dosenvorräte anzulegen, das wissen wir inzwischen.
Das gleiche Phänomen konnte man vor Jahren mit den Reichsbürgern
beobachten. Da musste erst ein Polizist erschossen werden, bis alle gemerkt
haben, möglicherweise sind die doch militant. Warum wiederholt sich das?
Gerade vor dem Hintergrund, dass es ein Netzwerk ist, hätte es den
Inlandsnachrichtendiensten viel früher auffallen müssen. Wenn es in
Deutschland Netzwerke gibt, die Anschläge vorbereiten und die sich auf eine
terroristische Art und Weise organisieren, dann muss das dem
Verfassungsschutz auffallen, weil wir ihn auch dafür haben. Hier haben
offenbar staatliche Strukturen versagt. Es gab mit dem NSU ja schon mal ein
Terror-Netzwerk, dass nicht in dem Maße aufgefallen ist, wie es notwendig
gewesen wäre. Dass so etwas nie wieder passieren kann in Deutschland, ist
Kernantrieb allen politischen Handelns, würde ich ganz pathetisch sagen.
Eine Reaktion auf unsere Recherche, die wir häufig hören, ist: So ein
Netzwerk sei wie für einen Film ausgedacht, das sei doch total
unglaubwürdig.
Wer im Jahr 2018 so etwas als unglaubwürdig hinstellt, muss sich selbst
hinterfragen. Die Gruppe Freital, der NSU hatten ähnliche Strukturen. Ich
musste auch an Stay Behind aus den 80er Jahren denken, eine Gruppierung,
die sich auf einen Atomkrieg vorbereitet hatte. Das waren hochrangige
Militärs, die geplant hatten, wer das Kommando übernimmt, die Bunker gebaut
hatten. Ihnen ging es um das Vorhalten einer Struktur hinter der Struktur,
wenn man so will.
20 Nov 2018
## LINKS
[1] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5548926
[2] /Anklage-gegen-Bundeswehrsoldaten/!5470349
## AUTOREN
Christina Schmidt
## TAGS
Prepper
Bundeswehr
Rechtes Netzwerk
Terrorverdacht
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Lesestück Recherche und Reportage
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