# taz.de -- Geheimdienstchefs sprechen über Pläne: Neuer Blick nach rechts | |
> Der neue Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang will eine Neuausrichtung | |
> seines Dienstes: Rechtsextreme sollen genauer beobachtet werden. | |
Bild: Bruno Kahl, Thomas Haldenwang und Christof Gramm | |
BERLIN taz | [1][Thomas Haldenwang] macht am Freitagmorgen die Runde. Einem | |
Abgeordneten nach dem anderen gibt der neue Verfassungsschutzchef die Hand, | |
lächelt, bedankt sich für die „freundlichen Worte“ in den letzten Tagen. | |
„Ich hoffe, ich kann das Vertrauen einlösen.“ | |
Haldenwang ist geladen zur öffentlichen Anhörung der Geheimdienstchefs im | |
Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags, ein noch junges Format. | |
Neben dem 58-Jährigen sitzen BND-Chef Bruno Kahl und Christof Gramm, | |
Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Für Haldenwang ist es | |
der erste offizielle Auftritt – erst am Donnerstag hatte ihn das Kabinett | |
zum neuen Verfassungsschutzpräsidenten ernannt. | |
Vorangegangen waren Wochen des Aufruhrs, als Vorgänger Hans-Georg Maaßen | |
die rechten Chemnitz-Krawalle relativierte, sich gegen Kanzlerin Merkel | |
stellt und von [2][„linksradikalen Kräfte“] in der SPD fabulierte. | |
Haldenwang, zuvor schon fünf Jahre Vize des Bundesamtes, soll nun wieder | |
Ruhe in den Laden bringen. | |
Bei der Anhörung müht sich Haldenwang redlich um diesen Eindruck. Neigte | |
sein Vorgänger Maaßen bisweilen zum Alarmismus, spricht Haldenwang nüchtern | |
und unaufgeregt. Der islamistische Terrorismus bleibe die größte Gefahr in | |
Deutschland, stellt er fest. Die hohe Zahl der Salafisten im Land sei | |
beunruhigend. | |
Dann aber lässt Haldenwang aufhorchen: Er werde künftig „bestimmte Akzente�… | |
anders setzen, konkret beim Thema Rechtsextremismus. Spätestens seit sich | |
zuletzt in Chemnitz, nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen, Neonazis, | |
AfD-Leute und Hooligans zu Protesten zusammentaten, habe man „eine neue | |
Entwicklung“. Über soziale Netzwerke habe man eine enorme Mobilisierung | |
erlebt. „Wir müssen dem mehr Aufmerksamkeit schenken“, sagt Haldenwang. | |
Gerade Maaßen wurde in diesem Feld begrenzter Handlungseifer vorgeworfen. | |
Haldenwang verteidigt den Vorgänger: Man habe über Jahre ein „hohes Maß an | |
Übereinstimmung“ gehabt, nur in Details quergelegen. Nun aber kündigt | |
Haldenwang mehr Personal für seine Rechtsextremismus-Abteilung an. Die | |
rechtsextreme Szene organisiere sich neu, ihre Gewaltbereitschaft sei hoch, | |
auch die Gefahr eines Rechtsterrorismus. Und soziale Netzwerke entwickelten | |
sich zu „Brandbeschleunigern“. | |
Haldenwang spricht auch über eine andere, anstehende Entscheidung: Wird | |
sein Amt künftig die AfD überwachen? Spätestens seit Chemnitz steht die | |
Partei im Fokus. Seit Wochen schon sammeln Verfassungsschützer in den | |
Ländern Material für eine mögliche Beobachtung. Zum Jahreswechsel werde | |
eine [3][Entscheidung fallen], kündigt Haldenwang an. „Sehr sorgfältig, | |
korrekt, fehlerfrei“ werde man dabei vorgehen. | |
Sonst aber bleibt Haldenwang – bei allem ruhigen Ton – auf Linie seines | |
Vorgängers. Forderte Maaßen bei der ersten Anhörung vor einem Jahr einen | |
„vollen Werkzeugkoffer“ für seinen Verfassungsschutz, betont nun auch | |
Haldenwang, dass er weiter mehr Personal und eine „technische Ertüchtigung“ | |
in Zeiten der Digitalisierung brauche. „Wir haben in allen Geschäftsfeldern | |
ein gestiegenes Maß an Bedrohungen.“ | |
## Geheimdienstchefs machen Eigenwerbung | |
Auch die anderen beiden Geheimdienstchefs nutzen die Anhörung zur | |
Eigenwerbung. „Wir haben unsere Lektion gelernt“, sagt BND-Chef Bruno Kahl. | |
Nach der NSA-Krise, die auch eine Datensammelwut des BND offenbarte, | |
arbeite man heute viel zielgerichteter. Kahl warnt vor einer weltweiten | |
„ideologischen Verschiebung“: einer Konfrontation zwischen Demokratien und | |
„aufstrebenden, autoritären Gesellschaftsmodellen“. Hier seien | |
„verlässliche Informationen“, wie sie der BND liefere, umso wichtiger. | |
MAD-Chef Gramm wiederum verweist auf den Fall Franco A. – den | |
Bundeswehrsoldaten, der als Flüchtling getarnt angeblich Anschläge auf | |
Politiker plante. Der Fall habe gezeigt, wie wichtig seine Behörde sei, um | |
solche Vorhaben zu vereiteln. Und auch Gramm wirbt dabei um | |
„nachrichtendienstliche Mittel“. Nur so könne man einer Radikalisierung von | |
Soldaten nach ihrer Sicherheitsüberprüfung nachspüren. | |
Die bisherigen Fallzahlen sind laut Gramm indes überschaubar: „Um die fünf�… | |
Extremisten habe es im vergangenen Jahr in der Bundeswehr gegeben. Es sei | |
aber ein „neuer Graubereich“ entstanden, warnt der Präsident: eine | |
„intellektuell angehauchte neue Rechte“, deren Extremismus schwerer zu | |
erkennen sei. Auch dies sei eine neue „Herausforderung“. | |
16 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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