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# taz.de -- Ermittlungen gegen Netzwerk-Gründer: Wieder Waffensuche bei „Han…
> Bei Teilnehmern eines Trainings des Vereins Uniter gab es Durchsuchungen.
> Ein Jahr, nachdem die taz darüber berichtete.
Bild: Angeleitet von „Hannibal“ trainieren im Sommer 2018 in Mosbach Zivili…
Berlin taz | Die Polizisten kamen am frühen Dienstagmorgen, um nach Waffen
zu suchen. An vier von fünf Orten in verschiedenen Bundesländern waren nur
Kriminalbeamte im Einsatz, zu André S. Wohnung in einer Kleinstadt in
Rheinland-Pfalz kamen sieben Kriminalpolizisten mit einem SEK-Trupp. Den
ehemaligen Soldaten des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr stuften sie
als potenziell gefährlich ein.
Es geht um einen möglichen Verstoß gegen des Waffengesetz, wieder einmal,
erst am Montag wurde André S., 34, der unter dem Namen [1][„Hannibal“] als
Gründer eines rechten Prepper-Netzwerkes bekannt wurde, vom Amtsgericht
Böblingen [2][zu einer Geldstrafe verurteilt].
Die Ermittler suchten Schusswaffen, insbesondere Airsoftwaffen eines
bestimmten Typs. So heißt es im Durchsuchungsbeschluss. Fünf dieser
Airsoftwaffen konnten sie dann auch sicherstellen, sagte der Sprecher der
Staatsanwaltschaft Mosbach am Donnerstag der taz. Daneben seien bei André
S. auch 27 leere Magazine scharfer Waffen gefunden worden. Da werde nun
geprüft, ob sie dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen.
Die Airsoftwaffen sehen aus wie echte Sturmgewehre, sie verschießen aber
nur Plastikkugeln. Man kann sie legal kaufen und auf dem eigenen
Privatgelände benutzten. Wenn man sie in der Öffentlichkeit führen möchte,
fallen sie aber wie scharfe Waffen unter das Waffengesetz. Das trifft auch
zu, wenn man sie auf einem fremden Privatgelände benutzt. Und genau das war
hier der Fall.
## Ausbildung von „gute Infanteristen“
Grund der Ermittlungen ist ein militärtaktisches Training des von André S.
gegründeten Vereins Uniter e.V., das bereits im Sommer 2018 im badischen
Mosbach stattfand, auf einem Gelände, auf dem normalerweise Polizei und
Rettungskräfte Terrorlagen trainieren. [3][Die taz hat im Dezember 2018
ausführliche Recherchen über dieses Training veröffentlicht], bei dem eine
„Defence“-Einheit von Uniter unter der Anleitung von André S. den Umgang
mit Waffen übte.
Der Bundeswehrsoldat war gerade frisch beim KSK ausgeschieden und zurück zu
den Fallschirmjägern versetzt, als er eine Ausbildungsserie plante. In
Vereinsdokumenten und Audionachrichten von André S., die der taz vorliegen,
ist die Rede von einer „Kommandopipeline“, analog zu einem KSK-Begriff,
vier Stufen soll diese beinhalten. Die Teilnehmer nennt S. „Shooter“, die
Inhalte „Care under fire“, explizit heißt das: „Ausweichdrills,
Verwundetenversorgung, Gegenangriffe auch mit Fahrzeugen und sonstwas“.
Es gehe darum, Anfängerwissen bis hin zu Taktik zu vermitteln. Standard:
TCCC, also „Tactical Combat Casualty Care“, sagt André S. in einer
Sprachnachricht: „Es soll wirklich darum gehen, dass alle Mitglieder, die
diese Blöcke machen, irgendwann so einen Stand haben, wenn die alles
durchgemacht haben, das man sagt, das sind gute Infanteristen, die kann man
gut einsetzen, ob deutschlandweit oder sonstwo.“
Mindestens ein Training dieser Reihe hat dann auch stattgefunden, ebenjenes
im Sommer 2018 im badischen Mosbach. Auf mit einer Drohne aus der Luft
gefilmten Videoaufnahmen, die der taz vorliegen, ist zu sehen, wie sich
sechs Männer in voller Kampfmontur über das Gelände bewegen. Sie haben
Waffen im Anschlag und geben sich gegenseitig Deckung. Angeleitet werden
sie von André S. und einem weiterem Mann, beide in orangefarbener
Warnweste.
Auf Anfrage teilte Uniter damals über einen Anwalt mit, bei den Waffen
handele es sich um Waffen-Attrappen. Und bei dem Training um einen
gewöhnlichen Selbstverteidigungskurs.
## Kein passender strafrechtlicher Vorwurf
Nur haben die zuständige Polizei oder Staatsanwaltschaft den taz-Artikel
offenbar nicht gelesen. Mehr als ein halbes Jahr vergeht, bis sie
Ermittlungen einleiten. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft passierte
das, nachdem der Stern im August 2019 über [4][dasselbe paramilitärische
Training] berichtete.
Ende 2019 wurde bei einem ersten Beschuldigten durchsucht. Waffen fanden
die Ermittler bei ihm keine, stellten aber Computer und Datenträger sicher.
So kamen sie auf die Namen der Männer, die als Teil der „Defence“-Einheit
an dem Training teilnahmen und nun durchsucht wurden. Nicht alle der
mindestens acht Teilnehmer der Übung konnten die Ermittler namentlich
feststellen.
Die weiteren Beschuldigten leben in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen.
Bei einem wurden legale Waffen festgestellt, die den Angaben zufolge auch
ordnungsgemäß verwahrt waren. Auch André S. Elternhaus in Halle wurde
erneut durchsucht. Dort wurde aber nichts gefunden.
André S. Anwalt nennt den Tatvorwurf eine „juristische Spitzfindigkeit“. Im
Grunde gehe des darum, dass man eine solche Waffe nicht ohne die
Einwilligung des Hausrechtinhabers abschießen dürfe. „Ob die Waffen
abgeschossen wurden und durch wen, das kann man mit der Hausdurchsuchung
aber nicht herausfinden.“
Er sagt auch: „Das Durchsuchungsverhalten zeigt, es ging nicht um Waffen,
sie haben Zufallsfunde gesucht.“ Die aufgefundenen Magazine seien André S.
private, die er bei der Bundeswehr benutzt habe. Die Ermittler hätten unter
anderen auch private Fotos abfotografiert, sagt der Anwalt der taz. Er habe
Beschwerde gegen die Vorgehensweise eingelegt.
Wegen des Trainings in Mosbach an sich werde nicht ermittelt, sagte der
Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es gebe da keinen passenden
strafrechtlichen Vorwurf. Und dass gerade jetzt durchsucht wurde, einen Tag
nach André S. Verurteilung in Böblingen, sei Zufall. Der Prozess sei in der
Behörde gar nicht bekannt gewesen.
6 Feb 2020
## LINKS
[1] /Hannibal-Netzwerk-in-Meck-Pomm/!5644720
[2] /Prozess-nach-Kellerfund/!5661843
[3] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397
[4] https://www.stern.de/politik/deutschland/dubioser-verein-uniter---hannibal-…
## AUTOREN
Sebastian Erb
Christina Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
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