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# taz.de -- Verhaftung von rechtem KSK-Soldaten: „Schäfchens“ Waffenlager
> Wie können Bundeswehrsoldaten immer wieder Waffen und Munition entwenden?
> Das Verteidigungsministerium will das nun überprüfen.
Bild: Polizisten nach dem Waffenfund beim KSK-Soldaten Philipp Sch. in Sachsen
BERLIN taz | Die Ermittler haben bei einem KSK-Soldaten in Sachsen ein
regelrechtes Waffenlager ausgehoben. Sie stellten sicher: Ein Sturmgewehr
AK-47, mehrere Tausend Schuss Pistolen- und Gewehrmunition, zwei Kilogramm
PETN-Plastiksprengstoff und Zünder, Schreckschuss- und Luftdruckwaffen,
diverse Zünder, Signalpatronen, eine Armbrust. Und nicht nur das: Sie
fanden auch nicht näher bezeichnete „nationalsozialistische Devotionalien“.
Das geht aus einem Schreiben des Verteidigungsministeriums an den
Verteidigungsausschuss des Bundestages hervor, das der taz und anderen
Medien vorliegt. Noch sei die Auflistung nicht vollständig, heißt es, aber
sicher sei schon jetzt: Die Dinge stammen zumindest teilweise aus Beständen
der Bundeswehr, etwa der Sprengstoff und Patronenmunition Kaliber 9x19 und
5,56x45mm.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden [1][hat vor zwei Wochen das Haus und
Grundstück des Soldaten Philipp Sch. in der Gemeinde Wermsdorf durchsuchen
lassen.] Der 45-Jährige sitzt nun in Untersuchungshaft, gegen ihn wird
unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz
ermittelt. Sein ebenfalls bei der Bundeswehr beschäftigter Sohn, mit dem
Sch. laut einem Nachbarn ab und zu in „Kampfmontur“ in den Wald gezogen
ist, wurde an seinem Truppenstandort Büschel als Zeuge befragt.
## Hitlergruß bei der Feier des Kompaniechefs
Seit fast 20 Jahren ist Philipp Sch. beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der
Bundeswehr und nach taz-Recherchen dort unter dem Spitznamen „Schäfchen“
bekannt. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) war ursprünglich auf ihn
aufmerksam geworden, weil er im Frühjahr 2017 bei der Abschiedsfeier seines
Kompaniechefs den Hitlergruß gezeigt haben soll. Eine damals anwesende
Zeugin bezeichnete ihn als „Nazi-Opa“. Zunächst habe es aber nicht genüge…
Anhaltspunkte für ein Disziplinar- oder Strafverfahren gegeben.
Zur Frage, ob Philipp Sch. Mitglied in einer rechten Chatgruppe war, wie
sie der ehemalige KSK-Soldat André S. alias Hannibal verwaltete, heißt es
in dem als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Schreiben: „…
jetzigen Zeitpunkt liegen dem BMVg keine Erkenntnisse vor.“
Auch bei mehreren Personen des [2][Hannibal-Netzwerks] waren Munition und
Waffen aus Bundeswehrbeständen gefunden worden. Oft konnte der Weg von der
Armee zu den Besitzern nicht klar nachgezeichnet werden. Das
Verteidigungsministerium gibt nun indirekt zu, dass es bislang offenbar
nicht immer möglich ist, herauszufinden, wer wann wo Waffen oder Munition
entwendet hat. „Über die Aufklärung des konkreten Sachverhalts hinaus hat
das BMVg eine Überprüfung der Bewirtschaftung und Bestandsnachweisführung
von Waffen und Munition – in der Bundeswehr im Allgemeinen und im KSK im
Besonderen – eingeleitet“, heißt es. Um Extremismus im KSK zu bekämpfen,
werde zudem gerade ein umfangreiches Maßnahmenpaket umgesetzt. Darunter
fielen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unter anderem zum
Traditionsverständnis des KSK.
Das KSK mit Sitz in Calw ist schon länger als Problemfall bekannt. Rund 20
Soldaten der vergleichsweise kleinen Einheit, die für die härtesten Einsäze
zuständig ist, sind als rechtsextreme Verdachtsfälle eingestuft. Allein
seit Ende vergangenen Jahres wurden einer Auflistung zufolge vier
KSK-Soldaten entlassen. Gegen weitere wurden Disziplinarmaßnahmen
eingeleitet und teils wurden sie in andere Einheiten versetzt.
## „Neue alarmierende Qualität“
Der Fall Philipp Sch. stelle „eine neue alarmierende Qualität“ dar, schrieb
der Kommandeur des KSK, Brigadegeneral Markus Kreitmayr, in der vergangenen
Woche in einem Brief an seine Soldaten. Aufgrund der rechtsextremen
Vorfälle erlebe das KSK derzeit die „schwierigste Phase seiner Geschichte“.
In dem Brief, der der taz vorliegt, ruft er Verfassungsfeinde im KSK auf:
„Sie sollten aus eigenem Antrieb unseren Verband und die Bundeswehr
verlassen! Tun Sie es nicht, werden Sie feststellen, dass wir Sie finden
und entfernen lassen werden!“
Unklar bleibt zunächst, wie genau der MAD auf das Waffenlager bei Philipp
Sch. aufmerksam wurde. Die Rede ist lediglich von „nachrichtendienstlich
gewonnenen Erkenntnissen“ Anfang des Jahres, die am 11. Februar an die
sächsischen Behörden weitergegeben worden seien. Es habe damals auch
„Hinweise auf eine rechtsextremistische Einstellung“ von Philipp Sch.
gegeben. Am 23. März hatten die Ermittler dann einen Durchsuchungsbeschluss
erwirkt, den sie knapp zwei Monate später vollstreckten.
27 May 2020
## LINKS
[1] /Rechter-KSK-Soldat-bei-der-Bundeswehr/!5682476/
[2] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502
## AUTOREN
Sebastian Erb
Christina Schmidt
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