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# taz.de -- taz-Recherche zu rechtsextremen Preppern: Vorbereitung auf den „R…
> Geleakte Chatprotokolle zeigen: Bundeswehr-Reservisten bildeten eine
> rechtsextreme Preppergruppe. Einer von ihnen diente in einem
> Corona-Krisenstab.
Bild: Grundausstattung für rechtsextreme Prepper
Berlin taz | Mehrere Reservisten der Bundeswehr haben sich in einer bislang
unbekannten Gruppe organisiert, um sich privat zu bewaffnen und auf einen
vermeintlichen Krisenfall vorzubereiten. Recherchen der taz ergeben, dass
einer der Männer aus dieser Gruppe aktuell wegen der Coronakrise in
Sachsen-Anhalt im „Stab Außergewöhnliche Ereignisse“ eines Landkreises
eingesetzt war. Ein anderer aus der Gruppe arbeitete bis Herbst 2019 für
die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und stand jüngst ebenso als
Reservist zum Corona-Einsatz bereit. Die Gruppe ist dem rechtsextremen
Spektrum zuzuordnen.
Der taz liegen geleakte Facebook-Chats vor, in denen sich die Prepper ab
September 2015 austauschten. Darin finden sich zahlreiche rassistische
Äußerungen der Gruppenmitglieder, deren Identitäten der taz bekannt sind.
Vor dem Hintergrund des Zuzugs von Geflüchteten sprachen die Handvoll
Männer und Frauen von einem kommendem „Rassenkrieg“ und besprachen die
teils illegale Beschaffung von Waffen und Munition. Sie verabreden sich
auch regelmäßig zu Schießtrainings.
Für eine drohende Krisenlage gab es in der Gruppe Überlegungen, ihren
Rückzugsort, ein Dorf in Nordsachsen, das der taz bekannt ist, mit
Barrikaden und einem eigenen „militärischen Arm“ zu verteidigen.
Entscheidend sei laut einer Chatnachricht: „Keine dumme Polizei oder BW
[Bundeswehr] in der Nähe, die in der Krise mehr Unruhe machen als Schutz
dienen, das können wir selber!“
Der Reservist im „Stab Außergewöhnliche Ereignisse“, Gunnar G., ist ein
Zahnarzt aus dem Leipziger Umland, er selbst war Teil der Gruppe, aber
nicht persönlich im Facebook-Chat. Dort hat ihn seine Ehefrau ausführlich
zitiert. So heißt es dort unter anderem, dass er sich 2015 Schlagstöcke und
Schusswesten bestellt habe. Ein Mitglied des Stabs gibt der taz gegenüber
an: „Ich hatte das Gefühl, der hat sich da reingedrängelt. Der war so heiß,
in dem Gremium zu sitzen.“
## Der Traum von der Übernahme
Aus den Chat-Unterhaltungen geht hervor, dass die Männer ihren
Reservistenstatus gezielt für ihre private Kampfvorsorge nutzen wollten. In
einer Nachricht motiviert der spätere AfD-Fraktionsmitarbeiter und
Reserveoffizier Michael S. einen Freund aus der Gruppe, sich ebenso als
Reservist zu melden: „(…) wenn es nur darum geht nen Ausweis zu bekommen
und ne Uniform, damit kann man dann in der Übergangszeit als Vertreter der
Staatsmacht auftreten und Enteignungen durchführen“.
Michael S. ist seit mindestens 2012 Funktionär des Reservistenverbandes
Sachsen, des ehrenamtlichen Teils der Reservistenorganisation. Er hat nach
eigener Aussage in den Chats regelmäßig an Wehrübungen teilgenommen. In dem
Gruppen-Chat schreibt Michael S.: „Gottlob hat Mitteldeutschland bei so
manchem Kanaken keinen so tollen Ruf und zudem nicht die gewachsene
Kanakeninfrastruktur wie im Westen … Volk will eben am liebsten zu Volk …“
Zwar seien „die Deutschen verschlafft“, aber man sei „denen an Zahlen noch
überlegen“.
Die Männer der Gruppe sind alle Mitglied der Burschenschaft Germania
Leipzig, die dem völkischen Dachverband Deutsche Burschenschaft angehört.
In internen Chatnachrichten, die der taz vorliegen, träumen Mitglieder
dieser Burschenschaft offenbar davon, als Freikorps-Kämpfer die Republik zu
übernehmen. 2015 heißt es im Burschenschafts-Chat: „Unser Gedanke ist, die
Ortgruppe Leipzig [der „Identitären Bewegung“] zu übernehmen und daraus e…
neues Zeitfreiwilligenregiment aufzubauen.“ Es sollte „militanter“ sein a…
die bislang stärkste deutsche Gruppe der Identitären Bewegung in Halle. Die
Burschenschafter äußern sich in zahlreichen Chatpassagen rassistisch und
antisemitisch. Mehrere von ihnen sind für AfD-Fraktionen tätig gewesen.
Teil der Gruppe ist auch ein Ehepaar aus einem Dorf in der Nähe von
Leipzig, die sich als Pflegeeltern einbringen. Der Vater ist als offiziell
eingesetzter Friedensrichter seines Ortes mit der Schlichtung von
Streitigkeiten betraut. In einer Chatnachricht lehnt er den demokratischen
Rechtsstaat ab: „Prinzipiell wäre ich ja auch für ein einfaches
Rechtssystem“, schreibt er. „Es gibt als Strafen nur die Todesstrafe und
vogelfrei … würde auch ne Menge Geld sparen …“
An einer anderen Stelle fantasiert er von Kopfschüssen und schildert, dass
seine Armbrust „durch Menschen durch auf 15 Meter Entfernung“ schieße.
Seine Frau saß bis Mai 2019 für die CDU im Gemeinderat. Im Chat bezeichnet
sie Flüchtlinge als „Kanacken“ und schreibt über Personen, die sich
flüchtlingsfreundlich geäußert haben: „Dieses rote Pack. Ich könnte nur
kotzen …“ Mitglieder der Gruppe haben regelmäßig bei Pegida in Dresden und
dem radikaleren Leipziger Ableger Legida demonstriert.
Keines der Gruppenmitglieder hat sich auf taz-Anfrage auf ein Gespräch
eingelassen oder sich von den Aktivitäten oder geäußerten Ideen
distanziert. Das Landeskommando Sachsen-Anhalt der Bundeswehr, das für die
Reservisten zuständig ist, reagierte nicht auf eine taz-Anfrage. Das
Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen teilte auf taz-Anfrage mit, dass
keine Informationen zu einer solchen Gruppe vorlägen. Bei keiner
Burschenschaft im Land gebe es derzeit Anhaltspunkte für eine rechtsxtreme
Gefahr. Auch der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt hat nach
taz-Informationen offenbar keine Erkenntnisse über die Gruppe.
16.000 Reservisten der Bundeswehr haben sich zum Corona-Einsatz gemeldet.
Sie sollen bei Bedarf Amtshilfe leisten, sei es in der Logistik, im
Sanitätsbereich oder in Gesundheitsämtern. Reservisten werden nur dann vom
Militärischen Abschirmdienst (MAD), dem Bundeswehrgeheimdienst, auf
extremistische Gesinnung überprüft, wenn sie gerade im aktiven Dienst der
Bundeswehr stehen. [1][Aufgrund rechtsextremer Vorkommnisse rund um eine
Preppergruppe in Norddeutschland] hatte der MAD gemeinsam mit dem Bundesamt
für Verfassungsschutz 2017 eine Arbeitsgruppe gegründet, um sich besser
über extremistische Verdachtsfälle austauschen zu können. Seitdem wurden
773 Reservisten laut MAD wegen Extremismus-Bezügen „dauerhaft von ihrer
Dienstleistungspflicht freigestellt“.
Eine Langfassung des Textes finden Sie [2][hier].
Die gesamte Recherche über die rechtsextreme Gruppe, ihre Mitglieder und
Verbindungen lesen Sie in der [3][taz am Wochenende vom 6./7. Juni 2020].
5 Jun 2020
## LINKS
[1] /Rechte-Prepper-Gruppe-Nordkreuz/!5674282
[2] /taz-Recherche-zu-rechtsextremen-Preppern/!5688563
[3] /Ausgabe-6/7-Juni-2020/!171016/
## AUTOREN
Christina Schmidt
Sebastian Erb
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