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# taz.de -- Illegale Nutzung von Polizeisystemen: Fast eine Abfrage am Tag
> Ein Polizist hat offensichtlich ohne dienstlichen Anlass im
> Polizeicomputer Daten abgefragt. Er war Funktionär des Vereins Uniter.
Bild: Wie groß ist der Schaden für die Polizei? Streifenwagen der Polizei Bra…
BERLIN taz | Ein weiterer Polizist, der Mitglied beim Verein Uniter war,
hat mutmaßlich illegal am Dienstcomputer Daten abgefragt. Nach
taz-Informationen handelt es sich um den Dozenten der Polizeihochschule
Brandenburg Ulf S. Er befindet sich derzeit auf einer Praktikumsstation im
Polizeipräsidium in Potsdam und hat dort innerhalb von fünf Wochen 21
Abfragen getätigt, bei denen „keine offensichtlichen direkten dienstlichen
Bezüge gegeben waren“. Das geht aus einem Schreiben des Staatssekretärs im
Brandenburger Innenministerium Klaus Kandt hervor, das der taz vorliegt.
Welche Daten Ulf S. abfragte, ist nicht bekannt. Es heißt lediglich: Er
habe vom 20.04.2020 bis 24.05.2020 „verschiedene Zugriffsberechtigungen auf
polizeiliche Datensysteme“ gehabt, und es werde nun intensv geprüft,
„inwieweit diese Datenabfragen berechtigt erfolgten oder
datenschutzrechtliche Verstöße begründen“.
Ulf S. war „Distriktleiter Ost“ bei Uniter und hat den Verein nach längerem
Zögern Ende 2019 verlassen. Uniter wird seit Anfang des Jahres vom
Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Prüffall geführt.
Recherchen der taz hatten zuvor ergeben, [1][dass Uniter paramilitärische
Trainings durchführte].
Bereits Mitte Mai waren Disziplinarverfahren gegen zwei Polizisten aus
Potsdam, die Mitglied bei Uniter waren, eingeleitet worden. Von ihnen
wurden Abfragen im Polizeisystem festgestellt, „die zumindest bisher keinen
nachvollziehbaren Bezug zu den jeweiligen dienstlichen Aufgabenbereichen
herstellen lassen“, wie es hieß. Die Rede war von einer größeren,
mindestens zweistelligen Zahl an Abfragen.
## Ausschlussverfahren in der CDU
Einer der Polizisten fragte demnach Daten „in Bezug auf zumindest ein
ehemaliges Mitglied von Uniter e.V. ab“, aber auch in „in Bezug auf seine
eigene Person sowie in Bezug auf sein familiäres Umfeld“. Der zweite
recherchierte den Angaben zufolge im Einsatzdokumentationssystem.
Strafrechtliche Ermittlungen werden geprüft.
Andreas Büttner, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im
Brandenburger Landtag und Vorsitzender des Innenausschusses, fordert, dass
das „Innenministerium mit der Scheibchentaktik aufhört“. Es müsse geklärt
werden, wie groß Uniter in der Brandenburger Polizei wirklich sei und
welchen Einfluss die Organisation habe, sagte Büttner der taz. „Es ist
absurd, dass dem Dozenten überhaupt der Zugang zu Polizeisystemen gegeben
wurde, nach allem, was vorgefallen ist.“
In Sachsen-Anhalt sorgt derweil ein weiteres [2][ehemaliges
Uniter-Mitglied] erneut für Schlagzeilen. Kai Mehliß, Mitglied eines
CDU-Stadtvorstandes und Reserveoffizier, soll die Partei verlassen. Der
geschäftsführende Landesvorstand der CDU Sachsen-Anhalt hat beschlossen,
ein Ausschlussverfahren gegen ihn einzuleiten. In einem geleakten Chat, der
der taz vorliegt, hat Mehliß einen anderen rechtsextremen Reservisten mit
„Sieg heil, Herr Hauptmann“ gegrüßt. Dieser Reservist ist Teil einer
Preppergruppe, [3][die die taz vergangenes Wochenende aufdeckte].
Der Verein Uniter wurde vom damaligen KSK-Soldaten André S. alias
„Hannibal“ gegründet und stellt sich als karitatives Berufsnetzwerk für
Personen aus Bundeswehr, Polizei und der Sicherheitsbranche dar. Hinter den
Kulissen gibt es sektenartige Strukturen und bizarre Rituale, [4][etwa
Weintrinken aus einem Totenschädel]. Der Verein hat sich inzwischen
offiziell in Deutschland aufgelöst und hat nun seinen Sitz in der Schweiz.
Aktualisierung, 10.06.2020, 17.30 Uhr
Inzwischen haben die Überprüfungen nach offiziellen Angaben ergeben, dass
der Dozent der Polzeihochschule im untersuchten Zeitraum die polizeilichen
Auskunftssysteme nicht missbräuchlich benutzt hat. Von den 21 fraglichen
Abfragen hätten 17 direkt dienstlichen Vorgängen zugeordnet werden können,
eine sei eine Fehlabfrage, drei Abfragen hätten nachträglich nicht
zugeordnet werden können. „Anhaltspunkte für eine persönliche Beziehung zu
den Überprüften oder sonstige sachfremde Interessen des Beamten sind nicht
erkennbar“, heißt es in einem Schreiben des Brandenburger Innenministers
Michael Stübgen an den Innenausschuss des Landtags, das am
Mittwochnachmittag verschickt wurde. Er gehe davon aus, dass kein Verstoß
gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vorlägen. Dass das Ergebnis der
Prüfung dem Innenausschuss zeitversetzt mitgeteilt wurde, erklärte der
Sprecher des Innenministeriums auf taz-Anfrage mit einer
„verwaltungstechnischen Verzögerung“.
10 Jun 2020
## LINKS
[1] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397
[2] /Uniter-Mitgliedschaft-von-Robert-Moeritz/!5651040
[3] /taz-Recherche-zu-rechtsextremen-Preppern/!5688563
[4] /Interne-Dokumente-des-Vereins-Uniter/!5664632
## AUTOREN
Christina Schmidt
Sebastian Erb
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Ein Jahr, nachdem die taz darüber berichtete.
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