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# taz.de -- taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Hannibals Verein
> Soldaten und Polizisten, die sich in rechten Chats austauschten, sind
> auch im Verein Uniter aktiv. Dieser baut eine Kampfeinheit auf.
Bild: Was passiert im Dunkeln von Uniter e.V.? Dort sind auch Elitesoldaten der…
Mosbach/Sindelfingen/Berlin taz | An einem Wochenende im Juni 2018 bezieht
ein Mann namens André S. Zimmer 123 im ersten Obergeschoss des Gebäudes 13
auf einem alten Kasernengelände im badischen Mosbach. Draußen türmen sich
Schuttberge, abgebrannte Autos stehen zwischen Betonbrocken, drumherum
Ruinen, und das soll so. Auf diesem Gelände können sich Gruppen von
Rettungssanitätern, des Technischen Hilfswerks oder Polizeistaffeln auf
besondere Einsatzlagen vorbereiten. Die Szenarien: Erdbeben, Attentate,
Amok. Auch André S. ist mit 24 anderen Männern aus ganz Deutschland
angereist, um hier zu trainieren.
Der Gastgeber, der Bundesverband Rettungshunde, weiß damals im Sommer noch
nicht, dass es sich bei dieser Gruppe um Mitglieder von Uniter e. V.
handelt, einem Verein, der unter anderem Elite-Soldaten, Polizisten aus
verschiedenen Bundesländern und Personenschützer miteinander vernetzt. Ein
Privatunternehmen hat den Platz gebucht. Offiziell, um Ersthelfer zu
trainieren, Verwundete nach einem Bombenattentat zu versorgen, sie aus
Straßenbahntrümmern zu bergen.
Was der Gastgeber auch nicht weiß: Unter den 25 Teilnehmern sind eine
Handvoll Männer, die gekommen sind, um mit Waffen zu trainieren. Sie
bezeichnen sich als „Defence“. Ihr Ausbilder: André S., ein früherer Sold…
des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr. Auch bekannt als Hannibal.
Im November veröffentlichten wir in der taz einen [1][Text unter dem Titel
„Hannibals Schattenarmee“], in dem wir beschrieben, dass S. alias Hannibal
daran arbeitet, ein Netzwerk aufzubauen, in dem sich Soldaten, Polizisten,
Behördenvertreter vernetzen, die befürchten, dass der Staat im Falle einer
Katastrophe die öffentliche Ordnung nicht aufrechterhalten kann. Sie
organisierten sich in Chatgruppen, die es heute nicht mehr gibt, bei
persönlichen Treffen, mithilfe des Vereins Uniter. In diesen Gruppen, so
schrieben wir damals, finden auch Rechtsextremisten ihren Platz. Darunter
drei Männer, denen die Bundesanwaltschaft vorwirft, dass sie die Tötung von
Politikern, Aktivisten, Menschen aus dem sogenannten linken Spektrum
planten. Es geht um Terror.
Nach unserer Veröffentlichung laden der Verteidigungs- und der
Innenausschuss im Bundestag Vertreter der deutschen Nachrichtendienste vor
und fragen die Bundesanwaltschaft, was sie über das Netzwerk wissen. Das
Parlamentarische Kontrollgremium, das für die Kontrolle der
Nachrichtendienste zuständig ist, lässt sich Akten liefern, will wissen,
warum weder der Militärische Abschirmdienst noch der Verfassungsschutz
früher eingegriffen haben. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel wird im
Plenum des Bundestags befragt. Im politischen Berlin hat die Aufklärung
begonnen.
Wir wollen in der Zwischenzeit einem Strang der Geschichte genauer
nachgehen und die Rolle des Vereins Uniter klären, denn über diesen ist den
Sicherheitsbehörden bisher wenig bekannt. Die Bundesanwaltschaft hat zwar
einen Prüfvorgang angelegt, musste aber kürzlich im Bundestag zugeben, dass
sie nicht genau weiß, wer dort Mitglied ist. Der MAD gibt an, nicht für
Organisationen zuständig zu sein, sondern nur für einzelne Soldaten.
In offiziellen Stellungnahmen bestreitet Uniter, dass es eine Verbindung
zwischen dem Verein und den Chatgruppen gibt. Unsere Recherchen aber
belegen: André S., Mitgründer, Vorstandsmitglied und Kopf von Uniter, war
unter seinem Pseudonym Hannibal auch derjenige, der die Mitglieder der
Chatgruppen mit vermeintlichen Lagebildern aus dem Innern der Bundeswehr
versorgt hat. So berichten es mehrere frühere Chat-Mitglieder und so gab es
André S. selbst in einer BKA-Vernehmung zu.
Aber Hannibal ist nicht der Einzige. Heute wissen wir, dass mindestens ein
Dutzend der früheren Chat-Mitglieder auch bei Uniter aktiv ist oder war:
aktuelle oder ehemalige Elitesoldaten, viele vom KSK, aktuelle oder
ehemalige Polizisten. Das geht aus Mitgliederlisten des Vereins hervor, die
der taz vorliegen, aus Ermittlungsunterlagen und anderen Quellen. Was in
den Gesprächen mit Beteiligten oft auffällt: Sie unterscheiden nicht
zwischen den Uniter-Strukturen und den Chatgruppen; für sie ist beides
eins.
Bei Uniter ist in diesen Wochen viel los. Uniter, das ist ein Verein, den
André S. 2012 in Halle gegründet hat und bis heute führt. Seine Juristen
verschicken Briefe, um gegen die Berichterstattung vorzugehen. Ein Mitglied
verlangt von den anderen, in sozialen Medien keine Fotos mehr zu posten,
auf denen das Uniter-Logo zusammen mit Waffen oder „martialischen
Darstellungen“ auftaucht. Und ein weiterer Aufruf dringt aus Vereinskreisen
zu uns: Wer Verräter identifiziert, die mit Außenstehenden sprechen, dem
wird eine Belohnung versprochen. 5.000 Euro heißt es zunächst, später hören
wir von der doppelten Summe.
Uniter ist gerade bemüht, seine karitative Seite zu präsentieren. Sie
starten eine Weihnachtsaktion für Hilfsbedürftige. Und als am 19. Dezember
2018 Menschen am Berliner Breitscheidplatz der Opfer gedenken, zwei Jahre
nach dem Terroranschlag, legt eine Delegation des Vereins einen Kranz
nieder. Das Uniter-Logo, Kreuz und Schwert, umrankt von Eichenlaub, ist auf
die Schleife gedruckt, „in stiller Trauer“.
Nach zahlreichen Gesprächen mit aktiven und ehemaligen Vereinsmitgliedern
und mithilfe interner Vereinsunterlagen können wir erstmals zeigen: Neben
den karitativen Einsätzen wird bei Uniter daran gearbeitet, eine
Kampfeinheit aufzubauen – die „Defence“.
## Die Mitglieder
Anruf bei einem Vorstandsmitglied. Der Mann handelt mit Immobilien, er ist
spezialisiert auf Hotels. Bis vor Kurzem noch wurde sein Name auf der
Website des Vereins als Ansprechpartner genannt. Wir sagen am Telefon, dass
wir gerne über Uniter sprechen würden. Er antwortet: „Da kann ich Ihnen
nicht viel sagen.“ Wir fragen: „Sind Sie nicht mehr Mitglied?“ Antwort:
„Wenn ich das wüsste.“
Ähnliches wiederholt sich bei dem früheren Mitarbeiter eines
CDU-Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg, der inzwischen promoviert.
Auch er ist als Vorstand eingetragen, bis heute, trotzdem sagt er: „Ich
durchschaue das nicht mehr, ich will nicht dafür haftbar gemacht werden.“
Er legt uns ein Schreiben vor, aus dem hervorgeht, dass er bereits im
Frühjahr 2017 ausgetreten ist.
Der Verein möchte auf Anfrage nicht mitteilen, wer derzeit den Vorstand
bildet.
Die meisten aktuellen oder ehemaligen Mitglieder sind erst dann bereit, mit
uns zu sprechen, wenn wir zusichern: Niemand erfährt, dass das Gespräch
stattgefunden hat. Für mindestens eine Handvoll Mitglieder führt die
Mitgliedschaft zu Hausdurchsuchungen und Ermittlungen des BKA – auch bei
Mitgliedern, die in Uniter nur die Kameradschaft suchten, die sie aus ihren
früheren Berufen kannten.
Uniter e. V., eingetragen unter der Nummer 3423 am Amtsgericht in Stendal,
wurde 2012 auch gegründet, um Soldaten des Kommandos Spezialkräfte, einer
Eliteeinheit der Bundeswehr, die im baden-württembergischen Calw
stationiert ist, versichern zu können. Denn das ist schwierig für eine
Berufsgruppe mit einem so hohen Berufsrisiko. André S. berät sich mit einem
Versicherungsfachmann, den er aus seiner Freimaurer-Loge in Halle kennt.
Der schlägt vor, einen Verein zu gründen und darüber die Versicherung
abzuwickeln. So entsteht Uniter das erste Mal.
Dann beginnt der Ärger. Weil einer aus der Gründungsgruppe früher bei der
Stasi war, zerstreitet sich das Gründungsteam.
André S. macht trotzdem weiter. Er spricht von einer Akademie, gründet mit
seiner Frau eine Firma, die medizinische Trainings anbieten soll, plant,
Kaffee zu verkaufen. Er möchte Geld verdienen. Es ist das Jahr 2015, die
Zeit, in der die Zahl der Geflüchteten in Deutschland steigt und S. auch
Chatgruppen im Messenger Telegram gründet. Darin sollen sich Prepper
austauschen; Prepper, der Begriff kommt vom englischen „to prepare“, das
sind Menschen, die Vorräte anlegen, um sich auf einen „Tag X“
vorzubereiten. Den Tag der Katastrophe. Die wollen sie überleben.
S. warnt in diesen Chats vor den Russen auf der Krim, islamistischen
Terroranschlägen und den vielen Flüchtlingen. In einer geschäftlichen
E-Mail schreibt er damals: „Da die Gewalt und die Gefahren deutlich
zunehmen und auch bei uns vor der Haustür präsent sind“, liege sein
Schwerpunkt gerade „auf Projekten wie Gated Communities etc.“.
In den Chatgruppen verabreden sie sichere Rückzugsorte, sogenannte
Safe-Houses, also Orte, an denen sich Eingeweihte treffen, sollte die
Ordnung zusammenbrechen; sie planen, wie sie sich immer weiter nach Süden
durchschlagen wollen. André S. gliedert diese Chat-Gruppen so wie heute
auch seinen Verein und nennt diese Untergruppen Distrikte: Nord, Süd, West,
Ost, Österreich und Schweiz. Darin: aktive Soldaten und Reservisten,
Kriminalpolizisten, SEK-Beamte, Anwälte, Feuerwehrleute.
In den Chats hatte es Platz gegeben für rechtsextreme Ideen. Im Nord-Chat
waren Männer Mitglied, die geplant haben sollen, Politiker, Aktivisten,
Menschen aus dem linken Spektrum am Tag X festzusetzen und zu töten. Die
Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen zwei Tatverdächtige dauern bis
heute an. Im Süd-Chat war auch Franco A. Mitglied, der Bundeswehrsoldat,
der sich mutmaßlich als syrischer Flüchtling ausgab und so Attentate
geplant haben soll. Er soll Waffen besessen haben. Einmal soll er bei einem
Uniter-Treffen gefragt haben, ob ihm ein Waffenteilehändler denn auch
Waffen besorgen könne. Ein anderes Mal ist er bei André S. zu Hause. Als
Franco A. im Frühjahr 2017 festgenommen wird, weist André S. an, die Chats
zu schließen.
Im Sommer 2016 gründet André S. Uniter noch einmal neu, dieses Mal in
Stuttgart, er sucht sich einen neuen Vorstand. Der alte Verein ist bis
heute registriert. Wen wir auch fragen: Eine Erklärung hat dafür niemand.
S. hat Großes vor, sucht im Internet nach Investoren. „Unsere Investments
starten bei 10 Millionen und reichen bis in den Milliardenbereich“,
schreibt er auf LinkedIn und erzählt beispielsweise von einer Investition
in eine PET-Recycling-Fabrik in den Emiraten in Höhe von 14,4 Millionen
Euro. Davon hört man dann nichts mehr, wie von vielen seiner Ideen.
2017 wird der ganze Verein schließlich Mitglied in der Lazarus-Union, einer
Organisation in Österreich, die mit Ritterorden verbandelt ist, neue
Mitglieder in Umhänge hüllt und mit Schwertern segnet. Uniter wird immer
diffuser, immer mysteriöser, Mitglieder können in sogenannte Grade
aufsteigen, dafür müssen sie fechten lernen oder reiten; sie halten
einander über Geheimbünde Vorträge. Es gibt ehemalige Mitglieder, die uns
beschreiben, wie Neulinge mit Kapuzen über dem Kopf in Freimaurer-Tempel
geführt wurden, von Ritualen im Fackelschein.
In allen Distrikten laden sie Neugierige zu Workshops ein, zum Beispiel zum
Messerkampf. Immer geht es darum, sich als Einheit zu begreifen. Der Feind,
das sind die anderen. Wir sind in eins verbunden. Uniter.
Vielen erscheint das seltsam, sie steigen aus. Unter ihnen kursiert heute
ein Begriff: Sekte. Es bleibt ein harter Kern, der sich daran nicht stört.
## Die Medical Response Unit
Es ist am 17. Juni dieses Jahres, als etwa 20.000 Menschen das
Fußball-WM-Spiel Deutschland-Mexiko auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg
schauen. In orangefarbenen Sanitäterjacken stehen an diesem Tag einige
Männer am Rande und beobachten das Szenario.
Auf ihren Oberarmen: das Emblem von Uniter. Wenn etwas passiert, können sie
helfen: falls sich betrunkene Fußballfans prügeln, falls der Kreislauf
kollabiert.
Diese Männer gehören zur sogenannten Medical Response Unit von Uniter,
kurz: MRU. Es ist ihr erster Auftrag.
Sie sind eigentlich auf andere Szenarien spezialisiert: Wie versorgt man
Verwundete im Falle eines Attentats, wenn der oder die Täter noch um sich
schießen? Wie birgt man Opfer aus einem Gefechtsfeuer?
Es ist ein Geschäftsfeld, so glauben sie bei Uniter, das sich besetzen
ließe. Und Geschäfte sind wichtig, erst recht für André S., der das KSK
inzwischen verlassen hat.
Nur wenige Tage nach dem Einsatz in Hamburg treffen sich die Männer in
Mosbach, es ist ihr erstes richtiges Training als MRU. Es ist das
Wochenende im Juni 2018, an dem André S. Zimmer 123 in Gebäude 13 bezieht.
Für das Abschlussfoto jenes Trainings posieren vermummte Männer in
militärischer Ausrüstung, manche in Fantasieuniformen, umgeben von
Trümmern, auf einem Buswrack. Hinter ihnen steigen Rauchschwaden auf.
Die Mitglieder der MRU werden für August 2018 noch einmal auf einen
Schießplatz bei Ulm eingeladen. Auf dem Programm steht: Schießen zu zweit,
während zwei Medics einen Verwundeten versorgen. Oder auch: Der Medic
schießt, während er den Verwundeten birgt. Das Training soll ein Ehemaliger
des KSK anleiten. So jedenfalls stand es damals in der Einladung, die wir
einsehen konnten.
## Die private Wirtschaft
Wir wissen heute: Ein leitender Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens Diehl
Defence ist Uniter-Mitglied und macht auf Facebook Werbung für den Verein.
Während der Recherche erfahren wir, dass Uniter an einem Sicherheitskonzept
gearbeitet haben soll, um Mitarbeiter der Firma für eine Reise nach
Saudi-Arabien zu beraten.
Auf unsere Anfrage an Diehl Defence, ob das denn zutreffe, antwortet der
Pressesprecher: Es gebe keine Zusammenarbeit mit Uniter. Auf die Rückfrage,
ob es in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit gegeben habe, kommt die
gleiche Antwort nochmal.
Auch der Personenschützer des Deutschen Fußball-Bundes, der seit Jahren die
Nationalmannschaft begleitet, war im Uniter-Verein aktiv. Seine Firma
verweist in sozialen Medien auf Uniter. Er sei aber zügig wieder
ausgetreten, sagt er.
Der ehemalige Sicherheitschef des Autovermieters Sixt ist im Verein aktiv.
Im November hat sich das Unternehmen von ihm getrennt.
## Die „Defence“
Das entscheidende Training in Mosbach allerdings, das war ein Training von
Uniters Kampfeinheit, der „Defence“. Davon erfahren die Betreiber des
Übungsplatzes in Mosbach erst im Dezember 2018, im Zusammenhang mit den
Recherchen der taz: Dass an jenem Wochenende Ende Juni 2018, als die
Mitglieder der MRU von Uniter in Mosbach auf dem Gelände sind, auch eine
andere Einheit auf ihrem Gelände trainiert. Es sind Mitglieder der
sogenannten Defence-Einheit von Uniter. Die „Defence“, so hatten es uns
mehrere ehemalige Mitglieder erzählt, sei nur ein Gedankenspiel von André
S.
Bis sich jemand bei uns meldet und sagt: Es gibt die „Defence“. Er habe sie
gesehen. Später erhalten wir ein Foto, darauf Männer in Camouflage, die
hinter André S. stehen, bewaffnet.
Wir fragen mehrere Sachverständige, ob die verschiedenen Gewehre, die die
Männer auf dem Foto tragen, auch Nachbildungen sein könnten. Einer sagt:
„Das sind auf jeden Fall echte, scharfe Waffen.“ Ein anderer sagt, es
könnten auch „sehr, sehr gute Airsofts sein“, hält es aber für sehr
wahrscheinlich, dass es sich um scharfe Waffen handelt: eine Schmeisser
AR15 vielleicht, eine andere eine G36 oder die zivile Variante SL8. Die
Art, wie die Männer die Waffen halten, deute auf einen professionellen
Hintergrund hin. Wer sich genau hinter der „Defence“ verbirgt und wie viele
Mitglieder sie hat, konnten wir nicht abschließend klären.
Vor Ort überprüfen wir, ob das Foto auch wirklich in Mosbach entstanden
sein kann – und finden die Stelle, an der André S. und seine „Defence“
posierten.
Der Verein teilt auf Anfrage mit, dass es sich bei dem Training um einen
Selbstverteidigungskurs gehandelt habe. Dort seien Waffenattrappen
eingesetzt worden.
Selbst wenn die Gewehre harmlose Nachbauten wären: Ohne ausdrückliche
Genehmigung dürften auch Nachbildungen auf dem Trainingsgelände nicht
getragen werden. Und die Uniter-Leute haben in Mosbach nicht einmal danach
gefragt.
Die Frage, ob es eine Defence-Gruppe innerhalb von Uniter gibt und was sie
ausmacht, ist eine zentrale Frage, wenn es um die Rolle und Bedeutung
dieses Netzwerkes geht. Wozu braucht ein privater Verein, der organisiert
ist wie eine Sekte, und dessen Mitglieder Zugang zu Waffen, Kasernen und
sicherheitsrelevanten Bereichen haben, ein eigenes Verteidigungskommando?
Und: Wenn der Verein eigene Kampftrainings anbietet und eine eigene
Kampfeinheit unterhält – ist das dann nicht ein paramilitärischer Arm?
Als wir von einem leitenden Mitarbeiter des Trainingscenters in Mosbach,
Jürgen Schart, wissen wollen, ob außer der MRU noch weitere Gruppen von
Uniter im Juni bei ihm trainiert hatten, fragt er bei der Firma Opcon nach.
Die bestätigt: Die Defence-Abteilung sei dabei gewesen und habe die
verschiedenen Arten geübt, eine Waffe zu halten.
In einer Chat-Nachricht schreibt Schart an einen, der mit den Vorgängen
betraut ist: „Das ist, wenn man es realdefinitorisch betrachtet, der Beweis
/ Nachweis dafür, dass André S. [Name von der Redaktion abgekürzt] eine
paramilitärische Ausbildung durchgeführt hat.“
Dieser antwortet: „Ja, so würde ich das auch betiteln.“
Vor diesem Hintergrund bekommt auch ein Facebook-Post eine neue Bedeutung,
den Uniter am 21. Oktober 2018 auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht,
sie verwenden darin dieses Wort: „Kommandopipeline“. Das ist ein Begriff,
der im KSK bei der Bundeswehr benutzt wird und der die Ausbildung eines
Kommandosoldaten meint. Das erste Training, heißt es in dem Post, hätten
alle bestanden. Die Kommandoausbildung könne nun beginnen.
„Zu welchem Zweck“, fragt Jürgen Schart, „müssen Zivilisten eigene
Kommandosoldaten ausbilden?“
Schart wendet sich schließlich ans Innenministerium in Baden-Württemberg
und meldet den Vorgang. Auf Anfrage der taz heißt es von dort: Der Verein
Uniter sei bereits im Zusammenhang mit Franco A. überprüft worden, es seien
jedoch keine rechtsextremistischen Bezüge festgestellt worden.
In informellen Gesprächen sind aus dem Innenministerium Sätze wie diese zu
hören: Man könne doch nicht jeden Käse bewerten. In einem Brief an das
Trainingscenter begrüßt es ein Mitarbeiter des Ministerium trotzdem
ausdrücklich, dass die Leute in Mosbach die Zusammenarbeit mit Uniter
aufgekündigt haben. Ab kommenden Jahr sollen dort auf dem Gelände
Landespolizisten für Terroreinsätze trainieren.
Wir finden einen ehemaligen KSK-Soldaten, der angibt, André S.
mitausgebildet zu haben. Er erzählt: André S. habe ihn einst für Uniter
werben wollen – für einen „Pakt der Wölfe“. Was den Ex-Soldaten schon
damals umtreibt: Wozu benötigt das Netzwerk eines zu diesem Zeitpunkt noch
aktiven Soldaten eigene, militärische Strukturen?
Seitdem ist viel Zeit vergangen.
Auf Anfrage lassen Uniter e.V. und André S. mitteilen, weder habe es einen
„Pakt der Wölfe“ bei Uniter e.V. gegeben, noch sei S. in einem solchen
Mitglied.
Wer heute bei Uniter die Eignungsprüfung für die Kommandoausbildung
besteht, erhält ein Abzeichen. Darauf zu sehen: ein Wolf, der seine Zähne
fletscht.
21 Dec 2018
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Christina Schmidt
Martin Kaul
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