# taz.de -- Straftaten in der Bundeswehr: KSK-Soldaten unter Verdacht | |
> Verfassungsfeindliche Symbole, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch: In | |
> mindestens sechs Fällen ermitteln Staatsanwälte gegen Elitesoldaten. | |
Bild: KSK-Geiselbefreiungsübung in Dresden. Übungen in Demokratie könnten f�… | |
BERLIN taz | Staatsanwälte in Deutschland ermitteln nach Auskunft der | |
Bundesregierung derzeit gegen mindestens sechs Soldaten, die Mitglied im | |
Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr sind. Das geht aus einer Antwort der | |
Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Martina Renner | |
(Linksfraktion) hervor, die der taz vorliegt. | |
In dem Schreiben aus dem Verteidigungsministerium sind auch die Tatvorwürfe | |
aufgeführt. Sie alle wiegen schwer. Demnach geht es in einem | |
Ermittlungsverfahren um den Vorwurf der Vergewaltigung, in einem weiteren | |
um sexuellen Missbrauch von Kindern und den Besitz von | |
kinderpornografischem Material. Einem anderen Soldaten wird die | |
Misshandlung von Untergebenen vorgeworfen, einem nächsten besonders | |
schwerer Landfriedensbruch sowie Körperverletzung und wieder einem anderen | |
KSK-Mitglied ein besonders schwerer Eingriff in den Straßenverkehr und | |
Abrechnungsbetrug. | |
Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft in einem Fall wegen des | |
Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole. In dem Schreiben der | |
Bundesregierung heißt es: „Dieses Ermittlungsverfahren steht im | |
Zusammenhang mit dem Erlass eines Strafbefehls gegen einen Soldaten des | |
Kommandos Spezialkräfte, über den die Presse in der 46. Kalenderwoche | |
berichtet hat.“ Dabei dürfte es um Vorgänge auf einer Abschiedsfeier für | |
einen Kompaniechef handeln, während der unter anderem der Hitlergruß | |
gezeigt worden sein soll. | |
In zwei weiteren Fällen sind die Ermittlungen gegen KSK-Soldaten laut | |
Bundesregierung bereits abgeschlossen – ebenfalls wegen der Verwendung von | |
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Hier steht ein Urteil | |
jedoch noch aus. | |
## Mehr Fälle möglich | |
In dem Schreiben weist die Bundesregierung auch darauf hin, dass es sich | |
bei der Auflistung nicht um gesicherte und umfassende Erkenntnisse handele. | |
Weil die Strafverfolgung bei den Ländern liege, sei die Bundesregierung auf | |
Informationen der Strafverfolgungsbehörden angewiesen. Im Klartext: Es | |
könnten durchaus noch mehr Fälle sein. | |
Der Focus und die taz hatten Mitte November über den früheren KSK-Soldaten | |
André S. [1][und ein bundesweites Untergrundnetzwerk berichtet]. Dieser | |
hatte unter dem Alias „Hannibal“ unter anderem ein bundesweites | |
Chatnetzwerk betreut. Mitglieder dieses Netzwerkes hegten teils | |
gewalttätige Pläne für einen sogenannten „Tag X“ – inklusive der | |
Vorstellung, politische Gegner zu kasernieren und zu liquidieren. Gestoßen | |
war die Bundesanwaltschaft auf das Netzwerk im Zuge der Terror-Ermittlungen | |
gegen den früheren Bundeswehrsoldaten Franco A. | |
„Hannibal“ hatte nach einer Presseanfrage der taz mitgeteilt, er werde bei | |
weiteren Anfragen den Militärischen Abschirmdienst (MAD) einschalten. Der | |
MAD, der für den Schutz der Bundeswehr vor extremistischen Aktivitäten | |
zuständig ist, hatte im Vorfeld der Berichterstattung und auch später noch | |
immer wieder betont, das Amt könne derzeit keine rechtsextremen | |
Bestrebungen in seinen Reihen erkennen. | |
## Ermittlungen gegen „Hannibal“? | |
Wie Welt-Reporter Florian Flade [2][am Donnerstag via Twitter mitteilte], | |
soll derzeit die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren | |
gegen André S. führen. Hintergrund seien Übungshandgranaten und Zünder, die | |
das Bundeskriminalamt bei Durchsuchungen in seinem Umfeld entdeckt hatte. | |
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte das auf | |
taz-Anfrage zunächst nicht. | |
Auch in Folge der Berichterstattung der taz hatte sich am Mittwoch der | |
Verteidigungsausschuss des Bundestags mit der Angelegenheit beschäftigt – | |
in einer denkwürdigen Sitzung, in der Verteidigungs-Staatssekretär Peter | |
Tauber gesagt haben soll, seine Großmutter habe auch Marmeladengläser im | |
Keller stehen. Im Anschluss hatten die Parlamentarier beschlossen, für eine | |
nächste Sitzung Vertreter der drei deutschen Nachrichtendienste vorzuladen. | |
Die Aufklärung der Zusammenhänge ist selbst für Behörden manchmal | |
schwierig, weil etwa für die Überprüfung von Soldaten der Militärische | |
Abschirmdienst zuständig ist, für die Überprüfung von extremistischen | |
Netzwerken außerhalb der Bundeswehr aber die Verfassungsschutzämter. Diese | |
unterstehen den Innenministern von Bund und Ländern. | |
## Neue Arbeitsgruppe für Reservisten | |
Gezeigt hatte sich das Problem am Beispiel von Reservisten, für die der MAD | |
nur an Tagen zuständig ist, an denen sie formell, etwa zu Übungen, | |
einbeordert sind. Um dem Problem zu begegnen hatten MAD und das | |
Bundesverfassungsschutz im Herbst letzten Jahres eine gemeinsame | |
„Arbeitsgruppe Reservisten“ gegründet. Dabei handelt es sich im Prinzip um | |
eine Übergabestelle, die dafür sorgen soll, dass entsprechende Prüffälle | |
einander mitgeteilt und gemeinsam bearbeitet werden können. | |
Beim Kommando Spezialkräfte mit Sitz im baden-württembergischen Calw | |
handelt es sich um eine Eliteeinheit der Bundeswehr, die streng abgeschirmt | |
von der Öffentlichkeit für besondere Missionen trainiert und eingesetzt | |
wird – und derzeit in einer erlebnisorientierten Whatsapp-Serie um | |
jugendlichen Nachwuchs wirbt. | |
Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner, Linksfraktion, auf die die | |
Anfrage zu den KSK-Soldaten zurückgeht, sagte der taz: „Diese geheime | |
Einheit darf nicht länger gegen Demokratisierung und Öffentlichkeit | |
abgeschirmt werden.“ | |
30 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5548926 | |
[2] https://twitter.com/FlorianFlade/status/1068200401030254592 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
Martin Kaul | |
Christina Schmidt | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Rechtstextreme | |
Verteidigungsausschuss | |
MAD | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Bundeswehr | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Bundeswehr | |
Bundeswehr | |
Bundeswehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
taz-Recherche zu „Hannibal“-Netzwerk: Direkter Draht zum Verfassungsschutz | |
Der Verein Uniter e.V. bildet Zivilisten in Militärtaktik aus. Ein | |
Verfassungsschutz-Mitarbeiter hat ihn mitgegründet. | |
Rechtsextremismus in der Bundeswehr: Hitlergrüße aus dem KSK | |
Das Verteidigungministerium räumt rechtsextreme Vorfälle in der Elitetruppe | |
ein, aber keine Rechtsextremen. | |
Bundeswehr braucht Personal: EU-Ausländer für die Truppe | |
Wegen des Frachkräftemangels prüft die Bundeswehr offenbar, Personal aus | |
dem EU-Ausland zu rekrutieren, heißt es in einem Bericht. Das Echo ist | |
verhalten. | |
taz-Recherche zu rechtem Netzwerk: Hannibals Verein | |
Soldaten und Polizisten, die sich in rechten Chats austauschten, sind auch | |
im Verein Uniter aktiv. Dieser baut eine Kampfeinheit auf. | |
Kolumne Minority Report: Bad cop, bad cop | |
In Kleve verbrennt ein junger Mann in der JVA, in Frankfurt gründen | |
Polizisten den „NSU 2.0“. Wer kann sich in diesem Land noch sicher fühlen? | |
Feindeslisten von rechtem Netzwerk: „Enorm hohe Gefahr“ | |
Nach taz-Recherchen zum rechten Netzwerk: Opferverbände fordern die Polizei | |
auf, Betroffene zu informieren, die auf Feindeslisten stehen. | |
Rechtsextreme in der Bundeswehr: Opposition will mehr Aufklärung | |
Der Bundestag befasst sich mit einer taz-Recherche. Das Verhalten der | |
Regierung finden viele höchst befremdlich. | |
Bundeswehr-Enthüllungen der taz: Rechtsextreme Soldaten unterm Radar | |
Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen. | |
Die politisch Verantwortlichen reagieren darauf bisher nur mit Schweigen. |