# taz.de -- Rechtsextremismus in der Bundeswehr: Hitlergrüße aus dem KSK | |
> Das Verteidigungministerium räumt rechtsextreme Vorfälle in der | |
> Elitetruppe ein, aber keine Rechtsextremen. | |
Bild: Bundeswehrsoldaten des Kommandos Spezialkräfte erhalten eine besondere A… | |
Berlin taz | Das Kommando Spezialkräfte ist eine besonders sensible Einheit | |
innerhalb der Bundeswehr. Seine Soldaten erhalten eine spezielle | |
Ausbildung, die Einsätze sind geheim, es ist öffentlich nicht einmal | |
bekannt, wie viele KSK-Soldaten es überhaupt gibt. Deshalb hat auch der | |
Militärische Abschirmdienst, der Geheimdienst der Bundeswehr, diese Einheit | |
besonders im Blick, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine | |
Anfrage der Linken hervorgeht, die der taz vorliegt. | |
Das KSK erfahre „im Vergleich zu anderen Einheiten und Verbänden eine | |
intensivere Betreuung durch den MAD“. Die Bundesregierung gibt auch zu: | |
Trotzdem kam es in den vergangenen Jahren mehrfach zu mutmaßlich | |
rechtsextremen Vorfällen in genau jenem Kommando, das zuletzt auch wegen | |
Verstrickungen in das so genannte [1][„Hannibal“-Netzwerk] in den Fokus | |
geraten ist. | |
In der Antwort skizziert die Bundesregierung, wie der MAD das KSK | |
beobachtet. Es wurde ein Regionalermittler eingesetzt, der explizit für das | |
KSK zuständig ist, ein eigenes Regionalbüro wird betrieben, | |
Präventionsarbeit geleistet. Auch die Führungskräfte des KSK würden | |
regelmäßig für Extremismus sensibilisiert – insbesondere für | |
Rechtsextremismus. | |
Und trotzdem gibt es Kommandoführer wie Oberstleutnant Pascal D. Auf seiner | |
Abschiedsfeier lief rechtsextreme Musik, zur Belustigung warfen die Gäste | |
mit Schweineköpfen, Pascal D. zeigte mehrfach den Hitlergruß. Während der | |
MAD immer noch prüft, was daran möglicherweise problematisch war, hat die | |
Justiz schon ein Urteil gefällt. Pascal D. muss wegen des „Verwendens von | |
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ 40 Tagessätze Geldstrafe | |
zahlen. Gegen einen weiteren Soldaten läuft noch ein Ermittlungsverfahren. | |
## Seit 2012 vermeintlich keine „erkannten Extremisten“ | |
Trotzdem gibt der MAD an, seit 2012 keinen KSK-Soldaten als „erkannten | |
Extremisten“ eingestuft zu haben. Lediglich fünf „Verdachtspersonen mit | |
Erkenntnissen“ seien festgestellt worden. | |
Vergangene Woche erklärten MAD und Bundesverfassungsschutz im | |
Verteidigungsausschuss des Bundestages mit Hilfe welcher Kriterien sie | |
Rechtsextremisten in der Bundeswehr erkennen. Sie legten eine Farbskala | |
vor, die von grün bis rot reichte. Pascal D., den Oberstleutnant, der | |
Hitlergrüße zeigte, sei bei gelb einsortiert gewesen, berichten | |
Sitzungsteilnehmer. | |
Neben politischer Gesinnung suchen die Nachrichtendienste immer auch nach | |
Hinweisen, ob eine Verdachtsperson die freiheitliche demokratische | |
Grundordnung beseitigen will. Und auch, ob ein Zusammenschluss mit anderen | |
erkennbar ist. Gerd Hoofe, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, soll | |
sich laut Teilnehmern an der Ausschusssitzung dafür stark gemacht haben, | |
künftig auch extreme Meinungsäußerungen nicht mehr zuzulassen und im | |
Zweifel juristische Präzedenzfälle zu schaffen. Das wäre eine neue | |
Strategie. | |
Anlass für die Befragung der Nachrichtendienste im Ausschuss waren | |
taz-Recherchen darüber, dass mehrere KSK-Soldaten ein konspiratives | |
Netzwerk gegründet hatten, in dem auch der mutmaßliche Rechtsterrorist und | |
Bundeswehrsoldat Franco A. Mitglied war. Ebenso als Teil des Netzwerks | |
wurden zwei Beschuldigte aus Norddeutschland identifiziert, die geplant | |
haben sollen, an einem nicht näher definierten „Tag X“ Personen aus dem so | |
genannten linken Spektrum festzusetzen und zu liquidieren – die | |
Nordkreuz-Gruppe. | |
## Prepper-Chatgruppen für den Tag X | |
Zentrale Figur dieses Netzwerkes ist André S., der auch unter dem Pseudonym | |
Hannibal auftritt. Auch er war Soldat des KSK und ist erst im vergangenen | |
Frühjahr aus der Einheit ausgeschieden. Er hatte sogenannte | |
Prepper-Chatgruppen administriert, in denen es um die Vorbereitung auf den | |
Tag X ging. [2][Er gründete auch einen Verein, Uniter e.V.], in dem sich | |
aktive und ehemalige Spezialkräfte aus Polizei, Bundeswehr und der privaten | |
Sicherheitswirtschaft vernetzen – und auch militärische Kampftrainings | |
abhalten. Die Regierung teilt nun mit: S. ist immer noch im Dienst der | |
Bundeswehr. Er sei nun wieder – wie vor seiner KSK-Zeit – als | |
Fallschirmjäger eingesetzt, hieß es im Verteidigungsausschuss. | |
Im Schreiben der Bundesregierung heißt es, dass gegen André S. Ermittlungen | |
geführt würden wegen des Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz. | |
Die Vorwürfe gegen ihn rechtfertigten es, disziplinarrechtliche Schritte | |
einzuleiten. | |
André S. ist einer von mindestens drei KSK-Soldaten, die mit Franco A. in | |
einer Chatgruppe kommuniziert haben. Diese drei wurden vom BKA befragt und | |
ihre Wohnungen durchsucht, um mehr über die Verbindung von Franco A. und | |
den Chatgruppen herauszufinden. Bereits zuvor stand André S. im Kontakt mit | |
dem MAD – als Auskunftsperson. Vor den Durchsuchungen [3][wurde er | |
angeblich von seinem MAD-Ansprechpartner gewarnt]. | |
## Durchsuchungen bei Bundeswehrangehörigen | |
Nach taz-Recherchen haben bei mehr Bundeswehrangehörigen Durchsuchungen in | |
diesem Komplex stattgefunden. Etwa bei einem früheren KSK-Mitglied, das | |
Mitglied in mehreren der fraglichen Chatgruppen war. Der Mann hatte André | |
S. zuvor auch dabei geholfen, den Verein Uniter zu gründen. Nach seinem | |
Ausscheiden aus dem KSK studierte er an der Bundeswehr-Universität. Er traf | |
auf die Soldaten Franco A. und Maximilian T., der kurz nach diesem | |
festgenommen wurde. Franco A. war bei mehreren Treffen des Vereins Uniter | |
und der süddeutschen Chatgruppe dabei – mindestens ein Mal auch bei André | |
S. zu Hause. | |
FDP, Linke und Grüne hatten Ende vergangenen Jahres eine gemeinsame | |
Sondersitzung von Innenausschuss und Verteidigungsausschuss gefordert, um | |
die Verbindungen dieses Netzwerkes in staatliche Strukturen aufzuklären. | |
Sogar von einem Untersuchungsausschuss war die Rede. Die | |
Regierungskoalition lehnte den Vorschlag jedoch ab. | |
Tobias Pflüger, Verteidigungspolitiker der Linksfraktion, auf den die | |
Kleine Anfrage zurück geht, kritisiert die Kriterien für die Einstufung von | |
Extremisten als zu lasch. „Nicht einmal ,Sieg Heil' rufende Neonazis | |
erfüllen diese Kriterien. Da verwundert es nicht, dass die Bundesregierung | |
die Existenz eines Netzwerks gewaltbereiter Rechtsextremisten in der | |
Bundeswehr weiterhin leugnet.“ | |
6 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5548926 | |
[2] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397 | |
[3] /Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5549493 | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
Sebastian Erb | |
Martin Kaul | |
Alexander Nabert | |
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