# taz.de -- Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: MAD ermittelt weiter im Fall Fr… | |
> Die Bundesregierung hat Verbindungen des Rechtsextremisten Franco A. zur | |
> „Prepper“-Szene bestätigt. | |
Bild: Die Ermittlungen in Bundeswehrkreisen laufen weiter | |
BERLIN taz | Der Nachrichtendienst der Bundeswehr, der Militärische | |
Abschirmdienst (MAD), ermittelt weiterhin im Fall des rechtsextremen | |
Ex-Bundeswehrsoldaten Franco A. Das geht aus einem als Verschlusssache | |
eingestuften Schreiben der Bundesregierung an den Verteidigungsausschuss im | |
Bundestag hervor, das der taz vorliegt. Darin heißt es wörtlich: „Der MAD | |
führt weitere Ermittlungen im Sachzusammenhang mit dem Fall Franco A. | |
durch.“ | |
Der Rechtsextremist und frühere Bundeswehrsoldat Franco A. war im April | |
2017 festgenommen worden, nachdem er zuvor auf dem Flughafen Wien mit einer | |
illegal beschafften Pistole samt Munition aufgefallen war. Zuvor soll er | |
sich laut Bundesanwaltschaft unter Vortäuschung einer falschen Identität | |
als syrischer Asylbewerber registriert und Sozialleistungen bezogen haben | |
– möglicherweise um als angeblicher Syrer weitere Straftaten zu begehen. | |
Die Bundeswehr und der MAD waren daraufhin massiv in die Kritik geraten, | |
weil ihnen die rechtsextreme Gesinnung des Soldaten nicht aufgefallen war. | |
Ende 2018 hatte die taz berichtet, dass Franco A. auch Mitglied in einer | |
Chatgruppe rund um den damaligen KSK-Soldaten André S. alias „Hannibal“ war | |
und [1][an mindestens zwei Treffen sogenannter Prepper in Baden-Württemberg | |
teilgenommen hatte]. Darunter eine konspirative Verabredung in einem | |
Schützenverein in Albstadt, bei der die Teilnehmer ihre Handys nicht | |
mitgenommen hatten und sich nur mit Vor- oder Decknamen ansprechen sollten. | |
Nach Recherchen der taz waren auch gewaltbereite Rechtsextremisten mit | |
Umsturzplänen Mitglieder in den von „Hannibal“ administrierten | |
Chatgruppen gewesen. Diese Mitglieder, Reservisten der Bundeswehr, die | |
bis heute Mitglieder des Reservistenverbands sind, hatten in | |
Norddeutschland laut Informanten der taz geplant, an einem sogenannten Tag | |
X politische Gegner in Lager zu verbringen und zu liquidieren. | |
## Gerichtliche Disziplinarverfahren | |
Der Verteidigungsausschuss, der Innenausschuss sowie das Parlamentarische | |
Kontrollgremium im Bundestag, das für die Kontrolle der Nachrichtendienste | |
zuständig ist, hatten sich daraufhin wiederholt mit der Causa beschäftigt. | |
MAD-Präsident Christof Gramm hatte betont, dass der MAD lediglich | |
anlassbezogen Einzelpersonen überprüfe und dass es keine Hinweise auf | |
rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Bundeswehr gebe. | |
In dem von Staatssekretär Peter Tauber am 14. Januar unterzeichneten | |
Schreiben an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses bestätigt das | |
Bundesverteidigungsministerium nun, dass Kontakte von Franco A. ins Umfeld | |
der „Prepper“-Szene festgestellt wurden. Demnach wurden bislang „fünf | |
aktive Soldaten sowie ein Reservist“ identifiziert, „die zum Teil in den in | |
Medienberichten erwähnten oder ähnlichen Chatgruppen aktiv waren“. Gegen | |
zwei dieser Soldaten sowie gegen den Reservisten liefen inzwischen | |
gerichtliche Disziplinarverfahren. Gegen einen weiteren Soldaten liefen | |
derzeit Vorermittlungen. | |
Wörtlich heißt es in dem Papier: „Die gegen die Soldaten und Reservisten | |
erhobenen Vorwürfe umfassen Erschleichen von Sozialleistungen, Verstöße | |
gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz, entwürdigende | |
Behandlung, Beleidigung und Bedrohung von Untergebenen, Aneignung und | |
unbefugten Besitz dienstlich bereitgestellten Materials sowie | |
fremdenfeindliche Äußerungen.“ | |
In dem Schreiben bestätigt die Bundesregierung zudem, dass ein Mann mit dem | |
Decknamen „Petrus“, der nach taz-Informationen eine wichtige Rolle in den | |
Chatgruppen spielte, ebenfalls Angehöriger der Bundeswehr ist. Aufgrund der | |
noch laufenden Ermittlungen im Fall Franco A. wolle das | |
Verteidigungsministerium in der Sache allerdings keine weiteren Auskünfte | |
geben. | |
Auch in einem weiteren Detail ist das Schreiben der Bundesregierung | |
interessant. Die taz hatte mehrfach angefragt, ob André S. alias „Hannibal“ | |
– der Chatgruppenadministrator und Gründer des eng mit den Chatgruppen | |
verbandelten Vereins Uniter, [2][über den die taz im Dezember 2018 | |
ausführlich berichtete] – im April 2017 auch Teilnehmer einer | |
Verabschiedungsfeier beim KSK gewesen sei, auf der unter anderem der | |
Hitlergruß gezeigt und Musik der rechtsextremen Band „Sturmwehr“ gespielt | |
worden sein soll. Dazu hatten sich Regierung und MAD bislang nicht | |
geäußert. | |
Jetzt teilt das Verteidigungsministerium mit, dass André S. nach | |
Erkenntnissen der Bundesregierung nicht an der umstrittenen Feier | |
teilgenommen habe. Wegen der Vorkommnisse auf der Feier beginnt am 27. | |
Februar vor dem Amtsgericht Böblingen der Prozess gegen einen ehemaligen | |
Oberstleutnant des Kommandos Spezialkräfte (KSK). | |
Aus dem Regierungsschreiben geht auch hervor, dass der MAD in den letzten | |
drei Jahren in insgesamt 60 Fällen dem Verdacht nachgegangen ist, dass es | |
innerhalb der Bundeswehr Reichsbürger gibt. „In keinem der bislang | |
abgeschlossenen Verdachtsfälle haben sich die Informationen derart | |
bestätigt, dass eine Einstufung der jeweiligen Person als ‚Extremist in der | |
Bundeswehr‘ vorgenommen wurde“, heißt es da. Weiter heißt es: „Keiner d… | |
Verdachtsfälle führte zur Entlassung eines der betroffenen Soldaten.“ | |
## Umstrukturierung beim MAD | |
In dem Schreiben an die Abgeordneten skizziert das Verteidigungsministerium | |
auch die Maßnahmen, die innerhalb der Bundeswehr und des MAD getroffen | |
wurden, um aus dem Fall Franco A. zu lernen. Im Rahmen einer | |
abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe namens Cluedo hatte der | |
Nachrichtendienst in Zusammenarbeit mit dem Generalbundesanwalt bereits den | |
Ermittlungen im Fall Franco A. zugearbeitet. | |
Nun weist das Bundesverteidigungsministerium auf die neue Rolle des | |
Militärischen Abschirmdienstes hin: „Der Bedeutung der Aufgaben des MAD bei | |
der Extremismusabwehr wird auch dadurch Rechnung getragen, dass der MAD aus | |
dem truppendienstlichen Unterstellungsverhältnis der Streitkräftebasis | |
herausgelöst und als Bundesbehörde (BAMAD) unmittelbar dem | |
Bundesverteidigungsministerium unterstellt wurde.“ So werde größere | |
Flexibilität und mehr Eigenständigkeit erreicht. | |
Diese Reform hatte das Verteidigungsministerium bereits Mitte 2017 | |
vorgenommen. Demnach wurde innerhalb des MAD ein neues Dezernat „Prävention | |
Extremismusabwehr“ eingerichtet. Ziel sei es, „durch adressatengerechte | |
Beratung und Vorträge als Ansprechpartner für die Bundeswehr zur Verfügung | |
zu stehen“. Auch jenseits des MAD verweist die Bundesregierung auf | |
zahlreiche Reformen und Sensibilisierungsmaßnahmen. Künftig sollen | |
beispielsweise Disziplinarermittlungen im Zusammenhang mit | |
Volksverhetzung strengeren Meldepflichten unterliegen, sodass der MAD | |
früher von Verdachtsfällen erfährt. Auch seien die | |
Wehrdisziplinaranwaltschaften personell gestärkt worden. | |
Im Dezember hatte die taz unter anderem von einem klandestinen Training von | |
„Hannibal“ und weiteren Uniter-Mitgliedern auf einem Trainingsgelände im | |
baden-württembergischen Mosbach berichtet, das von Eingeweihten als | |
„paramilitärische Ausbildung“ bezeichnet wurde. Auch bei Franco A. hatten | |
die Ermittler ein Uniter-Abzeichen gefunden. Diese und andere Vorfälle | |
beschäftigen weiterhin den Bundestag sowie Landesparlamente, etwa in | |
Baden-Württemberg. | |
20 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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