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# taz.de -- Rechtes Netzwerk um „Hannibal“: MAD-Mitarbeiter freigesprochen
> Peter W. stand im Verdacht, den Ex-KSK-Soldaten André S. vor
> Durchsuchungen gewarnt zu haben. Jetzt zog die Staatsanwaltschaft ihre
> Berufung zurück.
Bild: Überraschende Wendung im Gerichtsprozess: MAD-Mitarbeiter Peter W. freig…
Berlin taz | Es ist eine überraschende Wendung im Gerichtsprozess gegen
einen Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes, also des
Geheimdienstes der Bundeswehr: Eigentlich hatte es die Staatsanwaltschaft
Köln als erwiesen angesehen, dass Peter W. Geheimnisverrat begangen hatte.
Sie war deshalb gegen seinen Freispruch aus erster Instanz in Berufung
gegangen – hat diese nun aber am Montag im laufenden Prozess zurückgezogen.
Es gilt nun das Urteil aus erster Instanz: [1][Freispruch.]
Der Vorfall, um den es vor dem Landgericht Köln geht, liegt drei Jahre
zurück: Im September 2017 trafen sich der heute 44-jährige Peter W. und ein
damaliger Soldat des Kommando Spezialkräfte (KSK) in einem Hotel in
Sindelfingen. Der Soldat heißt André S., nennt sich auch Hannibal, er ist
eine Auskunftsperson des MAD. Er erzählt Peter W. von Prepper-Chats, die er
betreibt, über den Verein Uniter, den er gegründet hat [2][und der heute
als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist]. Der MAD-Mitarbeiter fragt
ihn auch nach Franco A., einen weiteren Bundeswehrsoldaten, der bald vor
Gericht steht, weil er als syrischer Flüchtling getarnt, ein Attentat
geplant haben soll.
Doch an diesem Tag im September soll André S. eine wichtige Information von
Peter W. erhalten haben: Eine Warnung, dass das BKA ihn und zwei weitere
KSK-Soldaten durchsuchen werde. So geht es aus der Anklageschrift hervor.
[3][In erster Instanz konnte im vergangenen Jahr zweifelsfrei geklärt
werden], dass André S. vorbereitet war, als die Ermittler kamen. Er hatte
einen Laptop und möglicherweise weitere Datenträger beiseite geschafft. Bis
heute ist unklar, ob so wichtige Informationen verschwunden sind. Den
Vorwurf aber, dass Peter W. ihn über die Ermittlungen informiert habe, sah
das Gericht nicht als erwiesen an und sprach ihn frei. Die
Staatsanwaltschaft Köln ging dagegen vor. Ende Oktober 2020 begann der
Prozess in zweiter Instanz.
Knapp ein Dutzend Zeugen wieder ausgeladen
Peter W. erschien in Ausgehuniform vor Gericht. Bislang war er intern
lediglich versetzt worden, ein Disziplinarverfahren ruht seit Jahren. Der
MAD teilt der taz nun auf Anfrage mit, man habe zunächst die juristische
Entscheidung abgewartet und die sei nun für die Behörde bindend. Heißt auch
dort Freispruch: W. muss keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen mehr
fürchten.
Das Gericht bemühte sich um Antworten, befragte die beiden anderen
KSK-Soldaten, die ebenfalls durchsucht worden waren. Die aber erinnerten
sich nur an wenig. Die Staatsanwaltschaft konnte nichts Neues vorbringen.
Ursprünglich sollten insgesamt 13 Zeugen geladen werden, doch weil niemand
aus erster Hand wissen konnte, wer André S. Quelle war, sahen die
Prozessbeteiligten davon ab.
Für die entscheidende Wendung sorgte der Angeklagte selbst. Er berichtete,
André S. habe ihm 2017, Monate vor der Durchsuchung, von einem Kontakt zur
Bundesanwaltschaft erzählt. Der Ermittlungsbehörde also, die die
Durchsuchungen von S. veranlasste. 2018 soll André S. das in einer
MAD-Befragung präzisiert haben, sprach wohl von einem Kontakt in Berlin.
„Die Tragweite dessen ist mir erst später aufgefallen“, gab Peter W. vor
Gericht zu Protokoll. Ein Leck bei den Ermittlern?
[4][André S. prahlt viel, mit geheimen Informationen, mit Verbindungen zu
Sicherheitsbehörden.] Vieles von dem, was André S. sagte, bewahrheitete
sich nicht. Hier vor Gericht will er gar nichts sagen: Er war der einzige,
der vom entscheidenden Treffen mit Peter W. hätte erzählen können, meldete
sich erst krank und ließ dann ausrichten, er werde ohnehin nichts aussagen,
was ihn selbst belasten würde.
Es wird noch verworrener: Fragt man die Bundesanwaltschaft nach dem
vermeintlichen Leck, [5][will sie kürzlich durch Medienberichte zum ersten
Mal davon gehört haben]. Der MAD kommentiert den Vorgang nicht. Peter W.
aber berichtet von Gesprächsrunden von MAD, Bundeskriminalamt und
Bundesanwaltschaft, in denen es genau darum ging. Von all dem war in der
ersten Instanz nichts zu hören. Das Gericht verzichtet darauf, die
Geheimdienstvermerke von 2017 und 2018 als Beweise einzufordern,
BKA-Ermittler und Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft als Zeugen zu laden.
Stattdessen stoppt die Staatsanwaltschaft an dieser Stelle den Prozess.
Auf Anfrage der taz teilt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit, eine
„von jedem vernünftigen Zweifel freie Gewissheit“, dass der Angeklagte die
Geheimnisse verraten habe, sei nicht mehr zu erzielen gewesen. Die Berufung
habe keine Aussicht auf Erfolg mehr gehabt.
9 Nov 2020
## LINKS
[1] /MAD-Prozess-in-Koeln/!5581449/
[2] /Uniter-und-der-Verfassungsschutz/!5697547/
[3] /MAD-Prozess-in-Koeln/!5582312/
[4] /Interne-Dokumente-des-Vereins-Uniter/!5664632/
[5] https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/ksk-mad-razzia-101.html
## AUTOREN
Christina Schmidt
Luisa Kuhn
## TAGS
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