# taz.de -- Eurokolumne: Die Lösung für Griechenland | |
> Niemand sagt es im Wahlkampf gerne, aber den Griechen müssen Milliarden | |
> Euro Schulden erlassen werden. Das ist aber gar nicht so schlimm. | |
Bild: Damit in Griechenland niemand mehr demonstrieren muss, braucht es wahrsch… | |
Wer zahlt für Griechenland? Diese Frage will keine Partei im Wahlkampf | |
diskutieren, obwohl sie sich aufdrängt. Denn Athen kann seine | |
Staatsschulden nicht bedienen, die demnächst bei 175 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung liegen dürften. | |
Schulden klingen nach moralischer Schuld – und überhaupt wird gern | |
vermutet, dass die Griechen das Geld verprassen würden. Doch tatsächlich | |
sind sie Opfer einer gnadenlosen ökonomischen Logik: Es ist unmöglich, | |
Kredite abzubauen, wenn die Wirtschaft schrumpft. Und seit 2008 ist das | |
griechische Bruttoinlandsprodukt um fast 25 Prozent gefallen. | |
Man wird den Griechen also helfen müssen. Doch wer soll zahlen? Klar ist | |
immerhin, wo die griechischen Schulden liegen: Mehr als 80 Prozent der | |
Kredite verteilen sich auf die Europäische Zentralbank (EZB), die EU und | |
den Internationalen Währungsfonds (IWF). | |
Diverse Experten haben bereits ausgerechnet, was ein Schuldenschnitt, also | |
ein teilweiser Erlass, den deutschen Steuerzahler kosten könnte. Heraus kam | |
ein „zweistelliger Milliardenbetrag“. Diese Botschaft ist natürlich wenig | |
erfreulich, weswegen sie im Wahlkampf nicht vorkommt. | |
Sobald die Bundestagswahl vorbei ist, wird das Thema „Schuldenschnitt“ | |
allerdings wieder auf die Tagesordnung drängen. Dafür wird schon der IWF | |
sorgen, denn er darf nur Kredite vergeben, wenn ihre Rückzahlung garantiert | |
ist. Da Griechenland seine Schulden jedoch nicht komplett bedienen kann, | |
wird im Herbst eine Schaukeldiplomatie beginnen, die letztlich auf ein | |
Paradox hinausläuft: Griechenland erhält nur neue Kredite, wenn alte | |
Kredite gestrichen werden. | |
## Wie geht das, ein kostengünstiger Schuldenschnitt? | |
Daraus ergibt sich die eigentlich interessante Frage: Wie lässt sich ein | |
Schuldenschnitt möglichst kostengünstig organisieren? Die Eurozone hat | |
nämlich mit diversen Typen von Schuldenschnitten experimentiert, was aber | |
in der Öffentlichkeit nicht immer aufgefallen ist. | |
Der klassische Schuldenschnitt wurde bereits einmal in Griechenland | |
praktiziert – nur dass es damals, 2012, die privaten Gläubiger traf. Banken | |
und Fonds mussten auf etwa 106 Milliarden Euro verzichten. Dies war keine | |
gute Idee. Denn seither hat sich das Misstrauen in der Eurozone | |
festgesetzt, dass auch andere Eurostaaten in die Pleite schlittern könnten. | |
Bizarre Konsequenz: Seither gibt es nicht mehr einen Euro – sondern 17 | |
verschiedene Euros. Ein griechischer oder italienischer Euro ist nicht mehr | |
so viel wert wie ein deutscher Euro. Dies ist keine abstrakte Erwägung, | |
sondern konkrete Realität. So müssen italienische Unternehmen höhere Zinsen | |
für ihre Kredite zahlen, weil sie in Italien sitzen, selbst wenn sie | |
genauso rentabel und kreditwürdig sind wie eine deutsche Firma. Das sprengt | |
die Währungsunion von innen, noch während sie besteht. | |
Aber es gab noch eine andere Variante von Schuldenschnitt, die weitaus | |
eleganter ist und in Irland praktiziert wurde, ohne dass viele Euro-Bürger | |
dies jemals bemerkt hätten. Die irische Regierung hat im Februar einfach | |
einen Teil ihrer Staatsschulden an die irische Nationalbank weitergereicht. | |
Fertig. Die Details sind kompliziert, aber der wesentliche Trick bestand | |
darin, der Notenbank Staatspapiere anzudienen, die bis zum Jahr 2053 laufen | |
und nur niedrig verzinst sind. Erfreuliches Ergebnis: In den nächsten zehn | |
Jahren spart Irland 20 Milliarden Euro beim Schuldendienst. | |
Die Iren handelten übrigens nicht eigenmächtig, sondern die deutsche | |
Bundesregierung hat zugestimmt. Sie hatte nämlich keine Lust, mitten im | |
Wahlkampf über einen Schuldenschnitt für Irland zu diskutieren. | |
Finanzminister Schäuble entschied rein taktisch – aber trotzdem richtig. | |
Um also auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Wer muss für Griechenland | |
zahlen? Niemand. Genau wie die Iren könnten auch die Griechen einen Teil | |
ihrer Schulden bei der EZB abladen. Man muss es ihnen nur erlauben. Aber es | |
wäre doch sehr merkwürdig, wenn für die Iren andere Regeln gelten sollten | |
als für die Griechen. | |
18 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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