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# taz.de -- Eurokolumne: Undank ist des Schäubles Lohn
> Es sieht nur so aus, als ob sich Finanzminister und Deutsche Bank
> streiten. Tatsächlich ist der Kassenwart oberster Lobbyist des
> Geldhauses.
Bild: Was er auch tut – immer gibt es Ärger: Proteste gegen Wolfgang Schäub…
Markige Sprüche, nichts dahinter: So arbeitet auch Finanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU). In der vergangenen Woche lieferte er sich ein Wortgefecht
mit Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen, das in seiner Kurzform so ablief:
Schäuble: Die Kreativität der Banken, die Regulierung zu umgehen, ist
weiterhin groß.
Fitschen: Das ist Populismus.
Schäuble: Fitschen hat sich im Ton vergriffen.
Wer diesen Wortwechsel unbefangen liest, könnte glauben, dass die deutschen
Banken zittern müssten, weil der Finanzminister hart durchgreifen und die
Spekulationsgeschäfte beschneiden würde. Doch dies wäre ein
Missverständnis. Schäuble ist der oberste Lobbyist der deutschen Banken.
Wie das Politlobbying funktioniert, zeigte sich erneut in dieser Woche, als
in Brüssel über die Bankenunion verhandelt wurde. Im Kern sollen die
Geldhäuser der Eurozone in den nächsten zehn Jahren 50 bis 55 Milliarden
Euro in einen Fonds einzahlen, um damit Pleite-Institute zu retten.
Der Plan mag beeindruckend klingen, doch tatsächlich ist der Fonds viel zu
klein. Nur zum Vergleich: Allein die deutschen Landesbanken haben bei der
letzten Finanzkrise einen Schaden von etwa 50 Milliarden Euro angerichtet,
den der Steuerzahler begleichen musste. Und in dieser Rechnung fehlen die
Pleitehäuser Hypo Real Estate, IKB und Commerzbank.
## Der Bankenrettungsfonds ist Unsinn
Der Fonds hätte also nicht einmal für die deutschen Banken gereicht – und
soll nun gleich die der gesamten Eurozone retten. Und über diesen Unsinn
haben die 17 Euro-Finanzminister bereits mehrere Treffen abgehalten. Das
nächste soll am 18. Dezember stattfinden.
Dieser diplomatische Eifer ist zwar folgenlos, hat aber einen politischen
Zweck: Er soll vernebeln, dass sich bei der Bankenregulierung faktisch
nichts getan hat. Fünf Jahre nach dem Lehman-Desaster können die Banken
noch immer ungehindert spekulieren – und sicher sein, dass Verluste vom
Steuerzahler getragen werden.
Die offizielle Lesart lautet: Die Finanzminister betonen, dass zunächst die
Gläubiger an den Rettungskosten beteiligt würden. Diese Idee firmiert unter
so technischen Begriffen wie „Haftungskaskade“ oder „Bail-in“. Falls ei…
Bank in die Pleite steuert, wären erst die Aktionäre dran, dann die
Besitzer ungesicherter Anleihen, schließlich normale Sparer – sofern sich
auf ihrem Konto mehr als 100.000 Euro befinden.
Es klingt drakonisch, die Banken in die Pleite zu schicken. Doch real haben
sie nichts zu befürchten – deshalb bleiben sie auch so gelassen. Denn: Die
Institute besitzen ein enormes Erpressungspotenzial, seitdem 2008 die
Pleite eines einzigen Instituts – Lehman Brothers – bereits gereicht hat,
die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen. Damals brachen die globalen
Finanzmärkte zusammen, weil die Anleger panisch wurden und ihr Geld von den
Banken abzogen. Die Folgen sind bekannt: Um die Kapitalflucht zu stoppen,
stellte sich die Kanzlerin vor die Fernsehkameras und versicherte den
verängstigten Deutschen, dass ihre Einlagen sicher sind – eine
Vollkasko-Versicherung für die Banken, dass sie unbegrenzt Steuergeld
erhalten.
Dieses Szenario würde sich wiederholen, sobald eine neue Bankpleite droht.
Nicht die Gläubiger würden bluten – sondern die Steuerzahler.
Die Bankenunion setzt viel zu spät an. Sie will regeln, was passiert, wenn
eine Bank bereits pleite ist. Doch tatsächlich müsste verhindert werden,
dass Banken überhaupt in die Nähe eines Konkurses geraten. Die Lösung ist
schlicht: Die Banken müssten mehr Eigenkapital besitzen, damit sie Verluste
verkraften können. Sie müssten also einen Teil ihrer Gewinne einbehalten.
Gegen diesen Gedanken wehren sich die Banken jedoch mit ihrer geballten
Lobbymacht, weil sie dann ihre Boni kürzen müssten. Denn: Man kann den
Gewinn nur einmal verteilen. Entweder wandert er ins Eigenkapital – oder an
die Investmentbanker.
Europas Banken beschäftigen 3.529 Boni-Millionäre. Sie alle können Schäuble
dankbar sein, dass er eine strenge Regulierung verhindert. Es ist zu
verstehen, dass der Finanzminister nicht versteht, warum ihn Fitschen einen
Populisten nennt.
13 Dec 2013
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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