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# taz.de -- Gutachten zu Wohnungspolitik in Berlin: Enteignen ist erlaubt und e…
> Wohnungen dürfen vergesellschaftet werden. Das bestätigte jetzt die
> Expert:innenkommission, die darüber nach dem Volksentscheid in Berlin
> beraten hat.
Bild: Die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ bei einer Demonstration f�…
Berlin taz | Nach einjähriger Prüfung einer dreizehnköpfigen
Expert*innenkommission unter Vorsitz der Ex-Bundesjustizministerin
Herta Däubler-Gmelin (SPD) steht fest: Die Enteignung privater
Immobilienbestände ist möglich. „Das Land Berlin hat nach dem Grundgesetz
die Kompetenz für eine [1][Gesetzgebung zur Vergesellschaftung] in Berlin
gelegener Immobilienbestände großer Wohnungsunternehmen“, heißt es in dem
der taz vorab vorliegenden Abschlussbericht, der am Mittwoch dem
schwarz-roten Senat übergeben werden soll.
Die Kommission war noch unter dem SPD-geführten Vorgängersenat eingesetzt
worden, um „Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen“ für die Umsetzung des
erfolgreichen Volksentscheids der [2][Initiative Deutsche Wohnen & Co
enteignen] (DWE) von September 2021 zu prüfen. Eine große Mehrheit der
Berliner:innen hatte dafür votiert, die Bestände aller privaten
Immobilienkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in Gemeingut zu überführen
und den Senat beauftragt, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen.
Nun sind die Expert:innen einhellig zu dem Schluss gelangt, dass ein
Vergesellschaftungsgesetz, das die „gemeinnützige Bewirtschaftung für die
Zukunft“ sichert, „im Einklang“ mit dem noch nie zuvor angewendeten
Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes steht. Auch das Gebot der
Verhältnismäßigkeit stehe einer Vergesellschaftung nicht entgegen. Für das
Anliegen der Vergesellschaftung – die „Beendigung privatnütziger Verwertung
zur Aufhebung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Macht“ –
fehle eine Alternative, „die bei gleichem Ertrag für die Zwecke des
Allgemeinwohls offensichtlich milder ist“.
## „Keine weitere Verschleppungstaktik“
Drei Kommissionsmitglieder der juristischen Fachkommission vertreten in
einem Sondervotum eine in Teilen abweichende Meinung, wonach „dem
Eigentumsgrundrecht der betroffenen Unternehmer ein größeres“ Gewicht
zukomme, als von der Mehrheit angenommen. Doch auch ihrer Meinung nach ist
eine Vergesellschaftung „nicht grundsätzlich ausgeschlossen“.
Mit Hinweis auf die „Effizienz“ des Vorgehens widersprechen die
Expert:innen einhellig der Sorge, die Vergesellschaftungsgrenze von
3.000 Wohneinheiten sei willkürlich und widerspreche dem
Gleichbehandlungsgrundsatz. Andererseits sei diese Grenze angesichts der
„mit der Bestandsgröße typischerweise korrespondierenden gesellschaftlichen
Machtstellung der wirtschaftlich betroffenen Unternehmen“ zu rechtfertigen.
Eine Vergesellschaftung betreffe, auch das ist klargestellt, nur
privatwirtschaftliche Akteure, nicht etwa Genossenschaften.
Auch beim Streitpunkt der Entschädigungssumme gibt es eine gemeinsame
Basis: Weil eine Vergesellschaftung etwas anderes ist als eine Enteignung,
könne diese unter dem Verkehrswert liegen. Grundlage für die
Entschädigungshöhe könne demnach sein, was für das Land finanzierbar sei
bzw. welche Erträge die gemeinnützige Bewirtschaftung erbringe. Im
Minderheitenvotum wird der Unterschied zwischen Vergesellschaftungs- und
Enteignungsentschädigung als deutlich geringer angenommen.
Die DWE reagierte auf den Bericht euphorisch: Eine Vergesellschaftung sei
„rechtssicher möglich, verhältnismäßig und finanzierbar“, so Sprecher A…
Lindemann.
Die Initiative verwahrt sich gegen ein vom Senat geplantes
[3][Vergesellschaftungsrahmengesetz], das nur grundsätzlich die Bedingungen
für Vergesellschaftungen festschreiben soll und aufgrund einer Überprüfung
durch das Bundesverfassungsgericht, erst zwei Jahre nach Verabschiedung in
Kraft treten soll. Lindemann kündigt an: „Wir dulden jetzt keine weitere
Verschleppungstaktik mehr in Form eines sinnlosen Rahmengesetzes.“
27 Jun 2023
## LINKS
[1] /Enteignung-unter-Schwarz-Rot-in-Berlin/!5919640
[2] /DW-Enteignen-plant-neues-Volksbegehren/!5936256
[3] /Volksentscheid-DW-Enteignen/!5926412
## AUTOREN
Erik Peter
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