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# taz.de -- Deutsche Wohnen & Co enteignen: Volksbegehren, jetzt aber richtig
> Weil der Senat nicht vergesellschaftet, plant DW Enteignen einen
> Gesetzesvolksentscheid. Das Gesetz dafür soll binnen eines Jahres
> erarbeitet werden.
Bild: Sollen bald wieder hängen: Werbeplakate von Deutsche Wohnen & Co enteign…
Berlin taz | Auf den Tag genau zwei Jahre nachdem der [1][Volksentscheid
Deutsche Wohnen & Co enteignen] mit einer Mehrheit von fast 60 Prozent der
Wähler:innenstimmen angenommen wurde, geht die dahinter stehende
Initiative wieder in die Offensive. Um doch noch zu einer
Vergesellschaftung der Bestände der großen privaten Wohnungskonzerne zu
kommen, planen die Mietenaktivist:innen einen neuen Volksentscheid,
diesmal mit einem konkreten Gesetz als Grundlage. Die Verkündung des
Schritts erfolgte am Dienstagvormittag im Rahmen einer Pressekonferenz vor
dem Roten Rathaus.
„Der schwarz-rote Senat hat deutlich gemacht, dass es mit ihm keine
Umsetzung des Volksentscheids geben wird“, sagte Initiativen-Sprecherin
Veza Clute-Simon im Gespräch mit der taz. Es sei deshalb „an der Zeit, die
Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen und die von den
Berliner:innen gewollte Vergesellschaftung mit einem
Gesetzesvolksentscheid möglich zu machen“. 2021 hatte Deutsche Wohnen & Co
enteignen kein eigenes Gesetz vorgelegt; stattdessen beinhaltete der
Volksentscheid die Aufforderung an den Senat, die Vergesellschaftung in die
Wege zu leiten.
Damals wäre es „nahezu unmöglich gewesen, ein Gesetz zu schreiben, dass vor
obersten Gerichten bestand hat“, so Clute-Simon. Die Debatte um den noch
nie angewendeten Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes habe „noch
in den Kinderschuhen“ gesteckt. Heute sei man auch aufgrund der Arbeit der
Expert:innenkommission viel weiter und traue sich zu, ein
wasserdichtes Gesetz zu schreiben.
Die vom Senat eingesetzte Kommission unter Leitung der ehemaligen
Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hatte ein Jahr lang die
rechtlichen Möglichkeiten der Vergesellschaftung geprüft und im Juni ihren
[2][Abschlussbericht] vorgestellt. Ergebnis: Der Vergesellschaftung steht
grundsätzlich nichts im Weg. In diesem Sinne sei die
„Verhinderungsstrategie des Senats nicht aufgegangen“, so Clute-Simon.
## Schwarz-Rot blockiert
[3][Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hatte zuletzt „ausgeschlossen“], dass
Berlin den Artikel 15 zur Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen
anwenden wird. Vorgenommen hat sich der Senat dagegen ein
[4][Vergesellschaftungsrahmengesetz], das allgemeine Kriterien für die
Überführung privaten Eigentums definieren soll. Für die Initiative steht
hingegen fest: „Da sollen Dinge geregelt werden, die nicht erforderlich
sind. Es ist ein reines Verschleppungsgesetz“, so Clute-Simon.
Deutsche Wohnen & Co enteignen will ihr Vergesellschaftungsgesetz in einem
Jahr vorlegen. Beauftragen wird man dafür eine Rechtsanwaltskanzlei, die in
Zusammenarbeit mit einem Expert:innengremium den Text ausarbeitet –
finanziert durch ein Crowdfunding. Die Namen von Kanzlei und
Expert:innen will man erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
Gegenüber der taz signalisierte der Wohnungsmarktexperte Andrej Holm
Interesse an einer Mitarbeit. „Angesichts der katastrophalen Lage auf dem
Wohnungsmarkt und der Unfähigkeit der aktuellen politischen Führung,
dagegen etwas zu tun, werden sich viele daran beteiligen.“ Ein Gesetz einer
Fachkanzlei, rückgekoppelt mit breiter Expertise aus der Stadt, sei dem
Erabeitungsprozess von Senatsverwaltungen nicht unterlegen, so Holm.
## Erste Stufe noch nächstes Jahr
Noch Ende des nächsten Jahres soll mit der ersten Stufe des Volksbegehrens
begonnen werden, in der dann zunächst 20.000 gültige Unterschriften
gesammelt werden müssen. Gelingt das, haben die Aktivist:innen den
weiteren Lauf der Dinge nicht mehr selbst in der Hand. Dann hat der Senat
fünf Monate Zeit, um das Gesetz zu prüfen, es entweder zu übernehmen, es
ohne rechtliche Bedenken abzulehnen und damit den Weg für ein Volksbegehren
freizumachen oder es dem Landesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen.
Angesichts der ablehnenden Haltung von CDU und SPD ist diese Variante die
wahrscheinlichste. Eine Prüfung durch das Gericht würde den Prozess um
voraussichtlich mindestens ein Jahr, möglicherweise auch zwei verzögern.
Erst wenn die Richter:innen zu einer positiven Prüfung gelangt sind,
kann das richtige Volksbegehren, das schließlich in einem Entscheid münden
soll, starten. Clute-Simon sagt: „Wir stellen uns auf einen Marathon ein.“
Den Senat will Deutsche Wohnen & Co enteignen mit der Ankündigung „nicht
aus der Verantwortung entlassen“. Die Mieter:innen der Stadt bräuchten
„Erleichterungen, die sofort greifen“. Gleichzeitig aber wolle man „nicht
weiter hilflos dabei zuschauen, wie der Senat sich weigert, die immer
schlimmer werdende Mietenkrise einzudämmen“, so Clute-Simon. Das beste
Mittel gegen die Krise am Wohnungsmarkt bleibe die Vergesellschaftung: „Der
jahrelange Prozess wird sich lohnen, wenn wir danach hunderttausende
Wohnungen für die Ewigkeit in den Händen der Berliner:innen haben.“
Unterstützung für den Schritt kam von Grünen und Linken. Der
Grünen-Landesvorsitzende Philmon Ghirmai bezeichnete den Schritt angesichts
der „Verschleppungspolitik“ des Senats als nachvollziehbar: „Wir freuen u…
darauf, uns in die Debatte um ein konkretes Vergesellschaftungsgesetz
einzubringen.“ Linken-Chef Maximilian Schirmer sagte: „Der positive
Kommissionsbericht wird im Regal von Kai Wegner einstauben, konkrete
Maßnahmen zur Regulierung des Mietenmarkts wird es nicht geben.“ Die Linke
stehe auf jeden Fall hinter dem neuen Anlauf.
26 Sep 2023
## LINKS
[1] /Deutsche-Wohnen--Co-enteignen/!t5764694
[2] /Gutachten-zu-Enteignungen-in-Berlin/!5932840
[3] /Wohnungsmarkt-in-der-Krise/!5955018
[4] /Debatte-ueber-Vergesellschaftung/!5953077
## AUTOREN
Erik Peter
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