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# taz.de -- Halbzeitbilanz der Wohnungspolitik: Flaute beim Bauen und Wohnen
> DGB und Mieterbund ziehen nach zwei Jahren Ampel eine traurige Bilanz: In
> puncto Wohnungspolitik hat die Bundesregierung wenig geliefert.
Bild: Eigentlich sollten 100.000 Sozialwohnungen entstehen, geschafft wurde abe…
Berlin taz | Viel Gutes hatte Stefan Körzell am Nikolaustag nicht zu
verkünden. „Das Bauen und Wohnen der Zukunft sollte bezahlbar, klimaneutral
und nachhaltig gestaltet werden“, zitiert Körzell, DGB-Vorstandsmitglied,
frei aus dem Koalitionsvertrag der Ampel. Mit der Realität hat das wahrlich
wenig zu tun. Der Bau stockt, die Mieten steigen. Zur Ampelhalbzeit zogen
am Mittwoch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Deutsche
Mieterbund in Berlin nun gemeinsam Bilanz – und die fiel nicht gut aus.
Körzell begann mit einer nüchternen Bestandsaufnahme: Beim sozialen
Wohnungsbau käme man kaum voran, auch beim Mietrecht werde „mehr gebremst
als geklotzt“. Viele müssten 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens für das
Wohnen ausgeben und deshalb häufig „an allen Ecken und Enden sparen, nur um
ihre Miete noch zahlen zu können“. 2022 konnten 5,5 Millionen Menschen laut
Statistischem Bundesamt nicht ausreichend heizen.
Das Fazit von Körzell lautet daher: „Die Wohnungskrise ist ein
sozialpolitischer Skandal.“ Das werde nun zunehmend auch „ein
wirtschaftspolitisches Problem“. Immer mehr Arbeitgeber klagten, dass sie
keine Fachkräfte finden, weil es keine bezahlbaren Wohnungen gebe. Der
Bundesregierung fehle „der Mut, das Ruder rumzureißen“, kritisiert Körzel…
Um entgegenzusteuern, müsse die öffentliche Hand mehr investieren, es
brauche ein [1][kommunales preislimitiertes Vorkaufsrecht] und ein
konsequentes Vorgehen gegen [2][sogenannte Share-Deals], mit denen
Unternehmen die Grunderwerbsteuer umgehen. Körzell betonte zudem, dass der
DGB schon immer „Gegner der Schuldenbremse“ war.
## Immerhin für die Wohngeldreform gibt es Lob
[3][Lukas Siebenkotten], Präsident des Deutschen Mieterbundes, versuchte es
im Hinblick auf die Wohnungsnot mit den Worten des Kanzlers: „Es muss ein
Wumms passieren. Ein zweifacher oder dreifacher Wumms.“ Siebenkotten
richtete einen genauen Blick darauf, was die Bundesregierung im Hinblick
auf Wohnungspolitik überhaupt schon umgesetzt hat. Die Wohnungsbauziele hat
sie 2022 verfehlt. Statt [4][400.000 Wohnungen sind nur etwa 295.000]
entstanden.
Besonders bitter sah es aber aus [5][beim sozialen Wohnungsbau]. Eigentlich
sollten 100.000 Sozialwohnungen entstehen, geschafft wurde aber nur etwa
ein Viertel. Die Bundesregierung habe zwar mehr Geld in den sozialen
Wohnungsbau gesteckt. Man sei aber „weit von dem Fördervolumen entfernt,
das wir tatsächlich brauchen“, kritisierte Siebenkotten. Derzeit stellt der
Bund den Ländern von 2022 bis 2027 18,15 Milliarden Euro zur Verfügung.
## Buschmann blockiert vielversprechende Mietrechtsnovelle
In puncto Mietenpolitik plädierte Siebenkotten für einen Mietenstopp,
richtete sich aber insbesondere an Bundesjustizminister Marco Buschmann
(FDP). Seit über einem Jahr [6][blockiert Buschmann eine bereits
vereinbarte Mietrechtsnovelle], um Druck beim Streitthema
Vorratsdatenspeicherung aufzubauen – für Siebenkotten völlig inakzeptabel.
„Kümmern Sie sich endlich drum!“, sagte er.
Die Mietrechtsnovelle beinhaltet unter anderem die Verlängerung der
Mietpreisbremse bis 2029 und die Senkung der Kappungsgrenze in angespannten
Wohnlagen von 15 Prozent auf 11 Prozent. Das bedeutet, dass Mieten, die
noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei
Jahren nicht um mehr als 11 Prozent angehoben werden dürfen.
Siebenkotten bemängelte zudem, dass die sogenannte neue
Wohngemeinnützigkeit noch nicht auf den Weg gebracht worden sei. Das
Vorhaben soll Unternehmen steuerlich bevorteilen, die gemeinnützigen und
preisgebundenen Wohnraum zur Verfügung stellen.
Immerhin einen Punkt konnte Siebenkotten loben: die [7][umgesetzte
Wohngeldreform]. Doch das hatte nur wenig Einfluss auf die Gesamtbewertung.
Nach einer Note für die Bundesregierung gefragt, antwortete Siebenkotten:
„Noch ausreichend, aber mit Tendenz zu ‚mangelhaft‘.“
6 Dec 2023
## LINKS
[1] /Mietenkrise-und-Verdraengung/!5847825
[2] /Mega-Share-Deal-auf-dem-Wohnungsmarkt/!5782042
[3] /Mieterschuetzer-ueber-Heizungsaustausch/!5929234
[4] /Neue-Wohnungen-in-der-Baukrise/!5933367
[5] /Sozialwohnungen-in-Deutschland/!5951779
[6] /FDP-verschleppt-besseren-Mieterschutz/!5922641
[7] /Wohngeldreform-der-Regierung/!5880397
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
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