# taz.de -- Lahmender Wohnungsbau in Niedersachsen: Mehr wohnen, weniger parken | |
> Niedersachsen versucht, an der Bauordnung zu drehen, um aus der | |
> Wohnungsmisere zu kommen. Vereinfacht werden soll das Bauen an | |
> bestehenden Gebäuden. | |
HANNOVER taz | Man kann sie kaum noch hören, die Alarmmeldungen: Bis zum | |
Jahr 2040 werden [1][knapp 237.000 zusätzliche Wohnungen benötigt], | |
prognostizierte die niedersächsische Investitions- und Förderbank N-Bank in | |
ihrem Wohnungsmarktbericht erst kürzlich wieder. | |
Dabei liegen viele – vor allem kommerzielle Neubauprojekte – auf Eis, weil | |
sie sich aufgrund der dramatisch gestiegenen Zinsen und Baukosten nicht | |
mehr rechnen. | |
Nun soll also eine Anpassung der niedersächsischen Bauordnung das Bauen | |
„schneller, einfacher und günstiger“ machen, wie Bauminister Olaf Lies | |
(SPD) behauptet. Dabei gehört Niedersachsen zu den ersten Bundesländern, | |
die versuchen, das Maßnahmenbündel, das auf Bundesebene mit dem „Bau-Turbo�… | |
vereinbart wurde, umzusetzen. | |
Der Turbo besteht aus einer ganzen Reihe einzelner Stellschrauben, die nun | |
justiert werden müssen. Eine der wichtigeren: Vereinfachungen beim | |
[2][Bauen im Bestand]. Das Aufstocken um ein oder zwei Geschosse bei | |
bestehenden Häusern oder der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnraum soll | |
wesentlich erleichtert werden. Das gilt als relativ schnell wirksame | |
Maßnahme – und ist ja immerhin auch klimafreundlicher, als neu zu bauen. | |
## „Genehmigungsfiktion“ für schnellere Verfahren | |
Der Dachgeschossausbau soll künftig nicht mehr genehmigungspflichtig sein. | |
Außerdem müssen auch bei neuen Geschossen die Decken, Wände oder Treppen | |
nur noch dem Standard des Baujahres der gesamten Immobilie entsprechen – | |
und nicht mehr dem neuesten Standard, was oft zu Kostensteigerungen und | |
Anpassungsbedarf in den Stockwerken darunter führt. | |
Die Pflicht, Aufzüge nachzurüsten oder zusätzliche Stellplätze für Autos | |
bereitzustellen, soll entfallen. Letzteres gilt auch für Neubauten – dafür | |
sollen mehr Fahrradabstellmöglichkeiten zur Pflicht werden. | |
Bei Nutzungsänderungen von Gebäuden – wichtig zum Beispiel bei der | |
Umnutzung von Gewerbeimmobilien – sollen Abweichungen von den geltenden | |
Standards möglich sein, das gilt auch für besonders innovative Bauprojekte | |
zur Erprobung neuer Wohnformen. | |
Auch bei den Baugenehmigungen soll sich etwas tun. Mit der sogenannten | |
Genehmigungsfiktion sollen Bauanträge im vereinfachten Verfahren als | |
genehmigt gelten, wenn die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten anders | |
entscheidet. | |
Vorausgesetzt ist dabei, dass der Antrag vollständig und korrekt ist. Die | |
langen Genehmigungsfristen werden in der Branche schon lange beklagt, weil | |
sie eben auch ein Finanzierungsproblem sind. | |
## CDU will lieber Grunderwerbssteuer halbieren | |
Weitere Nachbesserungen soll es im Bereich serielles Bauen und [3][Tiny | |
Houses] geben. Hier sollen die Zulassungen und Genehmigungen anderer | |
Bundesländer anerkannt werden. | |
Der Kabinettsentwurf dieser Bauordnungsnovelle geht nun in die | |
Verbandsbeteiligung. Nach den Vorstellungen von Bauminister Olaf Lies (SPD) | |
soll er noch vor dem nächsten Sommer auch im Parlament beraten und | |
verabschiedet werden. | |
Die CDU-Opposition kritisierte ihn schon einmal als unzureichend und | |
kündigte an, einen eigenen Entschließungsantrag einbringen zu wollen. Die | |
CDU fordert vor allem Entlastungen für Häuslebauer etwa durch eine | |
Halbierung der Grunderwerbssteuer für Erstimmobilien und ein verändertes | |
Steuerrecht für Zinskosten bei selbst genutzten Immobilien. | |
Außerdem nutzte sie die Gelegenheit, einmal mehr gegen die geplante | |
Landeswohnungsbaugesellschaft zu schießen. Lies hat die Gründung der | |
Gesellschaft mit 100 Millionen Euro Startkapital für das kommende Jahr | |
angekündigt. | |
Sie soll in den kommenden zehn Jahren für bis zu 10. 000 neue Wohnungen | |
sorgen, ein Großteil davon geförderte Sozialwohnungen. Die früher | |
bestehende Landeswohnungsbaugesellschaft war 2005 unter der | |
CDU/FDP-Regierung von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verkauft | |
worden. | |
9 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/wo… | |
[2] /Ausstellung-ueber-Bauen-mit-Bestand/!5879545 | |
[3] /Die-Wahrheit/!5897113 | |
## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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