| # taz.de -- Konstantin von Notz über Sicherheit: „Die Fußfessel ist Symbolp… | |
| > Gefährder wie Anis Amri festzusetzen, findet der grüne Innenpolitiker | |
| > richtig – wenn es klare Belege für eine Gefahr gibt. | |
| Bild: „In Einzelfällen kann das vielleicht Sinn machen, eine schlüssige Ant… | |
| taz: Herr von Notz, sind die Maßnahmen, auf die sich Innenminister de | |
| Maizière und Justizminister Maas im Kampf gegen islamistischen Terror | |
| geeinigt haben, sinnvoll? | |
| Konstantin von Notz: Vieles davon sind Dinge, die die große Koalition | |
| längst hätte machen müssen – der Informationsaustausch zum Beispiel auf der | |
| europäischen Ebene funktioniert sehr schlecht. In einem freizügigen Europa | |
| brauchen wir ein funktionierendes System. Da ist absolut zu wenig gemacht | |
| geworden. Das gleiche gilt für den wichtigen Bereich der Prävention. | |
| Sind 18 Monate Abschiebehaft und Fußfessel für so genannte Gefährder, die | |
| ja noch keine Straftat begangen haben, verhältnismäßig? | |
| Die Fußfessel ist Symbolpolitik, sie wird keine Anschläge verhindern. In | |
| Frankreich hat ein Terrorist mit einer Fußfessel einem Priester in einer | |
| Kirche die Kehle durchgeschnitten. Das zeigt, dass man damit nicht effektiv | |
| für mehr Sicherheit sorgt. In Einzelfällen kann das vielleicht Sinn machen, | |
| eine schlüssige Antwort auf die Probleme ist es nicht. | |
| Dass man einen abgelehnten Asylbewerber festsetzen kann, bei dem es wie im | |
| Fall Anis Amri konkrete Hinweise gibt, dass er einen Anschlag begehen will, | |
| das finde ich richtig – wenn es konkrete und hinreichende Belege für die | |
| Gefahr gibt. Was es in einem Rechtsstaat nicht geben darf, ist ein | |
| Gesinnungsstrafrecht. Wir werden die Regelungen der beiden Minister, wenn | |
| sie ausgearbeitet sind, sehr genau prüfen. | |
| Die Minister sprechen über so genannte Gefährder – bundesweit einheitliche | |
| und klare Kriterien, was das ist, gibt es bislang nicht. | |
| Das ist ein erhebliches Problem – europaweit, aber auch in Deutschland. Das | |
| Gemeinsame Terrorabwehrzentrum unterscheidet verschiedene | |
| Gefährdungsstufen. Wenn man an diese Einstufung als Gefährder rechtliche | |
| Konsequenzen knüpft, muss man das genau definieren, das ist bislang nicht | |
| der Fall. Bemerkenswert ist aber auch, worüber die Minister nicht | |
| gesprochen haben. | |
| Zum Beispiel? | |
| Das europäische Waffenrecht soll als Reaktion auf die Anschläge von Paris | |
| reformiert werden, dort wurden umgebaute Dekorationswaffen benutzt. Die | |
| Sicherheitsbehörden sagen, dass es Tausende von diesen Waffen in Europa auf | |
| dem Schwarzmarkt gibt, dagegen aber geht die Bundesregierung nicht | |
| entschieden vor. Ein weiteres Problem ist das fehlende Personal bei den | |
| Bundesbehörden. Jahrelang wurde Personal abgebaut, das kann man jetzt nicht | |
| so schnell wieder aufstocken. | |
| Was halten Sie von der Idee, Länder, die ihre abgelehnten Asylbewerber | |
| nicht zurückzunehmen, unter Druck zu setzen – bis hin zur Streichung von | |
| Entwicklungshilfe? | |
| Das ist eine wirklich schwierige Position. Das sagt ja auch der zuständige | |
| CSU-Minister. Diese Länder müssen ihre Leute zurücknehmen, aber das | |
| erreicht man nicht mit der Peitsche. Wir brauchen kollegiale Verhandlungen | |
| und Abkommen mit diesen Ländern. | |
| Sie diskutieren auf Ihrer Fraktionsklausur auch über das Thema Sicherheit. | |
| Welche Konsequenzen würden Sie aus dem Fall Anis Amri ziehen? | |
| Bis heute sind viele relevante Fragen nicht beantwortet, deshalb haben wir | |
| im Bundestag auch eine kleine Anfrage eingereicht. Wie ist er an die Waffe | |
| gekommen? Wer hat exakt entschieden, dass seine Gefährdung so schwach | |
| eingestuft wurde? Hat nicht nur die Polizei, sondern auch der | |
| Verfassungsschutz Amri überwacht?Wir wissen noch nicht, was schief gelaufen | |
| ist und was man effektiv verbessern muss. Verstörend ist, dass man so viele | |
| Hinweise auf die Gefährlichkeit dieses Mannes hatte und man ihn doch aus | |
| den Augen verloren hat. | |
| Und wenn am Ende rauskommt: Letztlich war eine falsche Entscheidung der | |
| beteiligten Terrorfahnder, die Amris Gefährlichkeit auch in Abwägung zu | |
| anderen Gefährdern einschätzen müssen, entscheidend? | |
| Das kann sein, wir wissen in der Tat noch nicht, ob es wirklich ein | |
| Versagen der Behörden gegeben hat. Man kann das Verhalten von Menschen nun | |
| mal nicht mit Algorithmen berechnen, diese Einschätzungen sind eine | |
| höllisch schwere Aufgabe. Es bleibt immer eine Unsicherheit. Aber wir | |
| müssen genau wissen, wie es gelaufen ist, um dann die richtigen | |
| Schlussfolgerungen ziehen zu können. | |
| 12 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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