# taz.de -- Reformvorschlag zur Energiepolitik: Hoher Strompreis? Super! | |
> Umweltberater der Bundesregierung wollen Kohlekraftwerke stilllegen. | |
> Dafür nehmen sie höhere Belastungen für den Verbraucher in Kauf. | |
Bild: Ganz schön duster über dem Braunkohlekraftwerk Pulheim. | |
BERLIN taz | Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) verlangt einen | |
radikalen Kurswechsel in der Energie- und Klimapolitik. Weil die Reform des | |
europäischen Emissionshandels nicht vorankommt, plädieren die | |
Regierungsberater für eine nationale CO₂-Steuer. | |
Dafür solle die Bundesregierung die Ausnahmen für Kohle bei der Ökosteuer | |
streichen oder Braunkohlekraftwerke durch neue Grenzwerte vom Markt | |
drängen, heißt es in einem neuen Gutachten, das die Wissenschaftler aus dem | |
SRU am Dienstagvormittag in Berlin vorstellen - und das die taz vorab | |
einsehen konnte. | |
Das Abschalten von CO₂-intensiven und unflexiblen Braunkohlekraftwerken | |
bezeichnen die Regierungsberater als wichtigstes Ziel der Energie- und | |
Klimapolitik. Neue, saubere Gaskraftwerke sollen dann einspringen, wenn | |
kein Ökostrom zur Verfügung steht. | |
Bisher sind Kohlekraftwerke von der Energiesteuer befreit. Diese Befreiung | |
einfach zu beenden, würde aber nach Berechnungen der taz nicht genügen; der | |
dadurch erreichte Preisanstieg entspräche nur Steigenrung des | |
CO2-Zertifikatpreises von fünf auf etwa 7,50 Euro. | |
Teure, aber emissionsarme Gaskraftwerke sind aber erst ab einem | |
Zertifikatepreis von 30 bis 40 Euro wirtschaftlicher als Kohlekraftwerke. | |
## Preise wie in Großbritannien | |
Die Umweltweisen räumen offen ein, dass der höhere Gasanteil im Strommix | |
den Börsenpreis steigen ließe. Falls dieser von den Versorgern | |
weitergegeben wird, kämen auf die Verbraucher höhere Kosten zu. | |
Genau das ist in Großbritannien passiert, wo die Regierung im April einen | |
Mindestpreis von 19 Euro für Emissionszertifikate eingeführt hat. Wegen des | |
hohen Gasanteils und des neuen CO₂-Mindestpreises sei der britische | |
Strompreis im zweiten Quartal der höchste in Westeuropa gewesen, schreibt | |
die EU-Kommission. | |
Einsparvorschläge macht der Umweltrat nicht. Im Gegenteil: „Insgesamt wird | |
auch in mehreren Jahrzehnten noch eine kombinierte Vergütung für | |
erneuerbare Energien, versicherungsähnliche Reserve-Leistungen und | |
ergänzende Infrastruktur notwendig sein“, schreiben die Professoren in | |
ihrem Gutachten. | |
Eine radikale Forderung für Grünstrom haben die Umweltweisen dennoch. Ein | |
Förderstopp von pflanzlicher Biomasse solle „unbedingt erwogen werden“. Nur | |
vier Prozent der Biomasse für die Stromerzeugung kommen aus Abfällen, 43 | |
Prozent aus Gülle und mehr als die Hälfte wird extra für die | |
Energiegewinnung angebaut. | |
Nach Schätzungen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe wachsen in | |
Deutschland auf 1,9 Millionen Hektar Mais, Gras und andere Grünpflanzen für | |
die Produktion von Strom, Wärme und Kraftstoffen. Das entspricht der Fläche | |
Sachsens! | |
Für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes schlagen die Umweltweisen | |
Änderungen vor, die stark denen des Energieverbandes BDEW ähneln, in dem | |
viele Betreiber fossiler Kraftwerke organisiert sind. Eine Förderung über | |
20 Jahre soll es nicht mehr geben, stattdessen ein | |
Gesamtkilowattstundenkonto für jede Erzeugungstechnologie. | |
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sieht durch die Vorschläge die | |
Ökostrombranche bedroht. Die Kilowattstundenkonten würden keinen Anreiz | |
setzen, effiziente und hochwertige Technik zu verwenden, sagte ein | |
Sprecher. In den nächsten Wochen will der BEE eigene Vorschläge für eine | |
EEG-Reform vorlegen. | |
7 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Manuel Berkel | |
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