# taz.de -- Kungeln mit Konzernen: Unheilige Energie-Allianz | |
> Der Ökostromanbieter Lichtblick wirft dem Hamburger Senat eine | |
> Bevorzugung der Großkonzerne Vattenfall und Eon vor. Außerdem gibt es | |
> Streit über die Höhe der Konzessionsabgabe. | |
Bild: Scholz und Konsorten: der Bürgermeister mit Senatoren und Vertretern von… | |
HAMBURG taz | Schwere Vorwürfe gegen die Energiepolitik des SPD-Senats hat | |
der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick erhoben. „Der Senat ist eine | |
unheilige Allianz mit Vattenfall und Eon eingegangen“, schimpft | |
Lichtblick-Geschäftsführer Gero Lücking. Bürgermeister Scholz verfolge eine | |
Energiepolitik wie in den Monopolzeiten des 20. Jahrhunderts. Nur ein | |
erfolgreicher Volksentscheid könne die wettbewerbsfeindliche Ehe zwischen | |
der Stadt und den Konzernen wieder lösen. | |
Heftig kritisiert er die Verträge der Stadt mit Vattenfall und Eon Hanse. | |
Diese Vereinbarungen würden den Großkonzernen die Vormachtstellung beim | |
Kraftwerksbau in Hamburg sichern. „Das verletzt die Spielregeln des | |
Wettbewerbs im liberalisierten Energiemarkt“, sagt Lücking. Die Verträge | |
seien deshalb rechtswidrig. Kraftwerksbauten müssten ausgeschrieben und die | |
Vergabe im Wettbewerb der besten und kostengünstigsten | |
Energiewende-Lösungen entschieden werden. | |
So solle nach den Plänen des Senats die Kapazität der Kraft-Wärme-Kopplung | |
für 25 Millionen Euro bis 2021 von heute 9.000 auf 17.000 Kilowatt | |
ausgebaut werden. Doch seien weder Lichtblick noch andere Wettbewerber | |
überhaupt gefragt worden, sagt Lücking und versichert: „Dabei könnten wir | |
das billiger.“ | |
Lichtblick, mit rund 600.000 Kunden größter konzernunabhängiger | |
Energieanbieter in Deutschland, will den Ausgang des Volksentscheids über | |
die Energienetze am 22. September abwarten. Sollte er erfolgreich sein, | |
würden die Verträge zwischen der Stadt und den Konzernen hinfällig. | |
Anderenfalls hält das Unternehmen sich „kartellrechtliche und andere | |
juristische Schritte offen“, sagt Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth. | |
Senat und SPD-Fraktion verteidigten ihren Kurs am Mittwochnachmittag in der | |
letzten Bürgerschaftsdebatte vor dem Volksentscheid am übernächsten | |
Sonntag. Ein vollständiger Rückkauf der Netze, wie ihn die Initiative | |
„Unser Hamburg – Unser Netz“ durchsetzen will, berge „unkalkulierbare | |
Risiken“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. | |
Es gebe keine garantierte Renditen aus dem Netzbetrieb, deshalb würden die | |
Initiative zusammen mit Grünen und Linken „die Menschen für dumm | |
verkaufen“. Auch Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) erklärte „jede | |
Spekulation auf Kosten der Steuerzahler“ für inakzeptabel. | |
Die Fraktionschefs von Grünen und Linken, Jens Kerstan und Dora Heyenn, | |
beharrten darauf, dass der 100-prozentige Rückkauf der Netze die | |
Energiewende fördere und lukrativ für die Stadt sei. „Die Gewinne sollten | |
besser in den Hamburger Haushalt fließen als in den schwedischen“, sagte | |
Heyenn. | |
Am heutigen Donnerstag wollen die SPD sowie die oppositionellen Christ- und | |
Freidemokraten gemeinsam einen Antrag beschließen, in dem für ein „Nein“ | |
beim Volksentscheid geworben wird. Zugleich wollen sie einen Antrag der | |
Grünen ablehnen, von Vattenfall nachträglich mehrere Millionen Euro an | |
Konzessionsabgabe für das Fernwärmenetz einzufordern, die der Konzern | |
angeblich zehn Jahre lang nicht entrichtet hat. | |
Die Grünen sprechen von bis zu sieben Millionen Euro pro Jahr. Die SPD | |
hingegen will sich mit einer „Sondernutzungsgebühr“ von jährlich rund 1,7 | |
Millionen Euro begnügen, die Vattenfall seit 2011 zahlt. | |
11 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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