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# taz.de -- Volksentscheid Energienetze: Kein Geld und flauer Magen
> Senat und SPD wollen keinen Euro für den Rückkauf der Versorgungsnetze
> für Strom, Gas und Fernwärme ausgeben. Kampagnen pro und contra Rückkauf
> laufen.
Bild: Wollen keinen Cent dazu zahlen: Bürgermeister Olaf Scholz (l.), Fraktion…
Sie guckt sehr bekümmert, wie sie da so steht in ihrem Laden vor den
Garnrollen, die 45-jährige Schneiderin Saadet Cetinkaya aus Eppendorf.
„Nicht mit meinem Geld“, stellt sie klar, sollte Hamburg zwei Milliarden
Euro für ein paar Kabel und Rohre ausgeben. Es ist eines der Plakatmotive,
mit der die Hamburger SPD ihre am Donnerstag gestartete Kampagne gegen die
Rekommunalisierung der Versorgungsnetze illustriert. Und das Geld ist das
alles entscheidende Argument, mit dem SPD-Chef und Erster Bürgermeister
Olaf Scholz diese Kampagne bestreiten will.
„Mehr als zwei Milliarden Euro für die Netze sind zu viel“, sagt Scholz,
diese Summe sei „angesichts der hohen Verschuldung der Stadt von 24,5
Milliarden Euro ein zu hohes Risiko“. Das sei „der Preis für alles“ räu…
er auf Nachfrage ein. Da sich die Stadt bereits für 543,5 Millionen Euro zu
jeweils 25,1 Prozent an den Netzbetriebsgesellschaften für Strom, Gas und
Fernwärme eingekauft hat, wären für den Rest also weitere gut 1,5
Milliarden Euro aufzubringen. Drei Viertel der Anteile halten die
Energiekonzerne Vattenfall und Eon.
Nach Ansicht der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“, die am 22.
September per Volksentscheid über den Netzrückkauf abstimmen lässt, ist die
Rekommunalisierung finanzierbar. Der Kauf der restlichen drei Viertel der
Anteile sollte genauso finanziert werden, wie der Senat das mit dem ersten
Viertel getan hat. Über die städtische Vermögensholding HGV wird der Kredit
aufgenommen zu Zinsen von drei bis vier Prozent, die von der
Bundesnetzagentur garantierte Rendite liegt zwischen sieben und neun
Prozent: kein Risiko.
Das sei „eine Milchmädchenrechnung“ sagt Scholz dazu. Niemand könne
verlässlich sagen, dass die Zinsen so historisch niedrig blieben und die
Rendite in der jetzigen Höhe. Sich darauf zu verlassen, sei „Spekulation
auf Pump“. Und dabei „kriegen wir einfach Bammel und einen flauen Magen und
sind sehr ängstlich und sagen: ’Lieber nicht‘“, so der Bürgermeister.
Das sieht auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel so. Mit der Energiewende
und der verstärkten Förderung erneuerbarer Energien habe die Leitungshoheit
nichts zu tun. „Es würde nicht eine Kilowattstunde mehr Ökostrom und auch
nicht eine Atomstromstunde weniger“, sagte Dressel.
Eben das sieht die Netz-Initiative anders. Vattenfall und Eon hätten an
„dezentralen und klimafreundlichen Lösungen kein Interesse und setzen
weiterhin auf Atom und Kohle“, sagt Manfred Braasch von der Initiative.
Diese hat jetzt mit der Aufstellung von 4.000 Plakaten ebenfalls ihre
Kampagne für den Rückkauf der Netze gestartet.
Zugleich startet der Versand der Wahlbenachrichtigungen. Ab Montag
verschickt das Landeswahlamt die Abstimmungsunterlagen für die
Bundestagswahl und den gleichzeitig stattfindenden Volksentscheid am 22.
September.
Wie auch immer der ausgehen mag, Olaf Scholz will es „weder im Positiven
noch im Negativen persönlich“ nehmen. „Volksentscheide sind eine wichtige
und sinnvolle Ergänzung der repräsentativen Demokratie und so zu
akzeptieren“, sagt er. Was zugleich bedeutet: „Ich bleibe Erster
Bürgermeister.“
## Ausführliche Informationen pro und contra: ,
1 Aug 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
Schwerpunkt Atomkraft
Vattenfall
Hamburg
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