# taz.de -- Zensierte Werbung: U-Bahn politisch neutral | |
> Die Hochbahn stoppt einen Werbespot für Vattenfall-kritische Lesungen - | |
> es handele sich um politische Werbung. | |
Bild: Auch ohne U-Bahn-Werbung: Am 20. September liest für die Initiative "Uns… | |
Der Spot „Musikalische Lesungen im Knust“ sollte eine Woche lang auf den | |
Bildschirmen der Hamburger U-Bahnen laufen. Doch nach zwei Tagen war | |
Schluss. Die Mediengruppe Ströer hatte den Werbeauftrag storniert. „Es | |
entsteht dem Auftraggeber kein finanzieller Schaden, wir haben das ganze | |
Guthaben zurückgezahlt“, sagt Ströer-Sprecher Mark Sausen. | |
Auftraggeber war der Zusammenschluss „Unternehmer gegen Atomkraft“, der in | |
diesen Tagen im Knust Autoren-Lesetage unter dem Motto „Vattenfall vom Netz | |
trennen“ organisiert. Die Lesungen mit Künstlern wir Rocko Schamoni, Rolf | |
Becker und Kai Degenhardt sind eine Benefizveranstaltung für die | |
Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“, die beim Volksentscheid am | |
22. September den vollständigen Rückkauf der Energienetze anstrebt. | |
„Wir haben eine Beschwerde erhalten und unseren Werbepartner Ströer | |
gebeten, die Werbung auf politische Inhalte zu prüfen“, sagt | |
Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold. „Die Rückmeldung war, dass die Chart | |
gelöscht wurde.“ Bei genauer Überprüfung, so Ströer-Sprecher Sausen, sei | |
seine Firma zur der Auffassung gelangt, dass es sich um politische Werbung | |
handele, die nach den Geschäftsbedingungen nicht zulässig sei. | |
„Das war eindeutig Werbung für eine Kulturveranstaltung, auch wenn es eine | |
Benefiz-Veranstaltung für uns war“, erwidert Wiebke Hansen, | |
Kampagnenleiterin der Initiative. „Dann müsste ja auch Werbung für einen | |
Sänger unzulässig sein, der politische Lieder singt“, sagt sie. Den einen | |
Anruf bei der Hochbahn habe die Stadt genutzt, „um eine politisch | |
ungewollte Position aus der Öffentlichkeit zu verbannen“, so Hansen. | |
## SPD-Filz vermutet | |
Dirk Seifert von Robin Wood äußert in seinem Blog sogar die Vermutung, dass | |
SPD-Filz eine Rolle bei der Entscheidung gespielt habe. SPD-Bürgermeister | |
Olaf Scholz kämpft gegen den Netzrückkauf. Hochbahn-Chef Günther Elste war | |
langjähriger SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft. Sein früherer | |
Referent Hauke Eugen Wagner ist zu Vattenfall gewechselt und dort für die | |
von der SPD durchgesetzte Minderheits-Beteiligung der Stadt an den | |
Energieversorgungsnetzen zuständig. Er sitzt im SPD-Landesvorstand. | |
Hochbahn-Sprecherin Weihgold weist jeglichen Verdacht der Einflussnahme | |
zurück: „In den Prozess der Werbeschaltungen von Ströer sind weder Herr | |
Elste noch ein ehemaliger Mitarbeiter unseres Unternehmens eingebunden“, | |
sagt sie. | |
## Vattenfall wirbt ungehindert | |
Seifert ärgert sich, dass die Initiative überall Probleme kriege, aber der | |
Stromkonzern Vattenfall „ungehindert rechtswidrige Werbung schalten“ kann. | |
Zuletzt hatte die Bundesnetzagentur mitgeteilt, sie untersuche unter | |
anderem Zeitungsbeilagen gegen den Netzrückkauf daraufhin, ob Vattenfall | |
darin sauber zwischen Netzgesellschaft und Stromversorger unterscheide. | |
Wiebke Hansen von „Unser Hamburg – unser Netz“ kann der Posse auch | |
Positives abgewinnen: „Wir hatten zwei Tage kostenlose Werbung in der | |
U-Bahn.“ | |
23 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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