# taz.de -- Rückkauf der Energienetze: Keine Katze im Sack kaufen | |
> Grüne werfen dem Senat vor, er habe die Netzgesellschaften nicht genügend | |
> geprüft, bevor er sich einkaufte. Die Finanzbehörde nennt den Vorwurf | |
> haltlos. | |
Bild: Ramsch gekauft? Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Vattenfalls Generalb… | |
Die Grünen unterstellen dem SPD-Senat, er habe sich von Vattenfall und Eon | |
Hanse über den Tisch ziehen lassen. Als er mit den Energiekonzernen über | |
den Rückkauf von 25,1 Prozent der Energienetze verhandelte, habe er sich | |
internen Unterlagen zufolge mit unbrauchbaren Informationen abspeisen | |
lassen. Fraktionschef Jens Kerstan fordert deshalb „eine sofortige | |
Offenlegung der Angaben zur Überprüfung durch externe Experten“. | |
Über eine Klage der Volksinitiative für einen Netzrückkauf auf | |
Akteneinsicht will das Verwaltungsgericht noch in dieser Woche entscheiden. | |
Die Finanzbehörde wies die Vorwürfe unter Verweis auf | |
Bürgerschaftsdokumente zurück. | |
Kerstan stützt sich mit seiner Kritik auf den Spiegel. Das | |
Nachrichtenmagazin zitiert Vermerke, in denen sich Behördenmitarbeiter | |
unzufrieden mit den vorgelegten Unterlagen äußern: „Anlagenzustand lässt | |
sich aus vorhandenem Material schwer ableiten“, heiße es darin über die | |
Akten zum Fernwärmenetz. Es fehlten Angaben zu Investitionen und | |
Instandhaltung. Die Informationen seien „schwer, kaum oder gar nicht | |
verwertbar“. Zur Prüfung hätten bloß 28 Aktenordner vorgelegen, schreibt | |
der Spiegel. Üblich sei bei Geschäften dieser Größenordnung das Zehnfache | |
und mehr. | |
„Das ist frei erfunden“, sagt Finanzbehörden-Sprecher Daniel Stricker. Der | |
Vergleich sei willkürlich. Und die zitierten Vermerke bezögen sich auf | |
einen Zwischenstand im Prüfungsverfahren. Der Spiegel habe diesen | |
herausgegriffen und behaupte, daraus den Endstand der Prüfungen herleiten | |
zu können. Das erwecke einen falschen Eindruck. | |
Tatsächlich hat der Senat in mehreren Antworten an die Bürgerschaft | |
ausgeführt, wie der Wert und die rechtliche Konstruktion der | |
25,1-Prozent-Beteiligung geprüft wurden. Demnach legten die Unternehmen | |
insgesamt rund 1.000 Dokumente vor: Zertifikate, Gutachten, Revisionspläne. | |
Vier Mitarbeiter von Behörden und der städtischen Vermögensholding HGV | |
sowie 16 externe Berater von der Anwaltskanzlei Allen&Overy LLP, der | |
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers und der Commerzbank | |
beschäftigten sich damit – in der Summe 249 Arbeitstage lang. Immer wieder | |
hätten die Prüfer weitere Unterlagen gefordert, die von den Firmen | |
nachgereicht worden seien. | |
Behördensprecher Stricker weist darauf hin, dass der Senat frühzeitig alle | |
Verträge und wesentlichen Gutachten zum Netzkauf im Internet veröffentlicht | |
habe. Darüber hinaus hätten die Bürgerschaftsabgeordneten die | |
Bewertungsgutachten einsehen könnten. „Dieses musste vertraulich erfolgen, | |
weil die Bewertungsunterlagen sensible Betriebs und Geschäftsgeheimnisse | |
der Unternehmen Eon und Vattenfall beinhalten“, sagt er. | |
Den Grünen reicht das nicht. Sie wollen, dass ein von ihnen beauftragter | |
Energierechtsexperte Akteneinsicht erhält. „Bisher wird dem Mitarbeiter aus | |
fadenscheinigen Gründen der Zutritt zum Datenraum verweigert“, kritisieren | |
sie. | |
Auch den Antrag der Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“ auf | |
Akteneinsicht hat die Finanzbehörde abgelehnt. Die maßgeblichen | |
Informationen habe der Senat bereits umfänglich veröffentlicht. Beim Rest | |
überwiege das Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen das | |
Informationsinteresse der Initiative. Bis Ende der Woche will das | |
Verwaltungsgericht mitteilen, ob es das genauso sieht. | |
9 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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