# taz.de -- Rückkauf der Energienetze: Genossen machen Genossen Beine | |
> Eine neue Genossenschaft will der Stadt helfen, nach dem Volksentscheid | |
> im September das Stromnetz mit Investment für das Gemeinwohl zu | |
> rekommunalisieren. | |
Bild: Soll ein neues Logo auf dem Helm bekommen: Projektleiter von Vattenfalls … | |
HAMBURG taz | Für Lukas Beckmann ist klar, dass Energienetze nicht in die | |
Hände privater Konzerne gehören: „Wir machen Hamburgs Bürgern ein Angebot | |
zur Versöhnung von Wirtschaft und Gesellschaft“, sagt der Aufsichtsrat der | |
neu gegründeten Energienetz Hamburg eG (ENH). Diese Genossenschaft will | |
sich an der Betreibergesellschaft des Hamburger Stromnetzes beteiligen. | |
Voraussetzung dafür ist, dass beim Volksentscheid im September eine | |
Mehrheit der HamburgerInnen dafür votiert, den Energiekonzernen Vattenfall | |
und Eon die Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme zu entziehen und | |
sie unter öffentliche Kontrolle zu stellen. Dann strebe ENH für das | |
Stromnetz „eine kommunale Partnerschaft mit der Stadt Hamburg an“, sagt | |
Beckmann. | |
Die Genossenschaft kann sich auf Fachkompetenz stützen. Beckmann ist | |
Vorstandsmitglied der GLS Treuhand, deren Zukunftsstiftungen soziale und | |
ökologische Projekte fördern. Im Aufsichtsrat sitzen zudem der renommierte | |
Energierechtler Peter Becker sowie mehrere Projekt- und | |
ManagementberaterInnen, im Vorstand zwei langjährige Geschäftsführer | |
kommunaler Unternehmen. | |
Es gehe um „einen Kulturwandel“, sagt Becker. „Wir wollen unser Stromnetz | |
kaufen, um von Konzernen und Großkraftwerken zu einer gemeinnützigen | |
Trägerschaft mit dezentraler und erneuerbarer Erzeugung zu kommen.“ | |
Beckmann rechnet mit 100 Millionen Euro, welche ENH sammeln müsse, und | |
weiteren 150 Millionen an Krediten. Das reiche, sich zur Hälfte an der | |
Stromnetzgesellschaft zu beteiligen, deren Wert mit etwa einer halben | |
Milliarde Euro zu veranschlagen sei. Die Stadt Hamburg behielte die andere | |
Hälfte. „Es gibt genug Geld, das darauf wartet, angelegt zu werden“, sagt | |
er. | |
„Es geht hier aber nicht um eine möglichst profitable Geldanlage, sondern | |
um ein sinnstiftendes Investment für das Gemeinwohl und bürgerschaftliches | |
Engagement“, sagt Beckmann. Einlagen sind ab 100 Euro möglich und nach oben | |
unbegrenzt. Nach genossenschaftlichem Prinzip aber hat jedes Mitglied nur | |
eine Stimme – unabhängig von der Höhe der Anteile. Eine Beherrschung durch | |
kapitalkräftige Einleger ist somit unmöglich. | |
Das entspricht dem Genossenschaftsmodell der taz – und das hat vor 20 | |
Jahren ein gewisser Olaf Scholz erfunden, damals Syndikus des | |
Zentralverbandes deutscher Konsumgenossenschaften. Inzwischen ist er Erster | |
Bürgermeister in Hamburg. | |
3 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
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