| # taz.de -- Öko-Experten legen Umweltgutachten vor: Mut zur Wildnis | |
| > Die Umwelt-Ratgeber der Bundesregierung fordern: Wirtschaftsprivilegien | |
| > streichen, Wildnis schützen und die Agrarlobby an die Leine nehmen. | |
| Bild: Die Wildnis besser schützen: das schwimmende Moor an der Jade | |
| Berlin taz | Die Nachricht aus Brüssel kam wie gerufen: Mitten in die | |
| Pressekonferenz des [1][Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) der | |
| Bundesregierung] platzte am Dienstag die Meldung, dass der Europäische | |
| Gerichtshof die deutschen Privilegien für die Industrie beim Ökostrom für | |
| unerlaubte Subventionen hält. | |
| Da sind die sieben deutschen Öko-Weisen in ihrem [2][aktuellen Gutachten | |
| (pdf-Datei)] genau der gleichen Meinung: Eine „kritische Überprüfung der | |
| zahlreichen energiepolitischen Begünstigungen der Industrie“ fordert ihr | |
| Gutachten. Und Harald Bradke vom Fraunhofer Institut ISI in Karlsruhe, beim | |
| SRU zuständig für Energie, fand, „nur sehr wenige Branchen“ hätten die | |
| Ausnahmen verdient, die sie im globalen Wettbewerb schützen sollen – aber | |
| sicher nicht Zementwerke oder Golfplätze. | |
| Derartige „Widerstände“ gegen einen Öko-Umbau listen die Experten auf 462 | |
| Seiten in dem Gutachten auf, das sie alle vier Jahre vorlegen. Die | |
| bisherige Bilanz ist eher mau: Obwohl Deutschland Vorbild sein könnte und | |
| sollte, verfehle die Umweltpolitik ihren eigentlichen Zweck: „Die | |
| ökologischen Handlungsnotwendigkeiten sind so groß, dass sie mit den | |
| bisherigen Ansätzen eines nachsorgenden oder selbst eines | |
| technisch-vorsorgenden Umweltschutzes alleine nicht mehr bewältigt werden | |
| können.“ | |
| Was es wirklich brauche, sei eine „ökologisch motivierte Transformation der | |
| Industriegesellschaft“. So könnte eine CO2-Steuer an den EU-Außengrenzen | |
| Ökodumping bei Produkten wie chinesischem Stahl verhindern; gegen die | |
| Energiearmut, ein Argument gegen die Energiewende, könne ein | |
| „Inklusivkontingent“ helfen, das eine Grundversorgung mit Strom garantiert; | |
| und um den Flächenfraß zu stoppen, solle die Politik für | |
| „Netto-Null-Verbrauch“ sorgen: Wenn irgendwo eine Fläche bebaut wird, müs… | |
| sie anderswo der Natur zurückgegeben werden. Auch die „Pendlerpauschale“ | |
| solle überprüft werden. | |
| Das Gutachten ist kein radikales Öko-Pamphlet, sondern eine vorsichtige | |
| Handlungsanleitung. Weniger Pestizide ja, aber ein gerade debattiertes | |
| Verbot des Gifts Glyphosat wollte der Rat nicht fordern, sondern nur eine | |
| kräftige Einschränkung der Nutzung. Außerdem sollte endlich eine Abgabe auf | |
| Pesitzide erhoben werden und Gebiete am Rand der Äcker sollten giftfrei | |
| bleiben. | |
| ## Nur leise Kritik beim Thema Wildnis | |
| Auch beim Thema Wildnis gibt sich der SRU eher zahm. Obwohl die | |
| Bundesrepublik ihr Ziel verpasst, bis 2020 insgesamt 2 Prozent des Landes | |
| entsprechend auszuweisen, kommt vom Rat nur leise Kritik. Dafür soll die | |
| Regierung Gebiete ausweisen, die mindestens 1.000 Hektar an Wald umfassen, | |
| mindestens 500 Hektar an Flüssen oder Mooren. Bund und Länder sollen auf | |
| ihrem Grund und Boden mit gutem Beispiel vorangehen. | |
| Überhaupt erinnern die Experten die Bundesregierung daran, ihren Job zu | |
| machen – und als Staat aktiver zu sein. „Es ist wichtig, dass der Staat | |
| seine Steuerrolle ausfüllt“, sagte SRU-Mitglied Miranda Schreurs, | |
| Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin. In der Debatte um Migration und | |
| Finanzkrise rutsche das Umweltthema nach hinten, „aber das sind Prozesse | |
| über Jahrzehnte, die kann die Wirtschaft nicht regeln, das muss die Politik | |
| leisten“. | |
| Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sagte bei der Überreichung des | |
| Gutachtens, alle Politikbereiche müssten sich des Umweltthemas mehr | |
| annehmen. SRU-Chef Faulstich hatte da noch im Ohr, was Hendricks’ Vorgänger | |
| Peter Altmaier den Umweltweisen attestiert hatte: Ihr Rat gelte erst einmal | |
| als „Traumtänzerei, aber zehn Jahre später haben wir es dann gemacht“. | |
| 10 May 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/AktuellePressemitt… | |
| [2] http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_Umw… | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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