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# taz.de -- Streit um AKW-Laufzeiten: Umweltrat stört Wahlkampf
> Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung hält 100 Prozent
> erneuerbaren Strom bis 2050 für möglich. Längere AKW-Laufzeiten seien
> weder nötig noch sinnvoll.
Bild: Atomkraft unnötig? Windkraft und andere erneuerbare Energien reichten be…
BERLIN taz | Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat die
Bundesregierung dazu aufgefordert, bei der Energieversorgung auf
erneuerbare Quellen statt auf Atomkraft zu setzen. Eine 100-prozentige
Stromversorgung aus regenerativen Quellen bis zum Jahr 2050 sei möglich. Zu
diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat in einem Gutachten, dessen
vorläufige Fassung am Mittwoch in Berlin präsentiert wurde.
"Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen für den Umbau des
Energiesystems stellen", sagte der Vorsitzende des SRU, Martin Faulstich.
Und was für das zukünftige Energiesystem nötig ist, macht das Gutachten
ganz deutlich: "Weder eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken
noch der Bau neuer Kohlekraftwerke mit Kohlendioxidabscheidung und
-speicherung sind notwendig", heißt es in der Zusammenfassung.
Und weiter: "Ab einem erneuerbaren Anteil von etwa 30 Prozent wird der Bau
neuer konventioneller Kraftwerke, die dann nicht mehr mit einer hohen
Auslastung gefahren werden können, ökonomisch unrentabel." Die
schwarz-gelbe Bundesregierung sieht das anders: Ihr zufolge brauche
Deutschland die Atomkraft als "Brückentechnologie". Derzeit lässt die
Regierung eine Verlängerung der Laufzeiten um 4 bis 28 Jahre prüfen. Im
Herbst will sie ihr Energiekonzept vorlegen.
"Man braucht keine Brücke zu bauen und man braucht auch keine Brücke zu
verlängern", betonte Faulstich. Von einer drohenden Stromlücke könne nicht
die Rede sein. Die Potenziale der erneuerbaren Energien würden im Gegenteil
den Strombedarf um ein Vielfaches übersteigen.
Der Sachverständigenrat stellt in seinem Gutachten drei Szenarien auf. Das
erste ist eine regenerative Vollversorgung Deutschlands ohne
Energie-Importe. Dies sei möglich, aber nicht empfehlenswert. Denn die
Kosten könnten durch einen regionalen Verbund mit Dänemark und Norwegen, so
das zweite Szenario, oder durch einen größeren europäisch-nordafrikanischen
Verbund (Szenario 3) im Vergleich zur nationalen Selbstversorgung erheblich
gesenkt werden. Eine Verbindung skandinavischer Wasserkraft- und
Pumpspeicherpotenziale mit deutschen Erzeugungskapazitäten könne
beispielsweise die Ausgleichmöglichkeiten schaffen, die wegen des
schwankenden Angebots der Erneuerbaren erforderlich seien.
Der Regierung können diese Ergebnisse nur ungelegen kommen. Am Wochenende
wird in Nordrhein-Westfalen eine neue Landesregierung gewählt, die die
Laufzeitverlängerung im Bundesrat stoppen könnte. Während der
Grünen-Energiepolitiker Oliver Krischer die Aussagen der Sachverständigen
als "sachlich höchst fundierte Abfuhr" für Schwarz-Gelb wertete,
kritisierte der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses, Horst
Meierhofer (FDP), den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Er glaube, dass das
Papier als "Wahlkampfhilfe für Nordrhein-Westfalen" dienen soll. Die
Präsentation im Umweltausschuss sei eine "Showveranstaltung" gewesen.
5 May 2010
## AUTOREN
Nadine Michel
## TAGS
Sachverständigenrat
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