# taz.de -- Streit um Atomkraftwerke: Röttgen weiter für längere Laufzeiten | |
> Der Sachverständigenrat kritisiert den Regierungsplan. Und laut einer | |
> Emnid-Umfrage ist eine Mehrheit der Bundesbürger für den schnellen | |
> Atom-Ausstieg. | |
Bild: Umweltminister Röttgen (CDU) lässt sich nicht beeindrucken. | |
BERLIN apn/afp/taz | Ungeachtet der wiederaufgeflammten Proteste hält die | |
Bundesregierung an längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke fest. Dies | |
bekräftigte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Stern. | |
Auf eine Jahreszahl legte sich der Minister nicht fest. Atomkraft sei eine | |
"Brücke in eine neue Zeit"; diese werde "vielleicht etwas länger als | |
bislang geplant, aber sicher immer schmaler". Zugleich wandte sich Röttgen | |
aber auch gegen Rufe aus seiner eigenen Partei nach einer möglichst langen | |
Laufzeit. "Tatsächlich gibt es Stimmen, die fordern, Kernenergie möglichst | |
lange zu nutzen", sagte er. "Ich frage anders: Wann brauchen wir sie nicht | |
mehr?" | |
Bis zum Oktober, wenn die Regierung ihr Energiekonzept vorlegen will, werde | |
durchgerechnet, welche volkswirtschaftlichen Effekte es bei einer | |
Laufzeitverlängerung von 0, 4, 12, 20 und 28 Jahren gebe. Die Grünen hatten | |
kürzlich berechnet, dass die Laufzeitverlängerung real deutlich länger | |
ausfallen könnte - statt 28 etwa 46 Jahre. Grund sei, dass die Berechnungen | |
von voller Leistung der AKWs ausgehen, die jedoch in Zukunft nicht mehr | |
erreicht werde (taz berichtete). | |
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hält Laufzeitverlängerungen der | |
deutschen Atomkraftwerke für überflüssig. Wie die Zeit am Mittwoch vorab | |
berichtete, wird das von der Bundesregierung berufene Professorengremium in | |
der kommenden Woche eine Expertise vorlegen, aus der hervorgeht, dass die | |
Stromversorgung vollständig mit erneuerbaren Energien sichergestellt werden | |
kann. Das Modell sei ein Gegenentwurf zu dem Vorhaben der Bundesregierung, | |
den AKWs längere Laufzeiten zu genehmigen, heißt es. | |
Nach Auffassung des Umweltrates mangelt es nicht an Technologien zur | |
Nutzung regenerativer Stromquellen. Als zentraler Engpass könne sich | |
allerdings der Ausbau des Stromnetzes erweisen. Der 1971 gegründete | |
Sachverständigenrat für Umweltfragen berät die Bundesregierung bei | |
umweltpolitischen Themen. | |
Auch die Mehrheit der Deutschen will, dass die Atomkraftwerke im Land | |
schnellstmöglich vorm Netz genommen werden. In einer am Mittwoch | |
veröffentlichten repräsentativen Emnid-Umfrage, die vom Zentralverband | |
Sanitär Heizung Klima in Auftrag gegeben worden war, sprachen sich mit 63 | |
Prozent fast zwei Drittel der Befragten für einen schnellstmöglichen | |
Ausstieg aus der Atomenergie aus. Zugleich habe eine Mehrheit die | |
Weiterentwicklung und Erforschung erneuerbarer Energien gefordert. | |
29 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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