# taz.de -- Kommentar Union und die Kernkraft: Kostspielige Atomlobby | |
> Die Atomskepsis hat auch das bürgerliche Milieu erfasst. Vor allem für | |
> die Union steigt damit der politische Preis, den sie für die Erfüllung | |
> der Wünsche der Atomwirtschaft bezahlen muss. | |
Bisher haben Union und FDP ignorieren können, dass eine breite Mehrheit der | |
Deutschen die längere Nutzung der Atomkraft strikt ablehnt. Schließlich | |
sind sie im September trotz ihres Pro-Atom-Kurses mit deutlicher Mehrheit | |
gewählt worden. Mit den jüngsten Protesten ändert sich das. | |
Denn am Samstag sind nicht nur mehr Menschen gegen Atomkraft auf die Straße | |
gegangen als jemals zuvor. Es zeigt sich zudem immer deutlicher, dass der | |
Protest tatsächlich breitere Milieus erreicht - auch solche, in denen nicht | |
automatisch Rot oder Grün gewählt wird. Je konkreter die Atompläne von | |
Union und FDP werden, desto mehr wird sich dies verstärken. Und die Medien, | |
das zeigt sich schon jetzt, geben der Bewegung und ihren Argumenten viel | |
Raum. | |
Vor dem Hintergrund, dass die Unterstützung für Schwarz-Gelb ohnehin | |
abnimmt, kann die Atomfrage darum, anders als noch im September, künftig | |
tatsächlich wahlentscheidend werden. Vor allem für die Union steigt damit | |
der politische Preis, den sie für die versprochene Erfüllung der Wünsche | |
der Atomwirtschaft bezahlen muss. | |
Gleichzeitig ist für die AKW-Betreiber der Wert einer von Union und FDP | |
bewilligten Laufzeitverlängerung mit den neuen Massenprotesten deutlich | |
gesunken. Denn SPD, Grüne und Linke haben sich auf den Demonstrationen so | |
klar und eindeutig zum Atomausstieg bekannt, dass sie kaum dahinter | |
zurückfallen können, wenn sie - in welcher Koalition auch immer - an einer | |
Regierung beteiligt sind. Die Konzerne können darum nicht darauf vertrauen, | |
dass die schwarz-gelben Entscheidungen Bestand haben werden. Unter diesen | |
Bedingungen sind die auch von Union und FDP als Bedingung für eine | |
Laufzeitverlängerung geforderten Sicherheitsauflagen aber kaum rentabel. | |
Und auch für andere Investitionsentscheidungen ist eine dauerhafte | |
Unsicherheit über die künftige Struktur der Energieversorgung sehr störend. | |
Wenn Angela Merkel ihre Entscheidungen tatsächlich stets vom Ende her | |
plant, müsste ihr also bald auffallen, dass ihre Partei mit dem | |
Pro-Atom-Kurs nicht viel gewinnen kann. Die nach der NRW-Wahl vermutlich | |
geänderten Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat geben ihr die Möglichkeit, zu | |
verkünden, dass die Befriedigung der Atomlobby derzeit nicht möglich ist. | |
Und auch die Atom-Hardliner werden sich ihrem Pragmatismus beugen müssen. | |
26 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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