# taz.de -- Einschätzung zu Schwarz-Gelb in NRW: "Starr auf Atomkurs" | |
> An Rhein und Ruhr läuft kein AKW mehr. Auf die Unterstützung von CDU und | |
> FDP kann sich die Atomindustrie trotzdem verlassen, sagt die | |
> Umweltaktivistin Heffa Schücking von urgewald. | |
Bild: Akw Biblis (Hessen), betrieben vom in NRW ansässigen Atomkonzern RWE. | |
taz: Frau Schücking, was war gut an fünf Jahren Schwarz-Gelb in NRW? | |
Heffa Schücking: Die Freude auf einen Regierungswechsel. CDU und FDP stehen | |
in NRW wie im Bund für einen starren Atomkurs. | |
In NRW läuft kein einziges Atomkraftwerk mehr. Sind die Proteste der | |
Anti-Atom-Bewegung nicht überflüssig? | |
In NRW steht Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage, das | |
Atommülllager Ahaus, die sogenannte Konditionierungsanlage zur | |
Atommüllverpackung in Duisburg, Atommülltransporte drohen ständig. Außerdem | |
haben Atomkonzerne wie die Stromerzeuger RWE und Eon ihren Sitz in Essen | |
und Düsseldorf. Allein RWE plant sechs neue Atomkraftwerke im Ausland - und | |
wird dabei von der Landesregierung unterstützt. | |
Die Landesregierung unterstützt auch die Verschiebung des Reaktors im | |
Forschungszentrum Jülich, um so an den verstrahlten Boden darunter zu | |
gelangen. Was halten Sie davon? | |
Ich bin fast sprachlos vor Entsetzen. Ein 30 Meter hoher Reaktor, der | |
vollständig im Besitz von Bund und Land ist, soll auf einem Luftkissen | |
verschoben werden. Das Verfahren ist nie zuvor erprobt worden und das | |
Gefährdungspotenzial ist immens. | |
Die Brennstäbe des Jülicher Reaktors sollen zuvor nach Ahaus gebracht | |
werden. Warum lehnt die Anti-Atom-Bewegung auch das ab? | |
Weil die Atommülltransporte überflüssig und gefährlich sind! Die | |
Leichtbauhalle in Ahaus ist älter als das vorhandene Zwischenlager in | |
Jülich. Die drohenden Castor-Transporte haben nur einen Zweck: Sie sollen | |
die Illusion erzeugen, es gebe eine Lösung für das Atommüllproblem. Es gibt | |
aber kein sicheres Endlager. Das dürfte übrigens auch der ehemalige | |
Bundesforschungsminister Rüttgers wissen - schließlich hat er | |
Castor-Transporte nach Ahaus vor seinem Regierungsantritt in NRW noch als | |
unzumutbar bezeichnet. | |
Die Anti-AKW-Bewegung fordert die Zerschlagung von RWE und Eon. Warum? | |
Weil die Konzerne zu groß, zu mächtig und zu arrogant sind. Die Atompolitik | |
von RWE und Eon verstößt sowohl gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung | |
als auch gegen den gesunden Menschenverstand. So will RWE das rumänische | |
AKW Cernavoda ausbauen, obwohl das mitten in einem Erdbebengebiet liegt - | |
dabei musste der Konzern auf bulgarischer Seite das vergleichbare Projekt | |
Belene bereits begraben. | |
Sie unterstützen die Linkspartei, die in NRW von der Verstaatlichung der | |
Konzerne träumt? | |
Nein. Dort wo die Energiekonzerne verstaatlicht sind, werden auch die | |
meisten Atomkraftwerke gebaut - siehe Russland, China oder auch Frankreich. | |
Wir fordern eine Aufteilung der Konzerne in kleinere, demokratisch | |
kontrollierbare Einheiten. Bei der noch immer marktbeherrschenden Stellung | |
von RWE und Eon wäre das über das Kartellrecht problemlos möglich. | |
Frau Schücking, was wäre Ihre persönliche Horror-Koalition? | |
Die jetzige. CDU und FDP fordern nicht nur Laufzeitverlängerungen für | |
deutsche AKW, sondern sichern die Auslandsexpansion der Atomindustrie auch | |
noch mit Hermesbürgschaften ab. | |
28 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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