Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Radioaktivität freigesetzt: Störfall wird zum Normalfall
> Während die Regierung mit der Industrie über die Verlängerung der
> Akw-Laufzeiten verhandelt, häufen sich die Probleme in
> nordrhein-westfälischen Atomanlagen.
Bild: Die 152 Castor-Behälter mit Müll aus dem stillgelegten Atomversuchsreak…
BOCHUM taz | Die schwarz-gelbe Bundesregierung diskutiert mit der
Atomindustrie über Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke.
Derweil sorgen in Nordrhein-Westfalen Atom-Störfälle für Aufregung. Wie
Freitag bekannt wurde, ist in Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage
(UAA) im münsterländischen Gronau am Tag zuvor Radioaktivität freigesetzt
worden. Dabei wurde ein Mitarbeiter verstrahlt. Er wurde "zur Beobachtung
in die Universitätsklinik Münster" gebracht, so eine Sprecherin des
UAA-Betreibers Urenco. Sonst sei niemand gefährdet.
Die Gronauer Anlage versorgt die Atomindustrie mit hochangereichertem Uran,
das zu Brennstäben weiterverarbeitet wird. Betreiber Urenco ist ein
deutsch-britisch-niederländisches Joint Venturean, an dem die Konzerne RWE
und Eon jeweils 16,6 Prozent der Anteile halten. Er bedient nach eigenen
Angaben rund 25 Prozent des weltweiten Brennstoffmarktes.
Atomkraftgegner forderten nach dem Störfall vom Donnerstag die sofortige
Stilllegung der UAA. "Nötig ist eine unabhängige Untersuchung, die nicht
vom CDU-geführten, atomfreundlichen CDU-Landeswirtschaftsministerium
geleitet werden darf", so Matthias Eickhoff vom [1][Aktionsbündnis
Münsterland gegen Atomanlagen] zur taz. Der Generalsekretär der
nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, forderte: "Am Atomausstieg
darf nicht gerüttelt werden."
Zumal: Mit dem 1988 stillgelegten Atomversuchsreaktor des
Forschungszentrums Jülich bedroht im bevölkerungsreichsten Bundesland eine
weitere Altanlage Bevölkerung und Umwelt. Durch einen Störfall, der sich
schon 1978 ereignete, aber zwanzig Jahre verschwiegen wurde, ist der
Untergrund unter dem Reaktor radioaktiv verseucht. Dessen Betreiber, die
Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR), will den 2.100 Tonnen schweren
Kern darum nun in einer weltweit einmaligen Aktion um 200 Meter auf einem
Luftkissenschlitten versetzen lassen. Dann soll der Boden dekontaminiert
werden. Der Rückbau der stillgelegten Anlage ist schwierig.
Offenbar plant die AVR, hinter der als einziger Gesellschafter das
Bundesfinanzministerium steht, darum auch ein oberirdisches Endlager: Schon
heute rechnen die Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich mit einer
"Abklingzeit von mehr als 60 Jahren" für den Reaktorkern. So steht es auf
der eigenen Homepage. Weiter heißt es, dass "die Einlagerung in das
Endlager Konrad (sofern zu diesem Zeitpunkt noch in Betrieb), ebenfalls
nicht in überschaubarer Zeit in Frage" komme. Der Reaktorkern ist mit
radioaktiven Isotopen wie Cäsium 137 und Strontium-90 verstrahlt. "Für den
Reaktorkern gibt es derzeit keine Zerkleinerungstechnik", soder Sprecher
des Forschungszentrums, Peter Schäfer, gegenüber der taz.
Die Brennelemente aus Jülich sollen noch in diesem Jahr ins Zwischenlager
Ahaus gebracht werden. Das sorgt für Proteste. "Rein politisch motiviert"
seien diese Transporte, sagt Felix Ruwe von der [2][Bürgerinitiative Kein
Atommüll in Ahaus]. Die Verlagerung des Atommülls gefährde die Menschen
entlang der Transportstrecke quer durch Rheinland, Ruhrgebiet und
Münsterland. Am heutigen Samstag protestieren Atomkraftgegner, Grüne und
Linke mit einem "Autobahnaktionstag" gegen die Castor-Transporte.
22 Jan 2010
## LINKS
[1] http://www.kein-castor-nach-ahaus.de/
[2] http://www.bi-ahaus.de/
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Einschätzung zu Schwarz-Gelb in NRW: "Starr auf Atomkurs"
An Rhein und Ruhr läuft kein AKW mehr. Auf die Unterstützung von CDU und
FDP kann sich die Atomindustrie trotzdem verlassen, sagt die
Umweltaktivistin Heffa Schücking von urgewald.
Unfall in Atomfabrik Gronau: Urenco offenbar mitschuldig
Dokumente aus Schweden kritisieren mangelnde Sorgfalt in deutscher
Uranfabrik. Der deutsche Betreiber Urenco trägt auch einen Teil der Schuld
an dem Uranunfall.
Störfall in Gronau: Sauberes Fass mit etwas Uran
Neun Tage nach dem Störfall in Gronau kann der betroffene Arbeiter das
Krankenhaus verlassen. Das Verfahren wird nicht zu einem Urteil gebracht:
Umweltschützer rufen zur Demo auf.
Laufzeitverlängerung für AKWs: Regierung nett zur Atomindustrie
Der Eon-Konzern bewertet das Gespräch im Kanzleramt zur Zukunft der
Atomkraft positiv. Der Regierungssprecher spielt die Bedeutung des Treffens
indes herunter. Um brisante Fragen ging es allemal.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.