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# taz.de -- ANTI-ATOM-BEWEGUNG: Neue Allianz für Atomausstieg
> Erstmals organisieren Umweltorganisationen und Gewerkschaften gemeinsam
> eine Menschenkette für den Atomausstieg.
Bild: Ist nach diversen Pannen derzeit abgeschaltet: das AKW Krümmel.
Es könnte ein gigantisches Spektakel mit mehr als 30.000 TeilnehmerInnen
werden: Umweltverbände, Anti-Atom-Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und
kirchliche Organisationen aus dem gesamten Norden mobilisieren erstmals
gemeinsam zu einem Aktionstag für den Ausstieg aus der Atomtechnologie.
Unter dem Motto "Kettenreaktion" wollen sie am 24. April auf 120 Kilometern
zwischen den Schrottreaktoren Brunsbüttel und Krümmel in Geestacht eine
Aktions- und Menschenkette bilden.
"Zu Anfang sagte man uns, ihr seid verrückt", sagt der Chef der IG Metall
Unterelbe, Uwe Zabel, der die Aktion als gewerkschaftlicher Part angemeldet
hat - zusammen mit Peter Dickel von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad.
"Inzwischen sind wir der Meinung, es kann klappen." Nach zahlreichen
Streckenkonferenzen sei der Mobilisierungsgrad hoch, die Zahl der
Unterstützer wächst täglich.
Neben diversen Umweltorganisationen mischen erstmals Gewerkschaften aktiv
mit. So unterstützen neben der IG Metall Küste und der IG Metall
Niedersachsen auch die Gewerkschaft Ver.di im Norden und der DGB-Nord die
Demonstration. Auch die Landesverbände der Sozialdemokraten im Norden haben
ebenso wie die der Grünen und der Linken ihre Teilnahme zugesagt.
Unterstützung gibt es auch aus Süddeutschland: Schon jetzt seien im Süden
70 Busse und drei Sonderzüge gechartert worden.
Anlass der Aktion ist der 24. Jahrestag des Super-GAUs im ukrainischen
Atomkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986. Die Reaktorkatastrophe
bestimmte damals auch hierzulande das Leben: Es wurde noch Tage später
gewarnt, nicht bei Regen auf die Straße zu gehen. Kinder durften nicht auf
Spielplätze. Vor dem Verzehr von Gemüse im Freiland-Anbau, Milch und vor
allem Pilzen wurde gewarnt. Monatelang bestimmten die Becquerel-Meldungen
über radioaktive Stoffe in Nahrungsmitteln, was zum Essen auf den Tisch
gelangte.
Ein weiterer Anlass für die Demonstration sind die Landtagswahlen in
Nordrhein-Westfalen am 9. Mai 2010, wo ein schwarz-gelbes Bündnis antritt,
das den Atom-Konsens von 2001 aufkündigen und den Atomkraftwerken eine
weitere Laufzeit von bis zu 60 Jahren einräumen möchte. Da eine
Verlängerung der Laufzeiten nur über den Bundesrat entschieden werden kann,
ist der Ausgang der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen entscheidend.
Nach dem Atom-Konsens von 2001 müssten die Reaktoren in Brunsbüttel und
Krümmel stillgelegt werden.
Die IG Metall Küste nimmt wegen ihres Engagements in der Anti-Atom-Bewegung
durchaus eine interne Zerreißprobe in Kauf. So protestierten die
MitarbeiterInnen des Vattenfallkonzerns gegen den Kurs ihrer Gewerkschaft.
Die Chefin der IG Metall Küste, Jutta Blankau, verteidigt jedoch den
Anti-Atom-Kurs in einem Brief an die 3.000 Vattenfall-Mitglieder und bietet
zugleich Hilfe an. "Uns ist es bewusst, dass der breite
gesellschaftspolitische Konsens zum Ausstieg aus der Atomenergie nicht dazu
führen darf, dass eure Arbeitsplätze bei Vattenfall gefährdet werden", so
Blankau. "Es geht uns vor allen Dingen auch um eure Existenzsicherung, um
eure berufliche Perspektive", sagt Blankau. "Ihr seid hochqualifizierte
Arbeitnehmer, deren Wissen gerade auch für den Rückbau der Kernkraftwerke
und die Entsorgung des nuklearen Abfalls gebraucht wird."
Angemeldet ist die Menschenkette beim Landrat in Pinneberg, der die
Federführung hat. Ärger deutete sich jedoch bei Kooperationsgesprächen in
Hamburg an. Dort drohte die Polizei die Menschenkette - anders als Tags
darauf den "Möbel Kraft Marathon" - wegen Verkehrsproblemen auf die Fußwege
zu verbannen. IG Metall-Anwalt Carsten Gericke: "Wir warten erstmal ab,
sind aber sehr zuversichtlich."
29 Mar 2010
## AUTOREN
Kai von Appen
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