# taz.de -- Expertengremium auf Koalitionskurs: FDP will Umweltrat kontrollieren | |
> Realpolitik Marke FDP: In einem internen Papier beschreiben die | |
> Liberalen, wie sie den Sachverständigenrat für Umweltfragen unter | |
> Regierungskontrolle bringen wollen. | |
Bild: Martin Faulstich: Vorsitzender des Sachverständigenrats für Umweltfrage… | |
BERLIN taz | Die Regierungskoalition will den Sachverständigenrat für | |
Umweltfragen (SRU) unter ihre Kontrolle bringen, indem sie dem Gremium | |
einen ihnen politisch nahestehenden Direktor vorsetzt. Das geht aus einem | |
internen Schreiben der FDP-Fraktion hervor, das jetzt öffentlich wurde. | |
"Hierdurch soll der SRU auch in seiner Außendarstellung dem unmittelbaren | |
politischen Einfluss von Rot-Grün entwunden und dauerhaft in den | |
(personal-)politischen Einfluss- und Steuerungsbereich der | |
Koalitionsfraktionen gebracht werden", heißt es in dem Schreiben. | |
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Michael Kauch, Vorsitzender | |
des Umweltarbeitskreises der FDP-Bundestagsfraktion, seien eingeweiht. | |
Wie man den Posten für eigene Leute interessant macht, wissen die Autoren | |
auch: "Eigene Amtsbezeichnung ist erforderlich und Ansiedlung bei B7 | |
hilfreich, um die 'Farbechtheit' der Stelle zu gewährleisten." Die | |
Besoldungsstufe B7 entspricht einem Grundgehalt von rund 7.900 Euro im | |
Monat. | |
Die Mitglieder des SRU, sieben Universitätsprofessoren, beraten die | |
Bundesregierung, indem sie Umweltsituation und Umweltpolitik begutachten. | |
Dass der SRU nun einen Direktor bekommen soll, entschied der Bundestag | |
bereits mit dem Haushalt 2012 im November. | |
In einem Brief an die Umwelt- und Haushaltspolitiker des Bundestages | |
wunderte sich Martin Faulstich, Vorsitzender des SRU, über den neuen | |
Posten. "Der SRU hat zu keiner Zeit eine solche Stelle beantragt oder für | |
seine Arbeit als erforderlich betrachtet." Eine Kontaktaufnahme mit dem SRU | |
habe es nicht gegeben, das Motiv sei unklar. | |
## Innen- und Außendarstellung unterscheiden sich deutlich | |
Dass sich die politische Kontrolle des Umweltrats schlecht verkaufen lässt, | |
ist offenbar auch der Koalition bewusst. Das Papier gibt darum auch eine | |
"Begründung nach außen" für die Entscheidung vor: "Der SRU soll in seiner | |
Bedeutung aufgewertet werden" und benötige eine "breitere Aufstellung", | |
heißt es. | |
Im Schreiben wird auch erläutert, wie man den Posten möglichst unbemerkt | |
schaffen wolle. Hierfür muss die neue Stelle nämlich in das | |
Bundesbesoldungsgesetz aufgenommen werden. "Technisch wird im | |
Innenausschuss eine der Formulierungshilfe entsprechende Änderung im | |
Bundesbesoldungsgesetz an eine andere Beschlussempfehlung angehängt und | |
dann im Plenum durchgewunken", heißt es in dem Schreiben. | |
Das soll diese Woche geschehen: Versteckt in einem Änderungsantrag zum | |
"Gesetz zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung" wird die neue | |
SRU-Direktorenstelle ins Gesetz aufgenommen - allerdings nur mit einem | |
Gehalt von 6.700 Euro. | |
Michael Kauch sagte auf taz-Nachfrage, das Papier sei nicht an ihn gegangen | |
und die Formulierungen nicht von ihm autorisiert worden, weshalb er nicht | |
sagen könne, woher es stamme. Das Bundesumweltministerium teilte mit: "Es | |
hat keinerlei Absprache oder Zustimmung des Ministers zu einer politischen | |
Einflussnahme auf die Zusammensetzung des SRU gegeben." | |
Die Bundestagsabgeordnete der Grünen Bärbel Höhn, der das Papier Anfang | |
Dezember anonym zugespielt wurde, sagte der taz: "Der Vorgang ist in jeder | |
Hinsicht skandalös." Wer auch immer das Dokument an Höhn geschickt hat, | |
schrieb auf das Deckblatt: "Wetten, dass der neue Direktor Dr. Siegfried | |
Gelbhaar, Referent für Umweltpolitik im Arbeitskreis V (Infrastruktur und | |
Umwelt) der FDP, heißt? | |
12 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Fischer | |
## TAGS | |
Sachverständigenrat | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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