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# taz.de -- Umweltrat soll Direktor bekommen: Unabhängigkeit war gestern
> Die schwarz-gelbe Regierung drückt dem Umweltrat einen Direktor auf.
> Dabei ist klar, dass sie die Wissenschaftler mit dem Posten kontrollieren
> will.
Bild: Hielt der Umweltrat nicht für notwendig genug: AKW in Schwarz und Gelb
BERLIN taz Trotz Protest von Naturschützern setzt die schwarz-gelbe
Koalition dem bislang kritischen Sachverständigenrat für Umweltfragen einen
Direktor vor die Nase.
Gegen die Stimmen der Opposition drückte die Regierung am Mittwoch im
Innenausschuss des Bundestags einen Antrag durch, mit dem die umstrittene
Stelle in das Besoldungsgesetz aufgenommen werden soll. Die Zustimmung des
Plenums am Donnerstag gilt als sicher.
Nicht zuletzt als Schwarz-Gelb 2010 die Laufzeitverlängerung für
Atomkraftwerke beschloss, war den Parteien das unabhängige Gremium ein Dorn
im Auge. Damals erklärten die Wissenschaftler des einflussreichen
Sachverständigenrats, eine sichere Energieversorgung sei auch ohne
Atomstrom möglich. Mit dem neuen Direktorenposten soll er einem internen
Papier der FDP zufolge nun auf Linie gebracht werden.
## Ratsvorsitzender wundert sich
Als beschlossen wurde, dass dem Gremium künftig ein Direktor vorstehen
soll, wunderte sich der Ratsvorsitzende Martin Faulstich über das Vorhaben.
Die Stelle sei weder mit dem Rat abgeklärt noch bestehe Bedarf.
In dem internen FDP-Papier, das vergangene Woche öffentlich wurde, heißt
es, die neue Stelle diene dazu, das Gremium "dauerhaft in den
(personal-)politischen Einfluss- und Steuerungsbereich der
Koalitionsfraktionen" zu bringen.
Um den Posten einzurichten, muss er nur noch in das Besoldungsgesetz
aufgenommen werden. Dafür beschloss der Innenausschuss am Mittwoch einen
Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Gesetz zur
"Fachkräftegewinnung im Bund". Jetzt versteckt sich dort auch der neue
Posten für den Ratsdirektor.
Die Oppositionsparteien stimmten geschlossen gegen den Antrag. Der
Abgeordnete Konstantin von Notz, der für die Grünen im Ausschuss sitzt,
sagte der taz: "Das Gesetz für die Fachkräftegewinnung nutzt die Koalition
hier als trojanisches Pferd für die Versorgung der eigenen Leute mit
Pöstchen."
## Umweltverbände kritisieren die Entscheidung
Auch große Umweltverbände stellen sich gegen die Entscheidung. Greenpeace
teilte der taz mit: "Wir fordern, dass diese Stelle vorerst nicht
geschaffen wird." Zudem fordere Greenpeace von Bundesumweltminister Norbert
Röttgen (CDU), dem umweltpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion Michael
Kauch sowie von den FDP-Haushältern klare Stellungnahmen. Im internen
FDP-Papier heißt es, das Vorhaben sei mit ihnen "besprochen und
konsentiert."
Ein Sprecher des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) sagte der taz,
eine parteipolitische Gängelung des Sachverständigenrats für Umweltfragen
könne nur als Skandal bewertet werden. "Es wäre ein makabrer Treppenwitz
der schwarz-gelben Koalitionsgeschichte, wenn ausgerechnet ein FDP-Mann an
die Spitze des Sachverständigenrats gesetzt würde - der Partei, die
konsequent jeden Rat zum Schutz der Umwelt zugunsten ihrer Klientelpolitik
in den Wind schlägt."
Olaf Christen, Präsident beim Dachverband Agrarforschung, sagte der taz:
"Ob direkt oder indirekt, politischer Einfluss auf wissenschaftliche
Beiräte ist immer abzulehnen. Der Wert solcher Gremien liegt ja gerade in
der unabhängigen Sicht und sollte daher nicht parteipolitischen
Zwängenuntergeordnet werden".
14 Dec 2011
## AUTOREN
Sebastian Fischer
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