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# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Blau-gelbe Bad-Taste-Party
> FDP-Hipster kann es nicht geben. Es sei denn, man kritzelt sich den
> Rösler schön. Mit Edding. Viel Edding.
Kürzlich war ich auf einer Party mit dem paradoxen Motto "FDP-Hipsters".
Der Anlass: ein Geburtstag, die Schuldenkrise und dass der Iran für den
Atomkrieg rüstet. Außerdem ist Minderheiten-Bashing ein äußerst dankbares
Thema. Immer schön drauf auf die Kleinen und Schwachen, auf die, die
sowieso schon ganz unten sind. Bei 1,8 Prozent. Die FDP ist die neue
Bad-Taste-Party.
Da man bei Mottopartys vorher nie weiß, wie ernst das mit dem Verkleiden
gemeint ist, und man ja nicht der Volltrottel sein will, der als Einziger
im Hasenkostüm dasteht, empfiehlt es sich, etwas relativ Unspektakuläres zu
tragen, das man aber total gut erklären kann und das dann dadurch richtig
viel hermacht. Politikstudenten sind dabei klar im Vorteil.
Um dem Motto gerecht zu werden, ging Emil als große Koalition (rotes Hemd
und schwarze Lederhose), Martha sah aus wie immer, irgendwie schick (FDP)
und ich trug eine Jutetasche (hip).
Die Wohnung des Gastgebers war dermaßen blau-gelb, dass dringend etwas zu
trinken hermusste. Leider war auch der Wodka so lauwarm wie die Sprüche auf
den Postkarten in der Küche ("Warum teilt die FDP nicht den Traum von einer
autofreien Stadt? Weil keine Frau der Welt mit dem Fahrrad zum Kreißsaal
möchte."). Martha nölte rum, sie sei zu alt für eine Party, auf der es
keine Eiswürfel gibt. Rauchen dürfe man auch nur auf dem Balkon. Und ob ich
das Essen gesehen hätte? Vollkornnudelsalat, Vollkornschnittchen,
Vollkornkuchen. "Sind wir hier auf ner Grünen-Party oder was?", zischte
sie. "Ich will Chips. Sofort!"
Als sich uns ein Typ, der aussah wie Berlusconi, als "Frau Genscher"
vorstellte, wurde die Stimmung besser. Er trug ein senfgelbes Jäckchen und
erzählte, dass er nachher noch auf eine Bunga-Bunga-Party gehen wolle. Da
würde er dann einfach alles wieder ausziehen.
Bei den anderen Gästen waren wir uns nicht so sicher, ob sie überhaupt
kostümiert waren. Und nichts ist demütigender als eine halbherzige
Verkleidung. Eine verrückte Brille zum Beispiel, die jederzeit abgenommen
werden kann. Oder, noch schlimmer, eine randlose, so wie die von Philipp
Rösler.
Der Wirtschaftsminister, der seinen Doktortitel noch besitzt, hing in Form
eines Wahlplakates an der Wand. Ich erzählte von einem Interview mit einer
Brillenexpertin, das ich am Morgen gelesen hatte. "Randlose Brillen sind
angeblich typisch für Menschen, die sich nicht trauen, ein Statement zu
setzen." Martha stieß mir ihren Ellbogen in die Rippen und zeigte auf das
Mädchen hinter uns. Es trug randlos und sah nicht so aus, als meinte es das
ironisch. Zum Glück ging gerade der Contest los, bei dem man mit einem
schwarzen Edding in Doktor Röslers Gesicht herumkritzeln und versuchen
durfte, ihn in einen Hipster zu verwandeln.
Auf dem Heimweg in der U-Bahn lästerten wir über die Gäste. "Die Frauen
hatten alle dicke Ärsche und die Männer haben nur über ihren Job geredet",
sagte Martha. "Eben genauso spießig wie die FDP", meinte Emil und blätterte
im Wahlprogramm. Ich fand ja, dass Rösler mit Koteletten und Nerd-Brille
eigentlich ganz schick aussah. Fast sexy. Davon könnte auch Karl-Theodor
noch was lernen.
9 Dec 2011
## AUTOREN
Franziska Seyboldt
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