# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Bikinifigur? So was von 2010! | |
> Plötzlich kommt der verdammte Sommer zurück. Dabei hatte ich gerade | |
> angefangen, den Regen zu mögen. | |
Na, liegen Sie gerade bräsig in der Sonne? Die hat zumindest die | |
Wettervorhersage prognostiziert. Der Sommer ist also wieder da, und das | |
finden Sie wahrscheinlich ganz toll. Dürfen Sie. Trotzdem oder gerade | |
deshalb ist es Zeit für einen Nachruf. Das schlechte Wetter ist tot. Es | |
lebe das schlechte Wetter. | |
Erinnern Sie sich doch bitte mal kurz an die letzten Wochen. An die | |
Gespräche, die Sie geführt haben. Mindesttemperaturen, Niederschlagsmengen, | |
Witterung, Luftfeuchtigkeit - jeder war plötzlich Experte auf dem Gebiet | |
der Küchenmeteorologie. Das Wetter hatte einen Karrieresprung gemacht: weg | |
von der Smalltalk-, hin zur Schmuddelecke. Aber da ist es mit Charlotte | |
Roche ja in guter Gesellschaft. Und wird endlich mal ernst genommen. | |
Das kann man dem Wetter ruhig gönnen, finde ich. Regen hat ja auch | |
Vorteile. Am Wochenende kann man zum Beispiel bis Nachmittags schlafen - | |
bei blauem Himmel undenkbar, denn der ständige Begleiter von gutem Wetter | |
ist bekanntlich das schlechte Gewissen. Die ganze Welt aalt sich in der | |
Sonne? Hopp, hopp, schnell raus ins Grüne! Den Text kann man doch auch im | |
Freien schreiben, das Buch auf der Wiese lesen, die Hausarbeit im | |
Schwimmbad schreiben. Kann man nicht. | |
Mistwetter hingegen ist produktiv. Nie zuvor war meine Wohnung so | |
aufgeräumt. Während draußen der Regen prasselte, habe ich mein Bücherregal | |
neu sortiert. Oder ferngesehen. Ich habe wertvolle Lebenszeit gespart, weil | |
ich meine Beine nicht mehr rasieren musste. Fiel ja nicht auf unter der | |
Strumpfhose. Außerdem konnte ich endlich mal rechtzeitig damit anfangen, | |
mir Winterspeck anzufuttern. Bikinifigur? So was von 2010! | |
Genau wie ich rostete auch mein Fahrrad wochenlang gemütlich im Hof vor | |
sich hin. Ich fuhr mit den Öffentlichen und brauchte nicht mal eine | |
Ausrede. Faul? Ich doch nicht. Aber bei dem Regen? Ach. In der U-Bahn | |
steckte ich meine Nase nicht unfreiwillig in fremden Achselhöhlen. Nein, | |
die Stadt roch gut. Nach Sommerregen und nassem Gras. | |
Und nun kommt das gute Wetter zurück. Einfach so, ohne Vorwarnung. | |
Natürlich habe ich nichts anzuziehen, abgesehen von den Kleidern vom | |
letzten Jahr. Also war ich noch mal schnell shoppen, um die verschmähten | |
Reste des Sommerschlussverkaufs abzugrasen. Am Ende kaufte ich eine | |
Strickjacke. Denn der Herbst, er wird kommen. Und das ist auch gut so. | |
19 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Franziska Seyboldt | |
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